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Digitaler Zugang für Bürger ersetzt die Sprechstunde im Rathaus

Einhausen, Lautertal, Lorsch und Zwingenberg setzen auf Zusammenarbeit beim Weg zur Amts-Digitalisierung

Von 
Thomas Tritsch
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Vertreter aus Lautertal, Einhausen, Lorsch und Zwingenberg unterzeichneten gestern im Sitzungssaal der Sparkasse Bensheim eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung, mit der ihre interkommunale Zusammenarbeit bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes geregelt wird. © Thomas Zelinger.

Bergstraße. Bis Ende 2022 sollen zahlreiche Verwaltungsleistungen über lokale Portale auch digital angeboten werden. Dann sollen Bund, Länder und Kommunen bis zu 600 Service-Bündel online zugänglich machen – von der Zulassung eines Kraftfahrzeugs über die Anmeldung zur Hundesteuer bis zum Einspruch gegen einen Bebauungsplan. So regelt es das Onlinezugangsgesetz (OZG) des Bundes, das im August 2017 in Kraft getreten ist. Auch in Hessen arbeiten Landesbehörden und Kommunen an dem Vorhaben, alle wesentlichen Behördengänge auch elektronisch zu ermöglichen.

Kurz vor Toresschluss

Die Vorgabe sagt, dass die Portale vor Ort zu einem Portalverband verknüpft werden sollen und die einzelnen Verwaltungsleistungen der Kommunen wiederum über die Portale der Länder angebunden werden. Außerdem sollen die Digitalisierungsprozesse nach einheitlichen Qualitätskriterien erfolgen und möglichst benutzerfreundlich sein. Der Auftrag ist eindeutig. Doch obwohl die Zeit drängt, schneidet die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung in Deutschland im EU-Vergleich eher schlecht ab.

Auch fünf Jahre später dümpeln viele Städte und Gemeinden noch immer heftig hinterher. Denn für die Umsetzung des OZG sind die Kommunen selbst verantwortlich, was besonders viele kleine Verwaltungsstellen vor eine Herkulesaufgabe stellt.

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Um jetzt kurz vor Toresschluss in Sachen Amts-Digitalisierung richtig Gas zu geben, haben sich vier Bergsträßer Kommunen zusammengeschlossen und eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung unterzeichnet: Zwingenberg, Lorsch, Lautertal und Einhausen gehen den weiteren Weg gemeinsam. Ziel ist eine gemeinsame Umsetzung des OZG über ein koordiniertes Konzept, bei dem nicht jeder sein eigenes digitales Süppchen kochen muss, sondern jeder von der Umsetzung des anderen profitiert. Das System soll bruchfrei vom Antrag bis zur fachlichen Bearbeitung funktionieren.

Wer die gemeinsame Architektur-Strategie im Sinne des Gesetzgebers mitgeht, kann eine finanzielle Unterstützung erhalten. Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport unterstützt die Kommunen durch die Finanzierung der technischen Umsetzung. Die vier Bergsträßer Partner kalkulieren aktuell mit rund 100 000 Euro. Die Landesförderung richtet sich vor allem nach der Anzahl der beteiligten Kommunen, wie es gestern beim Treffen der kommunalen Vertreter bei der Sparkasse Bensheim hieß.

Schnittstellen schaffen

„Wir wollen Schnittstellen schaffen“, sagt Lorschs Bürgermeister Christian Schönung. Dies sei allein deshalb sinnvoll, weil die Prozesse in jedem Rathaus die gleichen sind. Eine interkommunale Zusammenarbeit biete sich deshalb an. Nicht nur, um neue Serviceleistungen online verfügbar zu machen, sondern auch, um bestehende Dienste zu optimieren und innerhalb einer einheitlichen IT-Infrastruktur an flächendeckende Standards anzupassen.

Im Falle des Bergsträßer Quartetts wird es demnächst eine zentrale Schaltstelle für diese Aufgaben geben: Im Einhäuser Rathaus wird die Position eines Digitalbeauftragten geschaffen: Ein fachlicher Profi, der dort physisch präsent ist und die anderen Kommunen bei der Umsetzung und Abstimmung unterstützen soll. Der Auswahlprozess dauert an, aus den Bewerbungen haben es vier Kandidaten in die engere Auswahl geschafft. Bürgermeister Helmut Glanzner geht davon aus, dass die Stelle ab Dezember besetzt wird.

Keine Zeit verlieren

Dass sämtliche 575 Leistungen bis Ende 2022 digitalisiert sind, ist auch im Kreis Bergstraße unrealistisch. Der Handlungsdruck ist hoch. Doch der Gesetzgeber räumt ein, dass man bei der Umsetzung auch Priorisierungen vornehmen und bestimmte Themenbereiche zurückstellen kann. Zeit verlieren möchte man dennoch nicht, so der Zwingenberger Rathauschef Holger Habich.

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Das sah man in den einzelnen Kommunen offenbar genauso, denn für eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung wurde in allen örtlichen Gremien kollektiv die Hand gehoben, so Helmut Glanzner, der darin auch ein positives Signal für interkommunale Zusammenarbeit im Allgemeinen sieht. Die Stelle in seinem Rathaus ist unbefristet, nach der Umsetzung des OZG, die allgemein als Motor der Verwaltungsdigitalisierung gesehen wird, soll die Position in der Gemeindeverwaltung aufgehen.

Bereits im vergangenen Jahr hatten sich die Städte Bensheim und Viernheim sowie der Kreis Bergstraße und die Metropolregion Rhein-Neckar in einer Kooperation zusammengeschlossen, um das gleiche Ziel zu verfolgen. Die Kooperation wird als offiziell anerkanntes OZG-Modellprojekt ebenfalls gefördert.

Freier Autor

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