Bergstraße. Am 15. April 2023 wurde in Deutschland der Atomausstieg abgeschlossen. Seitdem sind alle Kernkraftwerke vom Netz. Mit dem 1. Juni 2017 wurden bereits die beiden Blöcke im Kernkraftwerk Biblis stillgelegt. Die Atomanlage wird seitdem zurückgebaut. Seit Juni 2019 sind beide Reaktorgebäude kernbrennstofffrei. Alle Brennstäbe wurden in Castor-Behälter umgeladen und befinden sich im Standortzwischenlager, das 2006 in Betrieb genommen wurde. 2023 wurden die beiden Kühltürme des Blocks A zum Einsturz gebracht. Mittlerweile ist es politisch vergleichsweise ruhig geworden rund um das ehemalige Kraftwerk.
Vor 25 Jahren sah das noch anders aus. Da sorgte das Thema auch im Kreis Bergstraße und in den Zeitungsspalten des BA regelmäßig für heftige Diskussionen zwischen Kernkraftgegnern und -befürwortern. Mit Verweis auf „sicherheitstechnische Probleme“ hatte die hessische Atomaufsicht bereits 1997 ein Verfahren zur Stilllegung von Biblis A eingeleitet. Die Abteilung Reaktorsicherheit und Strahlenschutz des Bundesumweltministeriums verhinderte jedoch zunächst die von der hessischen Landesregierung bereits beschlossene Stilllegung per bundesaufsichtlicher Weisung.
Der BUND-Kreisverband Bergstraße bezeichnete im Januar 2000 den Bibliser Block A „als gebrechlichen Tattergreis unter Deutschlands Atomreaktoren“.
Das Land Hessen unter seiner damals neuen CDU-geführte Regierung lehnte im März 2000 eine Stilllegung des Atomreaktors Biblis A ab. Im selben Monat genehmigte das hessische Umweltministerium ein „Bereitstellungslager“ für Castor-Behälter auf dem Gelände des Kernkraftwerks Biblis, um den Transport abgebrannter Brennelemente ins Zwischenlager nach Ahaus vorzubereiten.
Am 14. Juni 2000 kam es zum „Atomkonsens“, einer Vereinbarung zwischen den Energieversorgungsunternehmen und der damaligen rot-grünen Bundesregierung. Diese leitete damit eines ihrer zentralen politischen Anliegen in die Wege.
Kontrovers diskutiert wurde das Thema im Kreis Bergstraße. Kein gutes Haar ließen die Abgeordneten von CDU und FDP am Atomkonsens. Mit Blick auf den Kraftwerksstandort Biblis beklagt der damalige FDP-Landtagsabgeordnete Roland von Hunnius: „Rot-Grün hat die Weichen für den Arbeitsplatzabbau gestellt.“ Der auch heute noch aktive Bergsträßer CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Meister wurde seinerzeit vom BA zitiert: „Die Argumentation von Rot-Grün, dass die Kraftwerke unsicher seien, ist von den Koalitionsfraktionen selbst widerlegt. Sonst wäre es höchst unverantwortlich, dass Reaktoren – abzüglich der bisherigen Produktionszeiten – 32 Jahre laufen dürfen.“
„Der ausgehandelte Kompromiss ist tragbar“, äußerte sich hingegen der damalige SPD-Landtagsabgeordnete Norbert Schmitt (SPD), der weiterhin unter anderem im Bergsträßer Kreistag politisch aktiv ist. Persönlich aber hätte er sich kürzere Laufzeiten gewünscht.
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