Biblis/Einhausen. Am Kraftwerksstandort in Biblis läuft der Rückbau der abgeschalteten Atommeiler. Für den Betrieb der dort befindlichen Zwischenlager ist die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) zuständig. Sie ist dabei, die Lagerung von Atommüll autark zu gestalten. BGZ-Standortkommunikatorin Genevieve Mulack stellte bei einer öffentlichen Veranstaltung in Einhausen die aktuellen Projekte in Biblis vor, die eine Entkoppelung des Lagerbetriebs vom Kraftwerk vorantreiben.
Kontakt zum BGZ
- Für den Zwischenlager-Standort in Biblis ist BGZ-Mitarbeiterin Genevieve Mulack zuständig. Bei Anfragen zum Beispiel für Führungen oder Schulbesuch ist sie unter E-Mail: genevieve.mulack@bgz.de erreichbar.
- Die Adresse der BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung mbH für den Standort Biblis lautet: Bei den Münchäckern 60, 68647 Biblis.
- Weitere Informationen zu den Aufgaben der BGZ gibt es unter www.bgz.deps
Die BGZ hatte zusammen mit der Arbeitsgruppe „Sicheres Zwischenlager Biblis“ und dem Ortsverband Bündnis 90/Die Grünen Einhausen zu diesem Termin eingeladen. Dabei berichtete Genevieve Mulack unter anderem über den geplanten Bezug des neuen Wach- und Funktionsgebäudes der BGZ in Biblis und verdeutlichte die Planungen und die bisherigen Maßnahmen.
Seit 2019 arbeite die BGZ darauf hin, die Zwischenlager unabhängig vom benachbarten Kraftwerk zu betreiben. Viele Baumaßnahmen, wie etwa eine eigene Strom- und Wasserversorgung, seien bereits umgesetzt. Ein Sicherungszaun rund um das BGZ-Gelände stehe kurz vor der Fertigstellung. Neue Büros und eine eigene Straßenzufahrt würden derzeit gebaut. Dafür investiere das Unternehmen umfangreich in den Standort und wachse auch als Arbeitgeber weiter.
39 Mitarbeitende sind bereits in Biblis tätig, die Zahl soll auf 70 steigen
„Aktuell beschäftigen wir in Biblis 39 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterschiedlicher Fachrichtungen“, sagte Mulack. „Dazu gehören Ingenieure, IT-Fachkräfte oder Strahlenschützer“, zählte sie auf. Aber auch Handwerksberufe seien gefragt. Zu Mulacks Vortrag, den sie mit Illustrationen ergänzte, gehörte daher auch ein Bild von einem Betriebsschlosser. „Im Rahmen unserer Pläne zum unabhängigen Betrieb bieten wir künftig am Standort moderne Büroräume für rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an.“
Deshalb wolle die BGZ mit ihren Veranstaltungen auch junge Menschen ansprechen, die sich möglicherweise ihre berufliche Zukunft im Bereich der Zwischenlagerung vorstellen können. „Wir kommen gern in Schulen, um Schülerinnen und Schüler unsere Arbeit vorzustellen“, betonte die Standortkommunikatorin. Dabei könnten Fragen zu verschiedenen Berufsbildern in Richtung Handwerk oder Studium beantwortet werden. Ein Arbeitsplatz dort sei sicherer als bei der Autoindustrie, kommentierte ein Veranstaltungsteilnehmer.
„Wir sind sicherheitsorientiert, nicht gewinnorientiert“, machte Mulack deutlich. Die bundeseigene BGZ wurde 2017 auf Grundlage des Gesetzes zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung gegründet. Die Kernkraftwerksbetreiber zahlten rund 24 Milliarden Euro in einen öffentlich-rechtlichen Fonds (KENFO) ein. Im Gegenzug trägt der Staat die Verantwortung für die Zwischen- und Endlagerung der radioaktiven Abfallstoffe. Für die Stilllegung und den Rückbau der Kernkraftwerke sowie die fachgerechte Verpackung der Abfälle sind weiterhin die Konzerne zuständig. Das betrifft auch die Finanzierung dieser Aufgaben.
Geplant ist, eine Genehmigung für eine längere Lagerung zu erhalten
In Biblis ist die BGZ für die drei Zwischenlager verantwortlich. In zwei davon lagert schwach- und mittelradioaktiver Atommüll. Die Castoren mit den abgebrannten Brennelementen sind hochradioaktiver Abfall. Die Genehmigung für diese Lagerung gilt bis 2046. Diese zeitliche Befristung sei eine politische Entscheidung gewesen, betont Mulack. Doch anders als angenommen, stehe bei Ablauf der Frist kein Endlager für hochradioaktiven Atommüll bereit. „Wir gehen davon aus, dass wir verlängern können“, so die BGZ-Sprecherin. Das soll frühzeitig beantragt werden.
Ein BGZ-Forschungsprogramm beschäftigt sich mit dem Langzeitverhalten von Castor-Behältern, von denen 108 in Biblis stehen. Die BGZ ist für alle Zwischenlager in Deutschland verantwortlich. Insgesamt befinden sich dort etwa 1.900 Castor-Behälter mit rund 10.700 Tonnen hochradioaktivem Atommüll. Offiziell soll jetzt im Jahr 2074 ein endgültiger Standort für ein deutsches Atommüll-Endlager festgelegt werden, darauf weist die AG „Sicheres Zwischenlager Biblis“ hin. Möglicherweise könne bereits Mitte des Jahrhunderts eine Lösung gefunden werden, sagte Mulack.
Räumung der Zwischenlager erfordert eine lange Vorbereitungszeit
„Allerdings heißt das nicht, dass die Zwischenlager bereits dann geräumt werden können. Die Vorbereitungen zur endgültigen Einlagerung werden Jahre dauern“, betonte Rainer Scheffler, Sprecher der AG „Sicheres Zwischenlager Biblis“, in der Einladung zu der Veranstaltung in Einhausen. „Wir können uns noch ewig darüber streiten, wer für das Atommüll-Problem verantwortlich ist. Dies ändert allerdings nichts an der Problematik, mit der wir umgehen müssen“, teilte Scheffler mit. Er konnte bei dem Termin nicht persönlich anwesend sein.
Ortsverbandsvorsitzende Hildegard Osterholt (Bündnis 90/Die Grünen) lobte die regionale Zusammenarbeit: „Das Engagement vor Ort sowie die regelmäßige und transparente Kommunikation der BGZ sind ein Mehrwert für die Bergstraße. Gemeinsame Veranstaltungen sind wichtig für die Information der Bürgerinnen und Bürger vor Ort.“ Genevieve Mulack wies darauf hin, dass auch Führungen vor Ort seien möglich. Sie frage außerdem bei Schulen nach, ob Interesse bestehe, dass sie dort über die Zwischenlagerung der atomaren Abfälle informiere. Die Schulen können sich auch jederzeit bei ihr melden.
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