Bergstraße. „Alles Große in unserer Welt geschieht nur, weil jemand mehr tut, als er muss.“ Mit diesem Zitat des österreichischen Sozialpädagogen Hermann Gmeiner hatte der Hessische Kultusminister das Wesen der Veranstaltung auf den Punkt gebracht. Ralph Alexander Lorz kam am Sonntag aber auch als Schirmherr nach Lorsch, wo am Mittag der Preis „Jugend hilft!“ 2022 verliehen wurde. Zum dritten Mal würdigte der Rotary-Club Bensheim-Südliche Bergstraße besonderes ehrenamtliches Engagement von Jugendlichen, die in ihrer Freizeit Außergewöhnliches für die Gesellschaft leisten.
Zahlreiche Gäste kamen in den Paul-Schnitzer-Saal, wo diesmal ausschließlich schulische Projekte und Initiativen ausgezeichnet wurden. Jeder Preis war mit 750 Euro dotiert. Die öffentliche Ehrung soll nicht nur eine helle Bühne für die Aktiven sein, die beispielhaftes leisten, sondern auch andere dazu motivieren, sich für das Gemeinwesen zu engagieren, so der frisch gewählte Präsident Daniel von Hauff, der in der vergangenen Woche seine Vorgängerin Andrea Lütkehoff abgelöst hatte. Weil das rotarische Jahr am 1. Juli begonnen hat, war es der erste Auftritt des Bensheimers. Federführend geplant wurde der Termin noch von der Altpräsidentin.
Projekte aus dem Ried lagen vorne
Von Hauff dankte in Lorsch aber auch dem Jugendamt des Kreises Bergstraße, das die Ausschreibung unterstützt und mit seinem Leiter Kai Kuhnert auch ein Jurymitglied gestellt hatte. Bei der Auswahl der eingereichten Bewerbungen hatten diesmal Projekte aus Viernheim, Bürstadt und Rimbach die Nase vorn. Der Einzelpreis ging an Annalena Schweiker aus Bürstadt. Sie ist unter anderem im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Bürstädter Vereine und im Karnevalclub „Sackschdoahogger“ aktiv, wo sie auch die Tanzgruppe trainiert. Nach ihrem Abitur im letzten Jahr an der Erich-Kästner-Schule absolviert sie derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr und bereitet sich auf ihr Studium der Biologie in Frankfurt vor.
Darüber hinaus näht Annalena Schweiker ehrenamtlich Kleidung für Kleinkinder und Frühgeborene, um die Eltern ein Stück weit zu entlasten. Und außerdem engagiert sie sich für Menschen, die an Mukoviszidose erkrankt sind. Bei der nicht heilbaren Stoffwechselerkrankung werden vor allem die Atemwege und das Verdauungssystem beeinträchtigt. Weil sie selbst betroffen ist, kennt sie die Probleme und Fragen der Patienten, so die Preisträgerin in einem Videoclip, mit dem sie sich dem Service-Club vorgestellt hatte. Laudator Joachim-Felix Leonhard lobte ihre vielfältigen Aktivitäten zum Wohle anderer und bezeichnete sie als Vorbild und als Stütze der Gesellschaft.
Hintergrund: Der Preis „Jugend hilft!“
Der Rotary-Club Bensheim-Südliche Bergstraße ist ein 2003 gegründeter Serviceclub für das Gebiet Bensheim und Metropolregion Rhein-Neckar.
Mit dem Preis möchte er im zweijährigen Turnus dem Engagement Jugendlicher öffentliche Anerkennung verleihen.
Angesprochen sind Jugendliche und junge Erwachsene bis maximal 21 Jahren, die sich ehrenamtlich in herausragender Weise engagieren und dabei etwas für andere Menschen und damit für die Gemeinschaft tun.
Das Engagement kann im sozialen, schulischen, kulturellen, sportlichen oder auch kirchlich-religiösen Bereich liegen.
Der Preis wurde 2017 auf Initiative von Joachim-Felix Leonhard eingeführt und im folgenden Jahr erstmals vergeben.
Inspiriert wurde er damals bei einem Besuch des befreundeten Clubs in Traunstein, der seit einigen Jahren einen Jugendsozialpreis ausgeschrieben hatte. tr
Der Gruppenpreis ging an die Schülervertretung (SV) der Albertus-Magnus-Schule in Viernheim. Bei einem selbst organisierten Friedenslauf wurden rund 50 000 Euro gesammelt, die als Spende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zur Verfügung gestellt wird. jeweils die Hälfte geht an die Spendenaktion der Stadt Viernheim für die polnische Partnerstadt Mława sowie an den Verein „Aktion Hessen hilft“.
Die Idee hatte das Team der Schülervertretung, schon kurz nach Kriegsausbruch. Gemeinsam mit der Schulseelsorge und der Sportfachschaft wurde die Aktion kurzfristig vor den Osterferien organisiert. Die Schüler haten sich Sponsoren für jede gelaufene Runde um die Schule gesucht. Andere Unterstützer hatten feste Beträge zugesichert. Darüber hinaus wurde eine Aktion für Kinder im Ahrtal initiiert, bei der Sachspenden - überwiegend Spielzeug - direkt in die von der Flutkatastrophe betroffene Region transportiert wurden.
Für die SV nahmen Linus Harmgarth, Khanh Linh Pham, Lara Polanowski den Preis entgegen. Linette Hofmann konnte am Sonntag nicht in Lorsch dabei sein. Die 17-Jährige von der TSG Hoffenheim spielt derzeit in Tschechien mit der U19-Nationalmannschaft im Fußball um den EM-Titel.
Der Sonderpreis geht an ein Projekt in Rimbach, dass sich mit Alltagsrassismus auseinandersetzt. Anna Reid ist Lehrerin an der Dietrich-Bonhoeffer-Schule und hat gemeinsam mit einer Gruppe von betroffenen Schülern das Projekt „We have a Voice“ ins Leben gerufen. Es sei wichtig, dass Rassismus angesprochen wird – auch wenn man dazu die Komfortzone verlassen muss, sagte Timo Helbig-Thome aus der Schulleitung im Museumszentrum. Es brauche ein Bewusstsein, was rassistisch ist. Das Projekt soll dabei helfen.
Die Schüler und ihre Lehrerin hatten sich im letzten Jahr außerhalb des Unterrichts getroffen und über ihre Erfahrungen ausgetauscht. Die Hobbyfotografin Candy Rahmanoglu aus Mörlenbach hat die Momente mit ihrer Kamera festgehalten. Daraus entstand das Fotoprojekt „We have a Voice“, das mittlerweile auf den Fluren in der Schule ausgestellt wurde. Auf den Bildern sind die Kinder und Jugendlichen beim Basketballspielen zu sehen, sitzend auf Tischtennisplatten oder an der Schulwand lehnend. Anschließend wurden Sprechblasen hinzugefügt, in denen rassistische Aussagen zu lesen sind. Alles persönliche Erfahrungen der Schüler im Alter von neun bis 17 Jahren.
Jeder zweite Hesse im Ehrenamt
Der Kultusminister gratulierte allen Siegern und betonte, dass eine Gesellschaft wie unsere ohne ehrenamtliches Engagement kaum denkbar wäre. 2018 wurden der Schutz und die Förderung des Ehrenamts in die hessische Verfassung mit aufgenommen. „Jeder zweite Hesse übt ein Ehrenamt aus“, so Lorz in Lorsch, wo Bürgermeister Christian Schönung und die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz Grußworte sprachen. Musikalisch eingerahmt wurde die Veranstaltung von der 14-jährigen Sängerin Kathrin German aus Heppenheim, die unter anderem beim Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ 2022 einen Sieg errungen hat. Mit dem Spendenerlös des Tages über den Verkauf an der Kuchentheke unterstützen die Rotarier den Förderkreis Musizierender Jugend in Heppenheim.
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