Gesundheit

Cannabis-Prävention an Schulen: Aufklärung statt Tabu

In dem Präventionsprojekt wollen Fachkräfte mit einem "grünen Koffer" interaktiv mit den Schülern im Kreis Bergstraße ins Gespräch kommen.

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Der Heppenheimer Internist Heiko Mikkat (rechts) erklärte den Schülern die gesundheitlichen Risiken des Cannabiskonsums. © Thomas Neu

Bergstraße. Auf dem Schulhof einen Joint drehen und ihn anschließend rauchen? Diese hypothetische Situation ist seit der Teillegalisierung von Cannabis im April des vergangenen Jahres natürlich nicht möglich.

Aufgrund der Gesetzesänderung ist die Prävention an Schulen jedoch wichtiger denn je, um Jugendliche in Anbetracht der gestiegenen gesellschaftlichen Akzeptanz über die Risiken des Konsums aufzuklären und problematischen Gebrauch frühzeitig zu verhindern. An der Martin-Buber-Schule in Heppenheim widmete man diesem Thema eine Unterrichtsstunde mit anschließendem Pressegespräch, um das Bewusstsein der Jugendlichen für den Konsum von Cannabis zu schärfen.

Cannabis-Legalisierung und Präventionsmaßnahmen

Der zweite Kreisbeigeordnete Matthias Schimpf erklärte in seiner Ansprache, dass Cannabis durch die Teillegalisierung „aus der kriminellen Ecke“ herausgeholt worden sei, was die Versuchung, die Droge auch unter 18-Jährigen zu konsumieren, verstärke. Deshalb sei es besonders wichtig, dass die Schüler genau wüssten, worauf sie sich einließen. „Es sollte keine Moralisierung, sondern Aufklärung stattfinden“, betonte der Grünen-Politiker.

Schulleiter Tobias Diehl berichtete, dass an seiner Schule bereits ab der siebten Klasse ein Suchtpräventionsprogramm angeboten werde. Zudem habe er mit der Suchtpräventionsbeauftragten Julia Pavic eine kompetente Beraterin an seiner Seite. Schimpf unterstrich, dass Schulen heutzutage mehr als nur Lernorte seien. Prävention habe die Aufgabe, Erziehung, Bildung und Achtsamkeit gegenüber sich selbst und anderen zu fördern.

Der Heppenheimer Internist Heiko Mikkat beteiligte sich ebenfalls an der Veranstaltung und erklärte den Schülern, dass Cannabis trotz seiner Legalisierung nach wie vor eine Droge sei. Die Grenze, ab wann der Konsum bedenklich werde, sei für jede Person individuell. Daher sei der Umgang mit der Droge besonders wichtig. „Man muss die Risiken kennen, um Substanzmissbrauch entgegenzuwirken“, so Mikkat. Für ihn stehe fest, dass die Legalisierung die Zugänglichkeit erhöhe. Dennoch sei Aufklärung wirksamer als ein Verbot. Wer die Erfahrung mit Cannabis machen wolle, sollte sich zudem fragen, welche Alternativen es zum Drogenkonsum gebe.

Prisma-Leiterin Nikita Girard hob hervor, dass bei der Aufklärung über Cannabis auch die sozialen Medien wie TikTok oder Instagram einbezogen werden müssten. Zudem sei ein guter Kontakt zu Suchtpräventionsstellen von großer Bedeutung. Auch das Jugendamt arbeite eng mit diesen Stellen zusammen, um problematischen Drogenkonsum frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Schüler setzten sich aktiv mit Cannabiskonsum auseinander

Während einer Unterrichtsstunde kamen die Schüler mithilfe des „Grünen Koffers“ interaktiv mit Fachkräften ins Gespräch. Bei der Konsumtypen-Rallye setzten sich die Jugendlichen mit den Gründen für Cannabiskonsum auseinander. Sie ordneten fiktiven Personen verschiedene Motive zu – etwa Neugier, Stressbewältigung oder Gruppenzwang – und reflektierten die möglichen Konsequenzen.

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Die Methode „Recht oder Unrecht?“ sensibilisierte für die rechtlichen Folgen des Cannabiskonsums. Anhand von Beispielen wie „Darf ich mit einer geringen Menge erwischt werden?“ oder „Welche Strafen drohen im Straßenverkehr?“ schätzten die Teilnehmenden die Gesetzeslage ein und erhielten korrekte Informationen. Darüber hinaus forderte das Gesundheitsbarometer die Teilnehmer auf, die gesundheitlichen Risiken des Cannabiskonsums einzuschätzen. Dabei verglichen sie ihre Einschätzungen mit den tatsächlichen, wissenschaftlich fundierten Risiken und wurden so für die kurz- und langfristigen Folgen sensibilisiert.

Das Präventionsprogramm, das von der Landesärztekammer Hessen initiiert wurde und in Zusammenarbeit mit Suchtpräventionsstellen sowie Schulen umgesetzt wird, erfreut sich auch an anderen Bergsträßer Schulen großer Beliebtheit. In diesem Jahr beteiligen sich die Langenbergschule in Birkenau und die Eugen-Bauchmann-Schule in Wald-Michelbach an dem Projekt.

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