Sport

Bei den Bundesjugendspielen sollen künftig keine Tränen mehr fließen

Einen Probelauf für die neue Form der Bundesjugendspiele hat in diesem Jahr die Carl-Orff-Schule in Lindenfels bereits durchgeführt.

Von 
Janine Ak
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Bergstraße. Ehren-, Sieger- oder nur Teilnehmer-Urkunde - fast jeder hat seine speziellen Erinnerungen an sie: die Bundesjugendspiele. An den Grundschulen gehören sie spätestens ab dem kommenden Jahr in der bisherigen Form der Vergangenheit an. Viele Schulen haben schon in diesem Jahr freiwillig einen Testlauf für die neue Form durchgeführt. Wir haben uns im Kreis Bergstraße umgehört, wie der so gelaufen ist.

Einen Probelauf für die neue Form der Bundesjugendspiele hat in diesem Jahr die Carl-Orff-Schule in Lindenfels bereits durchgeführt. Das sei vom Schulamt empfohlen worden, berichtet Sportlehrerin Ina Müller.

Positiv hätten sie und ihre Kollegen von der Fachschaft Sport wahrgenommen, dass die Disziplinen der klassischen Leichtathletik, in denen die Bundesjugendspiele durchgeführt wurden, nun flexibler auszugestalten seien. Zum Beispiel kann der klassische Weitsprung in die Sandgrube durch einen Hoch-Weitsprung mit Landung auf beiden Beinen auf einer Matte in der Halle ersetzt werden. „Das ist ein Vorteil, wenn man kein Stadion zur Verfügung hat oder wenn es regnet“, so Müller.

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Neu ist auch, dass nicht mehr auf den Zentimeter genau gemessen wird, wie weit ein Kind gesprungen ist oder den Schlagball geworfen hat. Die Grube wird in Zonen eingeteilt, für deren Erreichen es Punkte gibt. So gibt es beim Weitwurf zum Beispiel für bis zu zwei Meter einen Punkt, für bis zu vier Meter zwei Punkte, berichtet die Lehrerin. Sie sagt: „Für jüngere Kinder ist das Punktesystem gar nicht schlecht, weil sie mit zwei Punkten mehr anfangen können als mit 3,20 Metern.“

Auch die Art der Wertung sei weniger streng: „ Früher hatte man drei Versuche, von denen der beste gewertet wurde. Heute haben die Kinder bei Wurf und Sprung vier Versuche, von denen die besten drei zusammengerechnet werden.“

„Die Auswertung ist einfacher“

Sie und ihre Kollegin hätten sich oft getroffen, um die neuen Bundesjugendspiele vorzubereiten. Die Auswertung sei jetzt aber einfacher, „weil man die Weiten nicht mehr eingeben muss, sondern die Punktzahlen hat.“

Früher habe es zur Auswertung eine bundesweit einheitliche Punktetabelle gegeben. Die Schüler wurden dabei nach ihrem Geburtsjahrgang verglichen. Bei der neuen Form findet ein Vergleich nur noch innerhalb des Schuljahrgangs statt - wie bisher nach Mädchen und Jungen getrennt. Dabei ist festgelegt: Die besten 20 Prozent bekommen eine Ehrenurkunde, die nachfolgenden 50 Prozent eine Siegerurkunde und die restlichen 30 Prozent eine Teilnehmerurkunde. Ein Punkt, den Ina Müller am neuen System negativ findet: „Es gibt viel weniger Ehrenurkunden. Das ist schade für diejenigen, die leistungsstark sind.“ Aber das sei den Kindern gar nicht bewusst: „Sie hatten nicht mehr oder weniger Spaß als bisher.“

„Die Schulen sind viel flexibler“

Auch Sportlehrerin Antje Weinke von der Joseph-Heckler-Schule in Bensheim berichtet, dass die Schule schon in diesem Jahr die Bundesjugendspiele nach der neuen Form ausgerichtet hat. „Schulen ohne großen Sportplatz sind sehr viel flexibler“, sagt sie. So könne zum Beispiel der 30 Meter Sprint auch durch einen Staffellauf mit Hindernissen ersetzt werden. „Wir haben einen kleinen Sportplatz an der Schule, den wir sechs Wochen vorher zum Üben nutzen. Für die Bundesjugendspiele selbst gehen wir in das Weiherhausstadion“, berichtet sie.

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Auch Weinke meint, dass die neue Form der Spiele „für die Kleinen kindgerechter“ sei, weil die Regeln „nicht mehr ganz so starr“ sind. Neu ist, dass auch die ersten und zweiten Klassen an den Bundesjugendspielen teilnehmen dürfen. Weinke: „Sie waren aber an unserer Schule in diesem Jahr noch nicht dabei. Für sie findet wie bisher das Spiel-Sport-Fest mit verschiedenen Stationen statt. Nächstes Jahr werden wir diese Stationen in die Bundesjugendspiele integrieren.“

Das Fazit der Sportlehrerin: „Durch die abwechslungsreichere Ausgestaltung der klassischen Disziplinen der Leichtathletik werden die Bundesjugendspiele für die Schüler interessanter. Und durch die drei Varianten Leichtathletik, Geräteturnen und Schwimmen im jährlichen Wechsel stehen sie jedes Jahr vor einer neuen Herausforderung.“ Das Wichtigste aber: „Die Kinder hatten Spaß!“

„Es fließen jedes Jahr Tränen“

Schulleiterin Jutta Rothfritz von der Wingertsbergschule in Lorsch befürwortet die neue, weniger wettkampforientierte Form der Bundesjugendspiele sehr. Bisher „fließen jedes Jahr Tränen, ich hab’s nicht geschafft, ich bin ein Versager - da kann die Lehrkraft machen, was sie will“, berichtet sie. „Wir sind freudig gespannt, dass sich endlich etwas ändert. Aber wir haben das im Kollegium noch nicht besprochen, diskutiert und ausgearbeitet, dazu ist jetzt zuviel anderes zu tun. Das müssen wir im neuen Schuljahr machen“, berichtet sie. In diesem Jahr haben die Spiele noch in der alten Form stattgefunden.

Für die Erst- und Zweitklässler gab es bisher das Sportfest, das Rothfritz als positives Beispiel nennt, Schüler ohne zu großen Druck an Bewegung heranzuführen: „Die Kinder waren den ganzen Vormittag aktiv und sind glücklich nach Hause gegangen.“

Freude an Bewegung, gemeinsames Tun, sich für andere zu freuen und auch bei weniger positiven Ergebnissen nicht an sich zu zweifeln: diese Werte möchte Jutta Rothfritz ihren Schützlingen mitgeben. Das wird, so hofft sie, mit der neuen Form der Bundesjugendspiele besser möglich sein. Denn, so sagt sie: „Ob ein Kind sportlich ist oder nicht, es soll Spaß an der Bewegung haben.“

Nach den Berichten der Schulen zu schließen, die die neuen Bundesjugendspiele schon in diesem Jahr ausprobiert haben, ist auf jeden Fall für mehr Abwechslung gesorgt. Und auch Erst- und Zweitklässler müssen nicht mehr auf Feste ausweichen, sondern dürfen sich dem sportlichen Wettbewerb stellen. (jak)

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