Von Sina Roth
Bergstraße. Die Möglichkeit, auf die 2 G-Regelung umzustellen - also nur Geimpfte und Genesene zuzulassen - sorgt in der Gastronomiebranche an der Bergstraße nicht gerade für Jubel und Begeisterung. Eine einheitliche Lösung hätten sie sich gewünscht, stattdessen sehen sich jetzt einige von ihnen Anfeindungen ausgesetzt.
Christine Friedrich, Geschäftsführerin der Geschäftsstelle Südhessen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands in Heppenheim, steht in engem Austausch mit den Gastronomen der Region.
Wieder einmal gehe es von vorne los, so Friedrich. „Das dauerhafte Hin und Her belastet die Betriebsinhaber und Mitarbeiter. Aktuell herrscht noch totale Verwirrung“, berichtet Friedrich auf Anfrage. „Es gibt beispielsweise viele Nachfragen, ob die Datenerfassung jetzt wirklich nicht mehr erforderlich ist“, so Friedrich. Allgegenwärtig sei natürlich auch die Frage, ob man Gäste im 2G- oder 3G-Modell empfängt, ob das bei den räumlichen Gegebenheiten überhaupt möglich ist. „Manche fragen sich auch, ob sie, wenn sie mehrere Räume haben, in einem nach dem 2G- und einem nah dem 3G-Prinzip vorgehen können.“
Doch nicht nur für die Gastronomen, sondern auch für die Gäste bedeute das eine erneute Umstellung. Ein großes Problem beim Verständnis seien die anderen Regelungen in angrenzenden Bundesländern. Und oft sind es die Gastronomen, die erklären müssen, was jetzt erlaubt ist und was nicht. Dazu kommen Personalprobleme, die die Branche zusätzlich treffen, so Friedrich.
„Ob nur noch Geimpfte und Genesene kommen dürfen, ist letztlich eine Frage der der Wirtschaftlichkeit“, berichtet sie. Entscheidet man sich dafür, fallen beispielsweise Abstandsregeln und Maskenpflicht weg - das soll ein Vorteil für diejenigen sein, die es sich aufgrund bis dato geltender Regeln nicht leisten konnten zu öffnen oder gar nicht erst öffnen durften. „Die meisten Betriebe hatten allerdings bereits geöffnet“, berichtet Friedrich.
Auch Diskussionen mit Geimpften
Dazu kommt, dass Gastronomen, die sich für die 2G-Regelung entscheiden, mit Anfeindungen zu kämpfen haben - ein „No-Go“ für die Geschäftsführerin. Vonseiten der Politik müsse stattdessen eine klare Regelung her. „Es kann nicht sein, dass die Impf-Diskussion auf dem Rücken der Betriebe ausgetragen werden.“ Dabei seien bei weitem nicht nur Impfgegner schuld, wenn es um Anfeindungen gehe, weiß Friedrich: „Auch einige Geimpfte sind aggressiv.“ Das zeige sich beispielsweise im „neckischen Spiel“, wieso das Personal den Impfausweis sehen wolle. „Dauerhaft gibt es Diskussionen. Deswegen wäre eine einheitliche Regelung so wichtig. Idealerweise für jedes Bundesland einheitlich“, so Friedrich - wohl wissend, dass das wohl Wunschdenken bleiben wird.
„Die Gastronomen sind frustriert über die Diskussionen und müssen dennoch die Gäste freundlich bedienen. Ich frage mich dann: Wieso gibt es keine Impfpflicht, um die Impfquote zu erhöhen?“, so Friedrich. Auch innerhalb des Personals führe das dazu, dass sich Kollegen gegenseitig aufstacheln.
„Es ist eine schwierige Situation. Wir sind zwar froh, dass keine Datenerfassung mehr nötig ist. Aber dennoch muss weiterhin beispielsweise der Impfpass kontrolliert werden. Erschwert werde die Situation durch den Personalmangel. „Wir sind nicht grundsätzlich unzufrieden. Es ist gut, dass jetzt die Hospitalisierung statt der Inzidenz das entscheidende Kriterium für Maßnahmen ist. Trotzdem muss unsere Branche wieder herhalten.“
Tonia Drayß aus dem Back- und Brauhaus Drayß in Lorsch will bei dem 3G-Modell bleiben, 2G jedoch auch nicht komplett ausschließen. „Ich finde es sehr gut, dass es die Möglichkeit jetzt für kleinere Cafés und Bars gibt, für die es ansonsten nicht wirtschaftlich ist“, so Drayß. Für Erleichterung sorge bei ihnen die Tatsache, dass die Kontakterfassung jetzt nicht mehr nötig sei. „Bevor es die Luca-App gab, war das ein riesen Aufwand. Es waren Unmengen Papier, das einzeln zerschreddert werden musste. Und auch trotz der App hatten wir noch Kontaktformulare im Papierformat als Alternative für die Gäste.“
Wechsel, wenn es kühler wird
Aus dem Café am Kloster in Lorsch mit klapperndem Geschirr im Hintergrund berichtet Hans-Günter Drayß, dass er aktuell die Innenräume geschlossen hat und draußen die 3G-Regel gilt. „Sobald man draußen nicht mehr sitzen kann, werden wir aber auf 2G im Innenraum umstellen. Das ist für mich die einzige Option, die Corona-Regeln umzusetzen.“
Wenn man nicht mehr im Freien sitzen könne, sei die Nachfrage größer als das Platzangebot. Bei 50 Plätzen im Innenraum könne er bei 3G maximal die Hälfte, wenn überhaupt, besetzen. „Dazu kommt, dass wir eine extra große Theke und einen Thekenraum haben. Stehplätze sind übrigens auch nicht erlaubt. Jeder benötigt einen Sitzplatz. Und wenn Gäste beispielsweise Bekannte sehen, bleiben sie dort am Tisch stehen und unterhalten sich. Wie soll ich das verhindern?“
Marktverzerrung bei Kontrollen
Außerdem fallen bei 2G die Abstandsregeln weg und es muss keine Maske mehr getragen werden. „Und aus Gesprächen habe ich mitbekommen, dass sich die Kunden schon wohler fühlen, wenn sie unter Geimpften sind“, berichtet Drayß. Zwar könne es dann trotzdem noch zu einer Infektion kommen, die Wahrscheinlichkeit sei aber sehr viel geringer.
Diskussionen habe es bei ihnen im Café bislang weniger wegen der 2G- und 3G-Regelung gegeben, als wegen der Impfnachweise. „Es wäre schön gewesen, wenn beispielsweise ein Schild der Stadt auf die neuen Regelungen hinweist“, so Drayß. Dazu komme, dass laut einiger Gäste die Nachweise nicht überall entsprechend kontrolliert werden, sich Gäste bei ihnen dann über entsprechende Kontrollen ärgern und teilweise den Gastronomen verantwortlich machen. „Das ist bitter und sorgt für eine Marktverzerrung“, so Drayß.
Auch der Inhaber des Rossini in Bensheim,Toni Di Sciascio, hat sich für 2G entschieden. „Mir wäre es lieber, wenn es alle machen würden“, berichtet er auf Anfrage.
„Ich will niemanden diskriminieren“, betont er, eine andere Wahl habe er jedoch auch nicht, wenn er auch seine Mitarbeiter halten möchte. „Bei 3G könnte ich nur 20 der 40 Plätze im Innenraum besetzen“, erklärt Di Sciascio. Für ihn bedeute 2G doppelter Umsatz. „Die Personalkosten bleiben gleich. Und Leuten zu kündigen, ist keine Option. Ohnehin ist es schwer, Personal zu finden. Viele haben sich in der Pandemie umorientiert.“ Bis jetzt habe es bei ihm keine Anfeindungen gegeben. „Aber was soll ich auch machen? Ich wünsche mir auch, dass alles wieder normal ist.“
Das Restaurant bleibt geschlossen
Wieder anders sieht es aus im Schloss Auerbach. Geschäftsführerin Julia Pietralla berichtet: „Bei uns ändert sich nichts. Egal ob mit 3G oder 2G sind es momentan zu wenige Gäste. Dass es sich für uns rechnet, muss es voll sein.“ Und um den Betrieb so laufen zu lassen, fehle der Puffer. „Veranstaltungen bieten wir zwar an, das Restaurant bleibt aber geschlossen.“
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