Dentaltechnik

Dentsply Sirona sieht wieder besseren Zeiten entgegen

Ted Julius und Niels Plate, Geschäftsführer bei Dentsply Sirona in Bensheim, über die Saat von Investitionen, Erntezeit, digitalisierte Zahnarztpraxen und Gewerbesteuer.

Von 
Michael Roth
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Ted Julius und Niels Plate im BA-Gespräch. © Thomas Zelinger

Bergstraße. Bensheim. Es waren nicht allzu gute Nachrichten, die bis zuletzt vom Dentaltechnikkonzern Dentsply Sirona zu hören waren. Umsatz- und Gewinneinbußen, Sparprogramme und der Aktienkurs auf Talfahrt. Doch wie wirkt sich das alles auf den Standort Bensheim aus? Hier beschäftigt der Konzern als größter Arbeitgeber im Kreis Bergstraße rund 2200 Mitarbeiter. Niels Plate, für die Entwicklung zuständig, und Ted Julius, seit einem Jahr für die Produktion und Logistik verantwortlich, geben Antworten. Julius, ein gebürtiger US-Amerikaner, der seit mehr als 30 Jahren in Deutschland lebt, und der branchenerfahrene Entwicklungschef Plate, sind die operativen Geschäftsführer von Dentsply Sirona in Bensheim.

Herr Julius, Herr Plate, von Dentsply Sirona gab es lange Zeit keine guten Nachrichten. In Bensheim letztes Jahr sogar Kurzarbeit, wie gehen die Geschäfte derzeit?

Julius: Im vergangenen Jahr war die Auftragslage wirklich herausfordernd, wir mussten für Bereiche der Produktion Kurzarbeit anmelden, auch wenn wir diese dann früher als geplant beendet haben. Es hat sich also alles in Grenzen gehalten, wir konnten die Kapazitäten an die Auslastung anpassen.

Plate: Unter dem Strich war nur ein kleiner Teil der Belegschaft betroffen, wir konnten Kollegen von einer Abteilung mit geringer Auslastung in andere Bereiche schicken, wo mehr zu tun war.

Technologie gegen China-Konkurrenz



„Es ist wie beim Elektroauto, die Konkurrenz aus China nimmt zu“, sagt Niels Plate, bei Dentsply Sirona in Bensheim verantwortlich für Forschung und Entwicklung. Chinesische Anbieter ziehen Wertschöpfungsketten zusammen, skalieren die Produktion und senken so die Kosten. Hinzu kommen noch niedrigere Löhne, Sozial- und Umweltkosten beziehungsweise -standards. Das Ergebnis: Billigpreise.

Plate, der 13 Jahre in China gearbeitet hat, nennt aber auch einen Unterschied. Im Vergleich mit dem Elektroauto, wo chinesische Anbieter die Batterietechnik dominieren, sei bei der Zahnarztausrüstung Europa und vor allem Dentsply Sirona technologisch vorne.

Auch und gerade in Sachen Digitalisierung der Zahnarztpraxis. Vom digitalen Scan der Zähne über die digitale Analyse und Konstruktion bis hin zur direkten Produktion von Kronen und Brücken in der Schleifeinheit oder von Bissschienen im 3D-Drucker – alles in einem Fluss und in einem und in direkt vor Ort in der Zahnarztpraxis. Keiner habe ein so breites Angebot wie Dentsply Sirona.

Und das alles cloudbasiert in Zusammenarbeit mit Google. Plate setzt auf den Apple-Effekt, alle Geräte aus einer Hand und miteinander vernetzt. Das soll die Effizienz in der Zahnarztpraxis erhöhen und den Betrieb kostengünstiger machen.

Und im Vergleich zur Asien-Konkurrenz könne Dentsply Sirona zudem mit Gerätesicherheit und Service punkten. Und allem voran mit Innovationen. Jüngstes Beispiel ist Primescan 2, ein sogenannter Intraoralscanner. Statt konventioneller Abdrücke werden digitale Abdrücke angefertigt, nahezu ohne Kontakt zu den Zähnen. mir

Und wurden auch Stellen abgebaut?

Julius: Von den rund 2200 Mitarbeitern hier am Standort haben am Ende rund 50 das Unternehmen verlassen. Das entspricht ein wenig mehr als zwei Prozent der Belegschaft. Wir konnten diesen Abbau über natürliche Fluktuation, Rente und Ähnliches bewerkstelligen. Zuvor wurden Verträge mit Leiharbeitskräften nicht verlängert.

Wie ist die Beschäftigungslage derzeit?

Julius: Wir haben letztes Jahr die Beschäftigung angepasst und sie ist seither stabil, das wird nach momentanem Stand auch in diesem Jahr so bleiben. Die Auftragslage hat sich zwar verbessert aber noch nicht deutlich verbessert. Wir sind vorsichtig optimistisch.

Also keine neuen Pläne für Kurzarbeit?

Julius: Nein, derzeit sehen wir keinen Bedarf und haben folglich auch keine Pläne dafür. Aber es hängt von Auftragsentwicklung ab. Übrigens gibt es auch keinen Einstellungsstopp. Wir suchen sogar neue Kollegen beispielsweise für die Bereiche Software und Qualitätssicherung.

Wie ist denn die Kapazitätsauslastung?

Julius: Je nach Bereich zwischen 50 und 70 Prozent

Und in normalen Zeiten?

Julius: Im Schnitt bei rund 80 Prozent.

Viele Unternehmen reagieren auf schwächere Geschäfte mit Sparkursen, unter anderem bei Investitionen, Sie auch?

Plate: Nein, auf gar keinen Fall. Wir haben weiter in neue Produkte, Lösungen und auch die Infrastruktur hier am Standort investiert, zuletzt mehrere Millionen Euro in Dachsanierungen und auch unsere neue Lkw-Zufahrt ist fertig. Und natürlich auch in Mitarbeiter, wir beschäftigen hier mittlerweile rund 350 Softwareentwickler.

„Wir suchen Azubis“



  • In den nächsten 15 Jahren geht bei Dentsply Sirona rund ein Drittel der Gesamtbelegschaft in den Ruhestand. Die Demografie macht auch hier nicht halt, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen.
  • Das Unternehmen steuert schon jetzt dagegen. Die Zahl der Azubis und der dualen Studenten liegt derzeit rund um die Hälfte höher als noch vor wenigen Jahren. Und die Suche nach künftigen Mitarbeitern geht weiter.„Wir suchen Azubis“, sagt Ausbilder Holger Weitzel.
  • Denn das Potenzial, aus dem geschöpft werden kann wird kleiner. Das Erwerbspersonenpotenzial in Deutschland wird bis zum Jahr 2030 um 1,5 Millionen Menschen sinken. Selbst mit Zuwanderung wird der Abwärtstrend anhalten. Hinzu kommt ein Mangel an qualifizierten Fachkräften.
  • Bei Dentsply Sirona wird unter anderem in der sogenannten Lernfabrik ausgebildet. Hier werden Arbeitsabläufe simuliert und Prozesse nachgestellt, vergleichbar mit einem Flugsimulator. Die Lerninhalte reichen von digitalen Produktionsabläufen, über Programmierung bis zu Qualitätssicherung und Entwicklung neuer Applikationen. mir

Die Konzernzentrale in den USA hat letztes Jahr ein Sparprogramm verkündet, zwischen 2-4 Prozent der Arbeitsplätze sollten abgebaut werden, wie hat es Bensheim getroffen?

Plate: Wir waren fast gar nicht betroffen. Wir konnten aufzeigen, dass das, was wir tun, Sinn macht.

Julius: Und wir konnten mit der Kurzarbeit auf die schwache Auslastung reagieren und Mitarbeitende und deren Kompetenz im Unternehmen halten..Natürlich haben wir immer die Aufgabe, möglichst effizient zu arbeiten. Dabei geht es aber nicht allein ums Kostensenken. Wir investieren, um unsere Produktivität zu erhöhen, das ist ein Unterschied. Zum Beispiel automatisieren wir Prozesse, die früher manuell gemacht wurden.

US-Konzernmütter haben die Eigenart in guten Zeiten, die Töchter in Ruhe zu lassen, in schlechten sich aber umso mehr um sie zu kümmern. Wie ist das bei Dentsply Sirona?

Julius: Das Verhältnis ist sehr gut, wir sind das größte Werk im Konzern. Das Vertrauen der Konzernspitze ist eindeutig da. Wir machen uns keine Sorgen um den Standort.

Wie stellt sich derzeit der Markt dar, investieren Zahnärzte in ihre Praxisausrüstung?

Plate: Die Märkte haben sich stabilisiert, bleiben aber herausfordernd. Gleichwohl gelten langfristige Trends, die unser Geschäft beeinflussen unverändert. Es gibt viele Zähne, die behandelt werden wollen und die Menschen werden älter, die Nachfrage nach zahnärztlichen Leistungen ist da und wächst. Und wir können Lösungen für mehr Effizienz in der Praxis liefern.

Gab es in der Corona-Zeit oder danach Veränderungen?

Plate: Ja, während Corona wurde in den Praxen mehr in Hygiene investiert und der Bestand an Instrumenten wurde kräftig aufgestockt. Dieser Bestand war nach Corona noch da, und die Nachfrage ging wie erwartet zurück. Solche Instrumente halten drei bis fünf Jahre. Wir sind noch nicht ganz auf dem Vor-Corona-Niveau, aber ich bin mir sicher, dass wir es wieder erreichen werden.

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Wann und wie?

Plate: Wir haben mit unserer neuen digitalen Plattform DS Core das breiteste Portfolio im Markt. Je nach Marktlage wird sich das in zwei bis fünf Jahren auszahlen, da an der weiteren Digitalisierung der Zahnheilkunde kein Weg vorbeiführt. Die Saat ist sozusagen ausgebracht. Die Ernte unserer Investitionen und Innovationen wird kommen, da sind wir auf einem guten Weg, haben eine gute Basis geschaffen. Bis dahin investieren wir weiter in Innovationen und konzentrieren wir uns auf die Produktivität, bei uns und bei unseren Kunden in den Zahnarztpraxen.

Und wenn die Saat aufgeht, zahlen sie wieder mehr Gewerbesteuer in Bensheim?

Julius: Wir zahlen das, was wir schulden. Wir sind auch nicht unglücklich, wenn wir mehr Gewerbesteuer zahlen, denn das heißt, dass das Unternehmen erfolgreich ist. Die Gewerbesteuer hängt bekanntlich vom Gewinn ab.

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