Bergstraße. Große Freude gepaart mit stellenweiser Ernüchterung beim Blick große blaue Balken in den ausgezählten Wahlbezirken: Die AfD fährt bei dieser hessischen Landtagswahl Rekordwerte ein – in fast allen Gemeinden der beiden Wahlkreise Bergstraße 54 und 55 liegt die Partei an zweiter Stelle hinter der CDU. Die Christdemokraten gehen als klare Sieger der Hessenwahl hervor: „Die Menschen sehnen sich nach Stabilität. Die Bürger haben unsere Arbeit der vergangenen fünf Jahre honoriert“, sagt Birgit Heitland. Sie sichert sich erneut das Direktmandat für ihren Wahlkreis 55, ebenso wie ihr Parteikollege Alexander Bauer im Wahlkreis 54.
Beim Umtrunk in der Bergsträßer Partei-Geschäftsstelle herrschte nach den ersten Hochrechnungen große Freude: „Seit 2018 haben wir uns massiv verbessert“, so Bauer. Nun sei man bereit für eine neue CDU-geführte Regierung mit einer weiteren starken Kraft. Gemeint dürften, mit Blick auf die Aussage, dass sich die schwarz-grüne Landesregierung bewährt habe, die Grünen sein.
Bauer betont jedoch: „Mit einem so guten Ergebnis verschieben sich die Machtverhältnisse im Landtag, die neu justiert werden müssen.“ Ein „Weiter so“ werde es also nicht geben. Von „sanfter Veränderung“, sprach Ministerpräsident Boris Rhein bei einer ersten Life-Schalte, die auch die Christdemokraten in Heppenheim verfolgten. Das scheint im Sinn der Bürger: „Mit unserem Programm haben wir den Nerv der Wähler getroffen“, freut sich Heitland.
"Schwierige Ausgangslage"
„Wir sind natürlich nicht zufrieden“, sagt Matthias Schimpf, Vorstandssprecher der Bergsträßer Grünen. Man habe im Vorfeld der Wahl die Hoffnung gehabt, Platz zwei zu erreichen. Dass diesen jetzt die AfD belegt, bezeichnet Schimpf als „erschreckend“.
Die Ursache für das schlechte Abschneiden seiner Partei sieht Schimpf im Bundestrend. Einen Zusammenhang zwischen Kommunen, in denen die AfD besonders gut abgeschnitten hat und einer hohen Zahl an dort untergebrachten Flüchtlingen kann er nicht erkennen. Die beiden Grünen-Direktkandidaten haben nach Einschätzung des Kreissprechers einen engagierten Wahlkampf geführt. Die Ausgangslage sei jedoch sehr schwierig gewesen. Chancen, über die Landesliste in den Landtag einzuziehen, haben Eric Tjarks und Mirja Mietzker-Becker nicht.
Gleiches gilt – trotz ihres guten Abschneidens – für die beiden AfD-Direktkandidaten Norbert Taufertshöfer und Karsten Bletzer. Nach Einschätzung von Thomas Fetsch, Sprecher des Bergsträßer AfD-Kreisverbandes, hat sich im hessischen Wahlergebnis in erster Linie die Bundespolitik niedergeschlagen. Dass seine Partei in einigen Kommunen im Kreis Bergstraße noch besser abgeschnitten hat als im Landesschnitt freue ihn natürlich. Positiv überrascht habe ihn, dass es auch in den Briefwahlbezirken, in denen die AfD üblicherweise schwächele, keinen Einbruch gegeben habe.
Von Ernüchterung, zumindest auf persönlicher Ebene, war bei der Wahlparty von Josefine Koebe (SPD) in Bensheim nichts zu spüren. „Das Direktmandat zu holen war eine utopische Vorstellung.“ Den Abend wolle sie nutzen, um die vergangenen Monate noch einmal Revue passieren zu lassen. Mit der fortlaufenden Auszählung schwand im Laufe des Abends auch die Hoffnung, über ihren Listenplatz noch in den Landtag einzuziehen.
Ob die FDP den Sprung in den Landtag schafft, war beim Gespräch mit FDP-Kreisvorsitzendem Till Mansmann noch nicht klar. Er zeigte sich enttäuscht und führt das Abschneiden der Liberalen auf die Kritik der Bürger an der „Ampel“-Regierung in Berlin zurück. ame/kel
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