Bergstraße. Wie muss Bildung in der heutigen Zeit aussehen? Welche Angebote fehlen, und wo gibt es Nachholbedarf? Der Kreis Bergstraße stellt sich diesen Fragen mit einer groß angelegten Bildungsinitiative. Das Projekt „Bergsträßer Bildungskommune“ hat das Ziel, die Region zu einem Vorreiter für lebenslanges Lernen zu machen – und setzt dabei auf die direkte Mitwirkung der Bürger. Dazu wurde eine Bildungsumfrage durchgeführt, an der von Mai 2024 bis Februar 2025 insgesamt 1.080 Personen teilnahmen, darunter 729 Erwachsene und 351 Schülerinnen und Schüler. Die Befragten konnten ihre Einschätzungen zu bestehenden Bildungsangeboten sowie ihre Wünsche für neue Formate äußern.
Zentrale Erkenntnisse der Umfrage
Die Ergebnisse zeigen klare Trends: Viele Erwachsene sehen in der politischen Spaltung, der Fachkräftesicherung und der Digitalisierung zentrale gesellschaftliche Herausforderungen, auf die Bildung vorbereiten sollte. Besonders hoch im Kurs stehen Angebote zu Alltagskompetenzen, wie der Umgang mit Geld, Steuern und Versicherungen. Ebenso besteht ein Bedarf an mehr Begegnungsmöglichkeiten und generationsübergreifendem Austausch.
Bei den Jugendlichen stehen praktische Berufsorientierung und lebensnahe Unterrichtsinhalte im Fokus. Praktika und der Austausch mit Eltern und Freunden wurden als besonders hilfreich empfunden. Gleichzeitig fühlen sich viele Jugendliche jedoch unzureichend informiert und wünschen sich zusätzliche Unterstützung. Besonders gefragt sind zudem neue Schulfächer zur Digitalisierung, künstlichen Intelligenz und zum Umgang mit Verträgen und Versicherungen.
Bildungsexperten diskutieren Ergebnisse
Die Ergebnisse der Umfrage wurden in einer Gesprächsrunde mit Vertreterinnen und Vertretern regionaler Bildungseinrichtungen diskutiert. Iwona Cissarz, Leiterin der Kreisvolkshochschule (KVHS), betont, wie wichtig es sei, die Sichtbarkeit der KVHS zu erhöhen und die Zusammenarbeit mit Schulen – insbesondere im Bereich Digitalisierung und Künstliche Intelligenz – weiter auszubauen. Auch Susann Hertz, Leiterin des Schulamts, hebt hervor, dass die Berufsorientierung an Gymnasien bereits gestärkt wurde. Dennoch müsse die Integration digitaler Themen in den Unterricht weiter vorangetrieben werden.
Fakten zur Bildungsumfrage
- Die Mehrheit der Teilnehmer ist erwerbstätig , sind zwischen 30 und 59 Jahre alt und kommt aus der Region Bergstraße .
- Ein Großteil der Schüler besuchen eine Schule im Ried und der Bergstraße und sind zwischen 15 und 19 Jahre alt .
- Insgesamt 1.080 Antworten , davon 729 Erwachsene und 351 Schüler.
- Erwachsene betonen die Bedeutung sozialer Kompetenzen und Werte wie Respekt, Toleranz und Verantwortungsbewusstsein.
- Schüler sehen Praktika und den Austausch im persönlichen Umfeld als besonders hilfreich für die Berufsorientierung an.
- Die Umfrage hat gezeigt, dass viele Bürger nicht ausreichend über die bereits vorhandenen Bildungsangebote im Kreis informiert sind.
- Bis zum Projektende im Jahr 2027 ein digitales Bildungsportal eingerichtet.
- Die Umfrage ist trotz der Erkenntnisse nicht repräsentativ .
Ein weiteres zentrales Ergebnis der Umfrage ist die Bedeutung von Praktika für die Berufsorientierung. Karin Weißhaar vom Kreis-Eigenbetrieb „Neue Wege“ sieht darin eine Bestätigung der bisherigen Maßnahmen. Besonders erfreulich sei, dass die 2023 eingeführte Praktikumswoche gut angenommen werde. Dabei können interessierte Schüler innerhalb von fünf Tagen verschiedene Unternehmen kennenlernen und erste Einblicke in die Arbeitswelt erhalten.
Um die Umfrageergebnisse in konkrete Maßnahmen zu überführen, finden zwischen März und Juni regionale Bildungskonferenzen statt. Diese bieten Bürgerinnen und Bürgern, Fachkräften und Bildungsexperten die Möglichkeit zum Austausch und zur Entwicklung neuer Lösungen. Die Veranstaltungen sind in vier Regionen unterteilt:
- 27. März: Bildungskonferenz Bergstraße in Lorsch
- 24. April: Bildungskonferenz Weschnitztal in Mörlenbach
- 20. Mai: Bildungskonferenz Odenwald und Neckartal in Wald-Michelbach
- 24. Juni: Bildungskonferenz Ried in Bürstadt
Digitales Bildungsportal in Planung
Neben Diskussionsrunden und Workshops wird das Galli-Theater aus Frankfurt die Konferenzen künstlerisch begleiten. Die Teilnehmenden setzen sich mit Bildungsfragen verschiedener Lebensphasen auseinander und erarbeiten Vorschläge für die Zukunft.
Parallel zur Bürgerbeteiligung setzt der Kreis Bergstraße auf digitale Innovationen. Bis zum Projektabschluss soll ein zentrales Bildungsportal entstehen, das sämtliche Bildungsangebote der Region bündelt und die Transparenz erhöht. Damit soll insbesondere dem Problem begegnet werden, dass viele Menschen nicht ausreichend über bestehende Bildungsangebote informiert sind.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/region-bergstrasse_artikel,-bergstrasse-bildung-umfrage-erkentnisse-_arid,2291577.html
