Naturschutz

Bald summt es an der Bergstraße wieder: Die Maikäfer sind startklar

Von 
Sandra Bollmann
Lesedauer: 
Ein stattlicher Maikäfer auf einer Apfelblüte: eigentlich ganz hübsch – aber in großer Zahl ein echtes Problem für den Wald. © Berno Nix/sm

Bergstraße. Sie sitzen scharenweise im Erdreich und warten auf Wärme und Sonnenschein: Die Maikäfer sind bereit zum Ausschwärmen. Ab Ende April summt und brummt es wieder in der Region.

„Dieses Jahr ist ein Flugjahr“, kündigt Forstamtleiter Ralf Schepp an. Und gerade deshalb haben die Waldexperten im Frühjahr besonders viele kleine Bäumchen gepflanzt. Beim Pflanztermin an der Bürstädter Grillhütte erklärt Schepp die Hintergründe.

Victoria und Paul Blüm reisen dazu eigens aus Lampertheim über die Gemarkungsgrenze an. „Was, schon wieder Bürstadt?“, fragt der Metzgermeister lachend - winkt dann aber gleich ab. „Hauptsache, unsere Spende kommt an“, versichert er dem Forstamtsleiter.

Victoria Blüm und Alexander Schwanke setzen eine Stieleiche. © Berno Nix/sm

Zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren hat der Familienbetrieb Nachwuchs für den Wald spendiert. Victoria Blüm, leidenschaftliche Umweltschützerin und ebenfalls Meisterin im Metzger-Handwerk, wollte dem großen Kiefernsterben nicht untätig zuschauen und hat die Aktion „Fleischwurst für Future“ ins Leben gerufen: Pro verkauftem Wurstring spendet das Unternehmen einen Baum.

Diesmal sind es 700 junge Hainbuchen, Feldahorne und Co. Gemeinsam mit Referendar Alexander Schwanke setzt Victoria Blüm sorgfältig drei kleine Stieleichen in den Boden. Und hört dabei interessiert zu, was Ralf Schepp zu sagen hat. Der Forstamtsleiter nutzt mit Bedacht den Pressetermin, um auf das Problem hinzuweisen, das den Wald im Ried betrifft: Nicht nur der Klimawandel und besonders die vergangenen drei Dürresommer machen den Bäumen hier zu schaffen. Auch die Maikäfer stellen eine echte Bedrohung dar.

Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"

Vorsprung für den Nachwuchs

Alle vier Jahre wächst eine neue Generation heran und schwärmt aus. Drei Jahre brauchen die Engerlinge, um im Erdreich heranzuwachsen, Kraft zu tanken und sich dick und rund zu fressen. Dabei werden sie immer gefräßiger, schildert der Forstamtsleiter: Anfangs geben sie sich noch mit zarten Graswurzeln zufrieden. Nach zwei bis drei Jahren verlegen sie sich allerdings auf die nahrhafteren Baumwurzeln und können so ernsthafte Schäden verursachen. Im vierten Jahr verpuppen sie sich und schlüpfen dann als große, fliegende Brummer.

Mit den ausgedehnten Aufforstungen im Flugjahr verschaffen die Forstleute den frisch gesetzten Bäumchen also einen Vorsprung von zwei bis drei Jahren. Dann sollten sie ihr Wurzelwerk soweit ausgebreitet haben, dass sie den Engerling-Attacken genug entgegenzusetzen haben. Schepp ist zuversichtlich, dass der Plan aufgeht. „Bei uns in der Region ist die Population nicht ganz so groß“, erläutert er. Anders sieht es weiter nördlich, etwa im Raum Darmstadt oder auch Mörfelden-Walldorf, aus. Hier haben sich die Maikäfer so stark ausgebreitet, dass es zurzeit gar keinen Sinn mache, neuen Wald anzupflanzen.

Im Ried geben sich die Förster dagegen noch lange nicht geschlagen. Rund um die Bürstädter Grillhütte sind besonders viele Bäume den Hitzesommern zum Opfer gefallen. Allein hier entstehen sechs Hektar neuer Wald, erläutert Schepp: mit etwa 10 000 jungen Pflanzen pro Hektar. Bei insgesamt 150 Hektar kommt da einiges zusammen.

Mehr zum Thema

Gartenserie

Mit Hochbeeten kann man ganze Plätze an der Bergstraße begrünen

Veröffentlicht
Von
Daniela Hoffmann
Mehr erfahren
Gartenbauverein

Kräuter als Lebensraum für Insekten in Bensheim

Veröffentlicht
Von
Eva-Bambach
Mehr erfahren
BA-Freizeit

Rosen im Bergsträßer Garten: Die robusten Sorten der Königin der Blumen

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Spenden sind deshalb hochwillkommen, macht der Forstamtsleiter deutlich. Vor allem geht es ihm aber darum, bei den Menschen ein Bewusstsein zu schaffen für den Wald. Also erklärt er bei solchen Anlässen geduldig immer wieder, warum riesige Kiefernwälder einfach absterben: Weil die heißen und trockenen Sommer den Wald völlig ausdörren. Die Bäume bekommen nicht genug Wasser, sind geschwächt, und der tödliche Diplodia-Pilz kann sich ungehindert ausbreiten.

Besonders trifft das eher „verwöhnte“ Exemplare wie im Ried, die früher direkten Anschluss ans Grundwasser hatten. Die nächste Generation wächst nun unter viel schwierigeren Bedingungen heran. Und bildet von vornherein ein dichteres Wurzelwerk, um sich jedes Tröpfchen Wasser zu sichern.

Ob das trockene und heiße Wetter auch die Ausbreitung der Maikäfer begünstigt, ist nicht bewiesen - aber „denkbar“, macht Schepp deutlich. Auf jeden Fall - das haben Probegrabungen ergeben - ist diesmal mit deutlich mehr dicken Brummern zu rechnen als noch im Flugjahr 2018. (sbo/sm)

Redaktion Redakteurin "Südhessen Morgen", Schwerpunkt Bürstadt

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger