Festspiele Heppenheim

50 Jahre Heppenheimer Festspiele: Das Jubiläumsprogramm 2024

In diesem Jahr finden die Festspiele in Heppenheim vom 16. Juli bis 31. August statt. Mit dabei ist Faust in der Kirche und der nackte Wahnsinn im Amtshof. Alle Infos zum Thema gibt es hier auf einen Blick.

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Thomas Tritsch
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Zum Jubiläumsjahr wartet ab dem 16. Juli ein besonderes Programm. © Thomas Neu

Bergstraße. Iris Stromberger ist gut gelaunt. Der Kartenvorverkauf für die 50. Heppenheimer Festspiele läuft noch etwas besser als im letzten Jahr. Die Proben für die Adaption des Theaterstücks „Der nackte Wahnsinn“ von Michael Frayn sind abgeschlossen, die Bühnenfassung für Goethes „Faust - Der Tragödie erster Teil“ erfährt momentan in der Kirche St. Peter ihren finalen Schliff.

Im Jubiläumsjahr wird die Intendantin, wie schon länger angekündigt, ihren Wunsch verwirklichen, erstmals nach Jahrzehnten wieder ein Stück im „Dom der Bergstraße“ aufzuführen. Eine Reminiszenz an die „Jedermann“-Inszenierungen der ersten Jahre. Am 9. August 1974 fand die Eröffnung mit Hugo von Hofmannsthals Spiel vom Sterben des reichen Mannes vor der katholischen Pfarrkirche in der Heppenheimer Altstadt statt.

Das Programm der Heppenheimer Festspiele 2024

  • Eröffnet wird die Saison mit einer Hommage an ein Lebenswerk: Hans Richter hat die Festspiele 1974 ins Leben gerufen und mit seiner Familie über Jahre geprägt. Am 16. Juli um 19.30 Uhr wird Walter Renneisen mit Taxten und Musik an den Schauspieler, Kinderstar, Regisseur und Intendanten erinnern. Iris Stromberger verspricht dabei auch einige Anekdoten und Miniaturen, die nicht in Richters Biografie („Kaum zu glauben, aber wahr!“) zu lesen sind
  • Am 17. Juli gastiert die Simon & Garfunkel Revival Band in Heppenheim. Michael Frank und Guido Reuter nähern sich den Originalen sehr sensibel und musikalisch authentisch. Beginn ist auch hier um 19.30 Uhr
  • Der 18. Juli (ab 19.30 Uhr) gehört Wilhelm Busch. Das Huub Dutch Duo serviert eine hoch gelobte Vertonung von „Max und Moritz“. Mit Huub Dutch am Speiskübelbass (Wäscheleinophon) und Chris Oettinger am Piano
  • Am 11. August heißt es im Amtshof „Oper trifft Operette“. Eine Matinée um 11 Uhr mit vielen bekannten Melodien aus beiden Genres und sieben Solisten. Es moderiert Elinor Stromberger. tr

Etwa 200 Zuschauer werden in den Kirchenraum passen, verrät Stromberger beim Pressetermin im Rathaus. Die Akustik muss penibel auf die besonderen Bedingungen abgestimmt werden. Als Bonbon wird das epische Drama (Premiere am 19. Juli) von Gabriele Roth mit Improvisationen an der Orgel begleitet.

Dies soll die klassischste deutsche Tragödie nicht nur atmosphärisch bereichern, sondern auch die dramaturgischen Sprünge klanglich untermalen und szenisch pointieren. „Als ich die Kirche besuchte und die Orgel hörte, war die Idee geboren.“ Und mit Gabriele Roth sofort eine begeisterte Komplizin gefunden.

Turbulentes Komödienchaos am 26. Juli

Es ist das dritte Jahr, dass Iris Stromberger in Heppenheim Regie führt. Beim „Faust“ auch konkret. Für die Komödie der Spielzeit hat sie die 1977 in Bonn geborene Regisseurin Caroline Stolz gewinnen können, die als Gastregisseurin unter anderem bereits am Schauspiel Essen, am Theater Ulm und am Staatstheater Darmstadt inszeniert hat. Die rasante Komödie über das künstlerische Chaos hinter einer Theaterbühne ist ein Spiel im Spiel und ein Genuss für die Zuschauer, so Stromberger.

Die zweite Spielstätte ist der Dom in Heppenheim. © Thomas Neu

Was sich für die Beteiligten zu einem Albtraum entwickelt, wird für das Publikum zum turbulenten Komödienchaos. Stolz bringt das Stück für die Festspiele bereits zum fünften Mal auf die Bühne.

Premiere im Kurmainzer Amtshof ist am 26. Juli.

Mit ihrem 2018 formierten Ensemble TheaterLust hat sie sich in diesem Jahr bewusst für zwei sehr gegensätzliche Stoffe entschieden: das leichte Lustspiel auf der einen und einen unantastbaren humanistischen Bildungsstandard auf der anderen Seite. Als Profi weiß sie, dass der Goethe den gemeinen Festspielbesucher durchaus abzuschrecken in der Lage ist.

Daher hat sie eines des komplexesten Werke der Weltliteratur inhaltlich konzentriert und dramatisch gestrafft, ohne den Kern des Stücks zu verwässern: das göttliche Streben nach Erkenntnis, die Grenzen des menschlichen Intellekts und die Verführbarkeit des schwachen irdischen Geistes.

Gespickt mit einer tragischen Lovestory um Gretchen und einem diabolischen Duell um Glaube, Hoffnung mit einem dienstbaren Teufel, der sich mit Gott anlegen will. Auch für Oberstufenschüler ist das Stück prüfungsrelevant. Eine spezielle Schüleraufführung ist für den 28. August (11 Uhr) vorgesehen.

Mehr Kartenreservierungen als im Vorjahr

Für die Intendantin dreht sich das Stück um zeitlose Fragen des Daseins: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Und warum? Ein Ergründen der inneren und äußeren Welt, hin- und hergerissen zwischen Religion und Wissenschaft, Begierde und Demut.

Mit seinem zeitgenössischen Bezug und der bildreichen Sprache sei es ein würdiges und passendes Stück für die Festspiele, so Iris Stromberger, die mit dem Ticketverkauf sowohl für den „Faust“ wie auch im Allgemeinen recht zufrieden ist.

Im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2023 habe man etwa sechs Prozent mehr Kartenreservierungen verzeichnet. Dies schürt die Vorfreude auf einen facettenreichen Heppenheimer Theatersommer, der erstmals wieder mit zwei Spielstätten aufwarten kann.

Bürgermeister Rainer Burelbach ist froh, dass der Kurmainzer Amtshof rechtzeitig fertig geworden ist. Die Arbeiten im Außenbereich sind abgeschlossen, nach dem Ende des 70. Bergsträßer Weinmarkts am 7. Juli ist das Areal für die 50. Festspiele reserviert. Platz ist wieder für rund 320 Gäste. Die Bänke, die im letzten Jahr noch rechtwinklig zur Bühne ausgerichtet waren, sind nun wieder horizontal gestellt. Kritische Rückmeldungen des Publikums hatten die Theatermacher dazu bewogen, sämtlichen Plätzen eine frontale Sicht auf das Geschehen zu ermöglichen. Es gibt drei Platzkategorien, preislich aufsteigend von vorn nach hinten.

Ein Dach wird in diesem Jahr aber noch fehlen. Ingo Schöpp-Stromberger, Geschäftsführer des Theaterbetriebs, teilte am Dienstag mit, dass Gespräche mit einem Sponsor laufen. Angedacht ist ein Rolldach, das in seiner Konstruktion dem Denkmalschutz Rechnung trägt und gelichzeitig die Atmosphäre im Amtshof nicht negativ beeinflussen soll. Spätestens 2025 will man das Projekt umsetzen, um dem Publikum auch bei Regen trockene Abende zu garantieren.

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„Wir nehmen die Anregungen unserer Gäste sehr ernst“, so der Geschäftsführer auch mit Bezug zur Sitzplatzordnung. Das Theater im Hof sei als Format ein ständig lernendes System, das sich Optimierungen nicht verschließen werde. Was sich bewährt, wird nicht verändert. Das sind vor allem die Weine der Bergsträßer Winzer eG, die den Festspielen vom ersten Tag an treu verbunden sind, wie Geschäftsführer Patrick Staub betont. Zum Jubiläum hat die Genossenschaft eine limitierte Sonderfüllung herausgebracht: einen Grauburgunder Kabinett trocken aus dem Jahrgang 2023 mit moderaten elf Volumenprozent Alkohol.

Weitere Sponsoren sin die GGEW AG und die Sparkassenstiftung Starkenburg. Das Festspielcatering liegt wieder in den Händen von Robert Menke, der mit seinem Team vor der Vorstellung und in der Pause Flammkuchen, Raclette-Brot und „Hessische Tapas“ servieren wird. Eine kleine Gastronomie bei den „Faust“-Vorstellungen beschränkt sich auf den Vorplatz der Kirche. Speisen und Getränke dürfen nicht mit hinein genommen werden.

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