Bergstraße. Die Kriege in der Ukraine und in Nahost und die dadurch, aber auch schon vorher erfolgten Fluchtbewegungen standen im Mittelpunkt der aktuellen Zusammenkunft der Bergsträßer DRK-Delegierten, die sich in der Zwingenberger Melibokushalle getroffen haben. Von den insgesamt 85 stimmberechtigten Delegierten und neun Vorstandsmitgliedern konnte Kreisvorsitzender Arno Gutsche 61 Stimmberechtigte sowie das Vorstandsgremium willkommen heißen.
Besonders begrüßt wurden von ihm DRK-Präsident Norbert Södler vom DRK-Landesverband Hessen, der aus dem Vogelsberg angereist war, sowie die Landtagsabgeordnete Birgit Heitland, die als Vorsitzende des DRK Zwingenberg an diesem Abend auch Gastgeberin war.
Der DRK-Kreisverband ist auf steigende Mitgliederzahlen angewiesen
Neben den vielfältigen Aufgaben der Bereitschaften, der Wohlfahrts- und Sozialarbeit, des Jugendrotkreuz und der Bergwacht standen im vergangenen Jahr bei den Bergsträßer Rotkreuzlern auch einige besondere Ereignisse im Programm, auf die Kreisvorsitzender Arno Gutsche in seinem Bericht hinwies.
Dazu gehört besonders das Jubiläum zum 100-jährigen Bestehen der Bergwacht Heppenheim, die auch die älteste Bergwacht in Hessen ist. Im Einsatz, der vor allem im Bereich des Felsenmeers in Reichenbach erforderlich ist, sind aktuell 30 Aktive und eine Drohne.
Herausragend und ein besonders freudiger Anlass war Ende August die Inbetriebnahme der neuen DRK-Rettungswache in Bürstadt. Mit 1,6 Millionen Euro war sie nicht nur ein kostenintensives Projekt, es wurde nach Jahren des Ansparens vom Kreisverband komplett selbst ohne Fremdkapital finanziert. Entsprechend dieses mit dem neuesten Stand der Technik ausgestatteten Neubaus soll auch die neue Rettungswache in Biblis entstehen.
Noch bis Ende März wurde vom Kreisverband das Corona-Testcenter am Europaplatz betrieben. Das zweite Testcenter im Erdgeschoss der ehemaligen DRK-Begegnungsstätte in der Werlestraße wurde Ende Februar 2023 geschlossen.
Bei der Delegiertenversammlung vor einem Jahr kamen mit dem stellvertretenden Vorsitzenden Felix Kusicka, dem stellvertretenden Rotkreuz-Beauftragten Sebastian Kriha, Kreisbereitschaftsleiter Sascha Lenz und dem stellvertretenden Kreisbereitschaftsleiter Udo Bächer vier neue Gesichter in den Kreisvorstand.
Wie eine mittelständische Firma
Grund zum Feiern gab es auch in Mörlenbach, wo die Kleiderkammer ihr 25-jähriges Bestehen hatte. Nach 43 Jahren als hauptamtlich Beschäftigter beim Kreisverband wurde Thomas Peppler Ende April in den Ruhestand verabschiedet. Ehrenamtlich bleibt der langjährige Leiter der Breitenausbildung und Beauftragte für Qualitätsmanagement dem DRK als Aushilfe an mindestens drei Tagen in der Woche jedoch erhalten. In diesem Zusammenhang verdeutlichte Gutsche, dass auch weiterhin Ausbilder für Schule und Betriebe benötigt würden und man sich dafür auch qualifizieren könne.
Keine Personalprobleme gebe es dagegen bei der Besetzung des im Katastrophenschutz eingesetzten Sanitätszuges und des Betreuungszuges Bergstraße. Mit 65 beziehungsweise 62 Aktiven verfüge man über eine mehr als doppelte Besetzung. Zu den Einsätzen des Sanitätszuges gehörten beispielsweise der Brand in einer Asylunterkunft und im Rhein-Neckar-Zentrum, eine Bombenentschärfung in Darmstadt und Reizgas in einer Schule.
Dass der DRK-Kreisverband Millionen bewegt und damit einem mittelständischem Unternehmen gleich kommt, war dem Bericht von Schatzmeister Hartmut Koch zu entnehmen. Von ihm wurde auch der notwendige Mitgliederzuwachs mit Zahlen unterlegt. So ist die Zahl der fördernden Mitglieder (Aktive zahlen keinen Beitrag) im Kreis von 5709 auf 5411 gesunken und das Durchschnittsalter der Mitglieder sei mit 71 Jahren auch recht hoch.
Dennoch konnte ein Jahresüberschuss erwirtschaftet werden, der in die Rücklagen für geplante Projekte wie beispielsweise die Rettungswache Biblis, fließt.
Aufgrund der Größenordnung sahen sich die Kassenprüfer allerdings nur in der Lage, stichprobenartige Prüfungen vorzunehmen, zumal es sowohl für den Verein als auch für den als GmbH geführten Rettungsdienst ein Testat von Wirtschaftsprüfern gibt. Aus diesem Grund wird sich der Kreisverband dem Vorschlag von Kassenprüfer Klaus Jäger anschließen und bis zur nächsten Delegiertenversammlung prüfen, wie sich die Kassenprüfung neu strukturieren lässt. Bis dahin mussten aber nochmals zwei Kassenprüfer gewählt werden.
„Herzenswunsch-Mobil“
Die Entlastung des Kreisvorstandes erfolgte ebenso einstimmig wie die Genehmigung des Haushaltsplans und Stellenplans für 2024.
In seinem kurzen Blick auf das aktuelle Jahr, das sich bereits seinem Ende zuneigt, erwähnte der Kreisvorsitzende besonders die Eröffnung des von Birkenau nach Mörlenbach umgezogenen Rotkreuz-Museums sowie das zusammen mit den Kreisverbänden Dieburg und Odenwaldkreis angeschaffte „Herzenswunsch-Mobil“.
Im kommenden Jahr wird die Kreisdelegiertenversammlung des DRK Bergstraße im Bürgerhaus Mörlenbach stattfinden. js
Södler nutzte sein Grußwort, um für die sowohl im Haupt- als auch im Ehrenamt geleistete Arbeit Dank zu sagen. Hingewiesen wurde von ihm aber auch auf den Mitgliederschwund. In den vergangenen 30 Jahren habe das DRK mit aktuell rund 2,8 Millionen Mitgliedern bundesweit über zwei Millionen Mitglieder verloren, warb Södler für die Haustürwerbung mit eigenen Mitgliedern.
Im Hinblick auf die aktuellen Krisenherde machte er deutlich, dass es wichtig sei, auf die Neutralität zu achten und nicht in Dienstbekleidung zu Demonstrationen zu gehen. So stehe das DRK auch mit dem russischen und israelischen Roten Kreuz sowie dem palästinensischen Halbmond in Verbindung. „Wir helfen Opfern und Tätern“, so Södler.
„Manchmal schwere Kost“
Auch Birgit Heitland verwies auf das humanitäre Völkerrecht und die „manchmal schwere Kost“, mit der man konfrontiert werde. Als Landtagsabgeordnete sicherte sie dem Kreisverband die Unterstützung des Landes auch weiterhin zu, damit das DRK seine Aufgaben erfüllen könne. Als Gastgeberin der Delegiertenversammlung wünschte sie der Zusammenkunft einen guten Verlauf und machte auf die speziell für diese Versammlung in Zwingenberg produzierten und vom Ortsverein zur Verfügung gestellten „Bergsträßer Kracher“ aufmerksam.
Kreisbeigeordneter Matthias Schimpf verwies in seinem Grußwort auf die seit vielen Jahren funktionierende Partnerschaft zwischen dem Kreis Bergstraße und dem DRK in schwierigen Zeiten und dankte besonders für die gute Zusammenarbeit mit dem Kreis seit 2015.
Seit Februar 2022 habe der Kreis rund 4000 Personen aufgenommen, wovon circa 2800 Menschen aus der Ukraine gekommen seien. Etwa die Hälfte davon konnte in privaten Unterkünften untergebracht werden, weswegen es auch möglich war, keine Sporthalle umnutzen zu müssen. Einzige Ausnahme sei die Werner-von-Siemens-Halle in Lorsch gewesen, die innerhalb kürzester Zeit in Betrieb genommen werden konnte.
Nachdem die ukrainischen Geflüchteten in die „Luise“ in Lindenfels umgezogen waren, konnte die Zeltstadt in Bensheim aber nicht wie geplant abgebaut werden. Sie musste weiterhin als Unterkunft dienen, da die Fluchtbewegungen aus der Ukraine zwar abgenommen, aber die aus den Drittstaaten (nicht EU) zugenommen hatte.
Auch in 2023 sei die Situation nicht entspannter geworden, machte Schimpf auf die Dimensionen aufmerksam, die es zu bewältigen gelte. „Humanität ist unteilbar“, so der Kreisbeigeordnete, aber die Möglichkeiten vor Ort seien auch begrenzt.
Größenordnung einer Kleinstadt
Die aufgenommenen Flüchtlinge hätten inzwischen die Größenordnung einer Kleinstadt, müssten aber angemessen betreut und versorgt werden. Dabei leiste das DRK eine wichtige Arbeit, sagte Schimpf besonders den rund 950 Ehrenamtlichen in den 24 Ortsverbänden im Kreis seinen Dank. Denn auch ohne die speziellen Herausforderungen sei das DRK auf vielfältige Weise vor Ort aktiv: „Ohne dieses Engagement wäre unsere Gesellschaft deutlich ärmer“, so der Kreisbeigeordnete.
Den Dankesworten und dem gezollten Respekt schloss sich auch Zwingenbergs Erste Stadträtin Karin Rettig in Vertretung des Bürgermeisters an und zog den sprichwörtlichen Hut vor diesem Engagement. In Zwingenberg stehe eine „sehr gute Mannschaft“ zur Verfügung.
DRK Bergstraße in Zahlen
- In den Bereitschaften der 24 Ortsvereine waren im vergangenen Jahr 548 Helferinnen und Helfer ehrenamtlich aktiv.
- In den DRK-Kleiderkammern wurden von rund 50 Helferinnen und Helfern über 6000 Stunden ehrenamtliche Arbeit geleistet und rund 98 000 Kleidungsstücke an über 5000 Bedürftige weitergegeben.
- Bei Blutspendediensten von insgesamt 22 Bergsträßer Ortsvereinen wurden im vergangenen Jahr 18 990 Blutkonserven zur Verfügung gestellt, davon 1726 von Erstspenderinnen und -spendern.
- Der als 100prozentige Tochtergesellschaft des DRK-Kreisverbandes Bergstraße betriebene Rettungsdienst hatte im vergangenen Jahr insgesamt 38 675 Einsätze.
- In der Summe waren im vergangenen Jahr 236 Personen (hauptamtlich Beschäftigte, Aushilfen, Auszubildende und Freiwilligendienst-Leistende) aktiv. js
Als neuer Vorsitzender des Kreisverbandes Darmstadt-Mitte im zweiten Jahr überbrachte Martin Hostalek die Grüße des Kreisverbandes und wollte seine „Ohren spitzen“, wie es an der Bergstraße laufe, denn jeder Kreisverband sei anders. Das konnte er dann dem ausführlichen Bericht des Kreisvorsitzenden und den weiteren Tagesordnungspunkten entnehmen. Ehrungen standen nicht an, da es im vergangenen Jahr keine Wettbewerbe gegeben hat.
Bestätigt wurde von der Versammlung die inzwischen vom Jugendrotkreuz gewählte Kreisleitung mit Claudia Pfeifer und ihrer Stellvertreterin Tamara Engelbrecht. Außerdem werden beide das Jugendrotkreuz auch im Kreisvorstand vertreten.
Der Mitgliedsbeitrag für Neumitglieder wurde von der Versammlung auf mindestens drei Euro im Monat beziehungsweise 36 Euro im Jahr festgesetzt. Außerdem will der Kreisverband mit Hilfe einer Haustürwerbung durch eine beauftragte Firma den Mitgliederbestand erhöhen. Ortsverbände wie beispielsweise Zwingenberg, die ihre eigene Werbeaktion durchführen, können sich davon ausschließen.
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