Jubiläum - Feier der GdP mit Festrede, Grußworten und Ehrungen / Buntes Unterhaltungsprogramm mit dem Theater Roßdörfer Spätlese und dem Hesselberg-Duo

Bergsträßer Polizei-Gewerkschaft wird 70 Jahre alt

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ml
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Im Rahmen der Jubiläumsfeier der Gewerkschaft der Polizei wurden langjährige Mitglieder geehrt (v.l.): Hans Joachim Wolk, Jürgen Rusch, Helmut Kohlmann, Jürgen Siebel, Jörg Weitmann (Vorsitzender), Eric Grentzius, Jürgen Pfliegensdörfer, Stefan Rüppel (stellvertretender Landesvorsitzender). © Weinbach

Bergstraße. Der Saal im Gasthof Jäger in Heppenheim-Erbach war zur 70-Jahr-Feier der Kreisgruppe Bergstraße der Gewerkschaft der Polizei (GdP) bis auf den letzten Platz gefüllt. Vorsitzender Jörg Weitmann von der Polizeistation Lampertheim begrüßte unter anderem den Leiter der Polizeistation Lampertheim, Mathias Seltmann, die Landtagsabgeordneten Karin Hartmann (SPD) und Alexander Bauer (CDU) sowie den stellvertretenden GdP-Landesvorsitzenden Stefan Rüppel.

Die Feier wurde mitgestaltet durch die Theatergruppe Roßdörfer Spätlese mit ihrem Leiter Charly Braun, einem pensionierten Polizeibeamten. Die Gruppe, die bereits beim 60-Jahre-Jubiläum gespielt hatte, erfreute die Zuschauer mit humorvollen Gedichten, Liedern und Sketchen. Mit bekannten Volks- und Wanderliedern sowie Stimmungshits umrahmte das Hesselberg-Duo (Horst Mischler, Akkordeon, Norbert Weber, Gitarre) die Veranstaltung musikalisch.

Von Wachtmeistern, Demonstrationen und Streichkonzerten

Die Festrede zum 70-Jahre-Jubiläum der Kreisgruppe Bergstraße der Gewerkschaft der Polizei hielt GdP-Urgestein Norbert Weinbach. „Wir sind ‚Bürger in Uniform‘, sind Schutzfrauen und Schutzmänner“, sagt er zu Beginn – verbunden mit dem Leitspruch: „Die Polizei, Dein Freund und Helfer“.

Weinbach stellte aber auch gleich die Frage, ob das alles heute noch so seine Gültigkeit hat, oder, ob nicht mehr über Gewalt gegen Polizisten und andere Sicherheits- und Hilfskräfte geredet wird.

Der Referent erinnerte an die Anfangsjahre der GdP Bergstraße, die 1951 im „Hessischen Hof“ gegründet wurde. Keimzelle sei damals Lampertheim gewesen mit Heinz Münch als Vorsitzendem, mit Vertretern der Gendarmerie und der kommunalen Polizei. „Wachtmeister“ Hans Schäfer habe diese vertreten. Weinbach erinnerte daran, dass ein solcher Wachtmeister mit zwei Kindern im Jahr 1951 346,50 D-Mark im Monat verdient habe.

Etwa 60 000 Polizisten – Frauen gab es damals bei den Ordnungshütern noch nicht – hätten sich zunächst illegal zusammengefunden, da bis zum Jahr 1950 keine Polizeigewerkschaft ins Leben gerufen werden durfte. Legal sei die GdP erst 1950 gegründet worden, gegen den Willen der DGB-Gewerkschaft ÖTV, die für sich in Anspruch genommen habe, alleine den öffentlichen Dienst vertreten zu dürfen. Erst 1978 wurde die GdP zur eigenständigen 17. Säule im DGB.

Die GdP habe auch im Kreis Bergstraße im Laufe der Jahre Spuren hinterlassen, so Weinbach. Die Gewerkschaft habe sich, gemeinsam mit dem Personalrat für die sozialen Belange der Beschäftigten eingesetzt, versucht, Arbeitsplatzprobleme zu lösen, habe Informationen herausgegeben, Fortbildungsseminare veranstaltet, sich an Demonstrationen beteiligt zur Durchsetzung ihrer Forderungen, dass sich die Lage der Polizeibeschäftigten verbessern und dass das Ansehen der Polizei bei der Bevölkerung steigen soll. „Gewerkschaftsarbeit hat einen Anfang, aber kein Ende“, sagte Weinbach.

Die GdP habe in den vergangenen 70 Jahren für die Polizeibeschäftigten, Frauen und Männer der uniformierten Polizei, der Kriminalpolizei und der Verwaltung, viel erreicht. Vom einstigen „Büttel der Nation“ sei nach dem „Aufstand der Ordnungshüter“ in den 70er-Jahren die „Einheitslaufbahn“, vom Wachtmeister bis zum Polizeidirektor abgeschafft worden. Im Jahr 1991 führte die Politik die „zweigeteilte Laufbahn“ ein, mit Studium an der Fachhochschule und dem Einstieg als Kommissar. Nur auf dem Weg über die Qualifizierung konnte „das Bild des eigenverantwortlich handelnden, die Bürgerrechte schützenden und die innere Sicherheit gewährleistenden Polizeibeschäftigten gewährleistet werden“, hatte der frühere GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg festgestellt.

Norbert Weinbach erinnerte auch an Zeiten der Anti-Atomkraft- und Anti-Vietnamkrieg-Demonstrationen, an die mordende RAF, „bürgerkriegsähnliche Zustände an der Startbahn-West und in Brokdorf“. Dann habe es eine Zeit gegeben, als aus „Reformen Streichkonzerte der Politik“ geworden seien. Die Polizei habe all dies überwunden. Auch, wenn die GdP oft dicke Bretter mit einem dünnen Bohrer bearbeiten musste, so der Redner.

Weinbach kritisierte, dass die Polizei durch die hessische Regierung „privatisiert“ worden sei, dass Gebäude verkauft und wieder zurückgemietet, Werkstätten geschlossen und das Personal outgesourct worden seien. Die Verwaltung sei einem Hessischen Immobilien Management übertragen worden. Das alles sei für die Polizei teurer geworden. Polizei sei mehr ist als eine „Sicherheits-AG“, betonte Weinbach. ml

Michael Schweikert moderierte die Jubiläumsfeier mit lockerem Ton. Er erläuterte die zur Teilnahme an dem Abend geforderte Einhaltung der 2 G-Regel.

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Jörg Weitmann und Stefan Rüppel ehrten sechs GdP-Mitglieder für ihre langjährige Treue zur Gewerkschaft mit Urkunden, Ehrennadeln, einem Polizei-Teddy und einer Flasche Wein. Geehrt wurden Helmut Kohlmann (50 Jahre Mitgliedschaft), Hans Joachim Wolk (50), Jürgen Pfliegensdörfer (50), Jürgen Rusch (40), Jürgen Siebel (25), Eric Grentzius (25).

Nicht unter Generalverdacht

Karin Hartmann sprach in ihrem Grußwort von dem Anspruch der GdP, die Polizei vertreten zu dürfen. Die Gewerkschaft achte darauf, dass Recht und Gesetz eingehalten werden. Hartmann forderte, dass nicht alle Polizisten wegen einzelner Vorkommnisse in den eigenen Reihen unter Generalverdacht gestellt werden dürfen. Ein demokratisches Verhalten sollte den Anwärtern in der Ausbildung vermittelt werden. Die jungen Polizisten müssten wissen, dass sie „für die Bürger arbeiten und unpolitisch für deren Sicherheit eintreten“. Der Polizeiberuf sei aufreibend. „Die Mitarbeiter werden aber durch die GdP gut vertreten“, sagte Hartmann.

Alexander Bauer betonte in seinem Grußwort, dass er als Sprecher für Innere Sicherheit in der CDU-Fraktion die Probleme der Polizei kenne. Bei der Bergsträßer GdP sei er aber zum ersten Mal zu Gast. „Politik beginnt mit der Wahrnehmung der Wirklichkeit“, zitierte er die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel. Für ihn heiße das, Kontakte mit der Gewerkschaft zu pflegen. Die Polizei habe sich verändert, nicht alles sei gut geworden, manches aber besser. Insgesamt stehe die Polizei besser da als früher. Der von der Polizei geleistete Beitrag zur Sicherheit sei ein Maßstab für Lebensqualität. Er lud die Polizei ein, ihn einmal im Landtag zu besuchen.

Der aus Nordhessen angereiste stellvertretende GdP-Landesvorsitzende Stefan Rüppel hatte die Bergstraße zuvor nur beim Hessentag besucht. Er versicherte, dass Nord- und Südhessen wirkungsvoll zusammenarbeiten würden. Das habe sich vor allem bei den Berufsvertretungsstunden gezeigt. Hier hätten sich die Bergsträßer Kollegen engagiert gezeigt.

Insgesamt 203 000 Mitglieder

Seit dem Jahr 2018 sei es gelungen, zwischen 70 und 90 Prozent der Polizeianwärter für die GdP zu gewinnen. Insgesamt habe die GdP heute 203 000 Mitglieder. Sie vertrete alleine die Interessen der Polizei bei Tarifverhandlungen.

Mit Blick auf die Pandemie bemängelte er, dass die Polizisten zu Beginn unzureichend mit notwendigen Schutzmitteln ausgerüstet worden seien. In Nordhessen hätten pensionierte Kollegen aus ausgemusterten Polizeihemden 400 Atemschutzmasken genäht. Es habe lange gedauert, bis die Polizei mit Plastiktrennscheiben in den Büros ausgerüstet worden sei. Es sei dann aber zumindest gelungen, die Polizei-Mitarbeiter rechtzeitig gegen Corona impfen zu lassen. ml

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