Indoor-Spielplatz

Flüchtlinge ziehen in die Känguru-Insel

Bis zu 300 Geflüchtete haben dort insgesamt Platz, die Unterkunft soll sich allerdings erst so nach und nach füllen.

Von 
Sandra Bollmann
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Die frühere Groß-Rohrheimer Känguru-Insel dient dem Kreis Bergstraße als neue Flüchtlingsunterkunft. Ab 23. Januar soll der Betrieb aufgenommen werden. © Berno Nix

Groß-Rohrheim. In der Groß-Rohrheimer Känguru-Insel erinnert kaum noch etwas daran, dass hier vor einigen Jahren noch Kinderscharen durch die Halle getobt sind: Inzwischen teilen nüchterne Trennwände einzelne Bereiche ab, in denen Stockbetten aus Metall stehen. Hier sollen ab Ende Januar Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine einziehen. Das bestätigte Kreisbeigeordneter Matthias Schimpf im Gespräch mit unserer Redaktion.

Die ersten 140 Personen kommen voraussichtlich am 23. Januar an, so Schimpf. Bis zu 300 Leute haben insgesamt Platz, die Unterkunft soll sich allerdings erst so nach und nach füllen. Bezugsfertig sei die Halle, erklärt der Grünen-Politiker. Allerdings sei noch nicht entschieden, wer die Leitung der Unterkunft übernimmt. Und auch die Aufträge für Security und Catering müssten noch vergeben werden.

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Dennoch sollen in wenigen Tagen die ersten Bewohner – zum großen Teil Familien mit Kindern – in Groß-Rohrheim ankommen. Dabei handelt es sich laut Schimpf ausschließlich um Ukrainerinnen und Ukrainer, die zuvor in der Zeltstadt des Kreises in Bensheim untergebracht waren. Hier wird jetzt wieder Platz gebraucht, weil zahlreiche Neuankömmlinge erwartet werden.

Für den Kreisbeigeordneten stellt die Aussicht auf ein festes Dach über dem Kopf eine deutliche Verbesserung dar. „Die Zelte waren zwar auf etwa 20 Grad beheizt. Aber feste Wände sind doch etwas anderes“, meint Schimpf. So richtig komfortabel ist aber auch die Känguru-Insel nicht: Die Bewohner leben dicht an dicht. Die „Parzellen“, wie die einzelnen Bereiche genannt werden, sind durch Metallzäune mit Sichtschutz abgetrennt.

Sanitärbereich im Container

Weil es lediglich eine Handvoll Toiletten im Gebäude gibt, hat der Kreis Container für die Sanitäranlagen, Waschmaschinen und Trockner bereitgestellt. Wer nachts raus muss, begibt sich also auch hier erst mal ins Freie – kein Spaß bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Das weiß auch Matthias Schimpf. „Es handelt sich halt um eine Notunterkunft“, stellt er klar. Und weist auch gleich darauf hin, dass der Kreis nach wie vor Wohnungen für Geflüchtete sucht.

Weil es kaum möglich ist, für 300 Menschen ausreichend Kochgelegenheiten zu stellen, war schnell klar, dass eine Cateringfirma Frühstück, Mittagessen und Abendbrot liefert. Und dass rund um die Uhr ein Sicherheitsdienst gebraucht wird, stand ebenfalls von vornherein fest.

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Auch in der Bensheimer Zeltstadt sehen Security-Mitarbeiter nach dem Rechten. Allerdings, so habe es die Erfahrung gezeigt, gehe es dort eher ruhig zu. „Es läuft sehr gut“, versichert Schimpf. Die Leute verhielten sich zivilisiert und achteten auf Sauberkeit, die Situation sei unproblematisch. Einige einzelne Geflüchtete leben dort, zum großen Teil aber Familien. Aber oft handele es sich um „befreundete oder familiäre Verbünde“, die gut miteinander auskämen, berichtet Schimpf. Diese Gruppen sollen möglichst auch in der Känguru-Insel wieder gemeinsam untergebracht werden.

Der Groß-Rohrheimer Bürgermeister Rainer Bersch blickt der neuen Unterkunft erst mal recht entspannt entgegen. Dass es sich allein um Schutzsuchende aus der Ukraine handelt, habe vielen Anwohnern die Bedenken genommen, ist er sich sicher. Vor allem in den sozialen Netzwerken waren Befürchtungen laut geworden – zum Teil sehr drastisch formuliert. Für Bersch kaum nachvollziehbar: „Wir sollten versuchen, den Menschen zu helfen.“ Sie hätten auf ihrer Flucht schließlich alles zurücklassen müssen.

Das Rote Kreuz in Groß-Rohrheim steht deshalb schon in den Startlöchern. Gerade erst hat Marita Schäfer einen Aufruf für die Kleiderkammer gestartet. Und der ist auf riesige Resonanz gestoßen – was sie sehr freut. „Wir versuchen jetzt, unsere Lager aufzufüllen.“

Helfer füllen die Lager auf

Wenn 300 Menschen hier ankommen, sollen sie auch mit dem Notwendigsten versorgt werden. Das Rathaus selbst hat zwar offiziell nichts mit der neuen Unterkunft zu tun, der Kreis hat den Vertrag direkt mit dem Besitzer der Känguru-Insel abgeschlossen hat.

Dennoch gab es nun einen Ortstermin, um Gemeindevorstand und Fraktionen auf den neusten Stand zu bringen. Schon allein, weil es deutliche Kritik an der Informationspolitik des Kreises gab. Viele Anwohner und Politiker hätten gerne früher von den Plänen erfahren.

Der Kreis Bergstraße hat die Hallen seit November gemietet

Tatsächlich mietet der Kreis die Hallen bereits seit November – wie mehrere andere Unterkünfte auch, macht Schimpf deutlich. „Wir sichern uns so viele Liegenschaften wie möglich“, erläutert er das Vorgehen. Von Anfang an sei aber abzusehen gewesen, dass nicht alle belegt werden. Das hänge von der Zahl der Geflüchteten ab, die dem Kreis tatsächlich zugewiesen werden. „Wenn wir nicht alle Gebäude brauchen, werden einige Mietverträge eben wieder gekündigt.“

Anfang Dezember zeichnete sich ab, dass die Känguru-Insel als Unterkunft gebraucht wird. Dennoch wollte der Kreis mit dem Beschluss erst an die Öffentlichkeit gehen, wenn er in trockenen Tüchern ist. „Unsere Aussagen müssen schließlich verlässlich und belastbar sein“, betont Schimpf. Jetzt steht fest: In wenigen Tagen wird sich der frühere Indoor-Spielplatz wieder mit Leben füllen.

Redaktion Redakteurin "Südhessen Morgen", Schwerpunkt Bürstadt

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