Von Daniela Hoffmann
Selbst die größte Betonwüste in der Stadt kann zur grünen Oase werden: Davon ist Theresia Kiefer, Kuratorin am Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen, überzeugt. Wie das geht, zeigt sie zusammen mit Kollegen und über 100 Hobbygärtnern auf dem Hans-Klüber-Platz direkt neben dem Museum. Das Urban-Gardening-Projekt ist inzwischen zu einem Erholungsort geworden – und zu einer Begegnungsstätte für Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft. In diesem Jahr feiert der Aktionsgarten sein zehnjähriges Bestehen. Theresia Kiefer erzählt von den Anfängen und will Stadtbewohnerinnen und -bewohnern Mut machen, einfach selbst zu Schaufel und Hacke zu greifen.
„Tatsächlich steht hinter dem Projekt die Idee, dass Menschen ihre Umwelt oder gesellschaftliche Verhältnisse durch Kreativität verändern können. Aktionskünstler Joseph Beuys hat sie entwickelt“, erklärt die Expertin die theoretischen Hintergründe. In Ludwigshafen wurde diese Idee auf 1000 Quadratmetern schnell sehr konkret – und der Hans-Klüber-Platz zum Experimentierfeld. Das Mittel der Wahl: Hochbeete, mit denen der Platz begrünt werden konnte. „Dazu braucht man eigentlich gar nicht so viel“, meint Theresia Kiefer. Die Ludwigshafener haben einige ihrer Hochbeete beispielsweise aus Paletten gezimmert, die Baumärkte ihnen gespendet haben.
Programm zum Jubiläum
Die Macher des Hackmuseumsgartens feiern in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen.
Unter dem Motto „Ein Garten für alle!“ haben sie dazu ein buntes Programm aufgelegt.
Die Eröffnung der Gartensaison mit Jubiläumsfeier findet am Mittwoch, 27. April, ab 17.30 Uhr statt.
Jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat gibt es ab 18 Uhr einen Gartentreff. Dieser dient als Plattform für all diejenigen, die bereits gärtnern oder Teil der Gärtnergemeinschaft werden möchten.
Weitere Infos finden Interessierte auf wilhelmhack.museum.de. off/ü
Diese hohen Exemplare wurden nach der klassischen Methode in Schichten gefüllt: ganz unten eine Schicht aus grobem Baum- und Strauchschnitt. Dann folgt eine Schicht aus Häckselgut vermischt zum Beispiel mit Laub, Stroh, Rasenschnitt oder auch Mist. Darüber kommt ein Muttererde-Kompost-Gemisch und schließlich eine Schicht, die von der geplanten Bepflanzung abhängt. Sollen dort mediterrane Kräuter gedeihen, nimmt man eine Kräutererde mit Sandkomponenten. Wer Gemüse anbauen möchte, füllt mit einem nährstoffreichen Gemüsepflanzsubstrat auf.
Eigentlich aber muss ein Hochbeet gar nicht so hoch sein. Hauptsache, ein Behältnis wandelt sich in ein Beet und grenzt sich von seiner Umgebung ab. „Genau das macht es nämlich praktisch für das Gärtnern im städtischen Umfeld“, sagt Theresia Kiefer. Denn eine größere Fläche mit offenem Erdreich braucht es damit nicht. So wurden Kräuter, Erdbeeren, Auberginen oder Artischocken-Pflanzen am Hackmuseum beispielsweise in Kisten gesetzt, die der Pfalzmarkt in Mutterstadt für das Kunstprojekt zur Verfügung stellte. Aber auch ausrangierte Koffer oder alte Wäschekörbe wurden mit Vlies ausgekleidet und zum urbanen Beet upgecycelt.
In Ludwigshafen leben Menschen aus rund 150 Nationen. Etwa 36 Prozent der Ludwigshafener Bevölkerung hat einen Migrationshintergrund. Das macht das Leben in der Stadt bunt – und auch den Museumsgarten vielfältig. So ist in einem der Hochbeete das Bibelgärtchen der evangelischen Stadtkirche entstanden. Daneben gärtnert eine türkische Familie. Eine Frau aus China baut Thai-Spinat an. In einer Tonne wachsen Kartoffeln, es gibt mexikanische Minigurken und ein Ratatouille-Beet.
„Unter unseren 140 Mitgärtnern sind viele junge Familien, aber auch Rentnerinnen und Rentner. Leute, die verschiedenen Religionsgruppen angehören – etwa den Sufis oder einer thailändischen Buddha-Gemeinschaft. Menschen aus Indien, Bangladesch, dem Iran, Polen oder der Ukraine“, berichtet Theresia Kiefer. Und viele der Migrantinnen und Migranten bringen gärtnerische Erfahrungen aus ihrer Heimat mit. „Das bereichert unsere Gemeinschaft beim Anbau von Obst, Gemüse oder Blumen. Wir feiern aber auch großartige Feste zusammen“, schwärmt die Museumsmitarbeiterin.
Mikroklima verbessert
Ganz im Sinne von Beuys wirkt der Garten im Herzen der Pfälzer Industriestadt so als Ort gelungenen interkulturellen Zusammenlebens. Es gibt jedoch noch mehr positive Aspekte. Seit der Garten angelegt sei, habe sich das Mikroklima am Hackmuseum verbessert, sagt Theresia Kiefer. „Wir haben hier inzwischen viele Vögel und Insekten. Sogar eine Gottesanbeterin haben wir schon entdeckt und wegen des Wasserbeckens haben sich Libellen beigezogen.“ Solch kleine Habitate lassen sich auch auf anderen Plätzen schaffen, ist die Kuratorin überzeugt. Aber auch auf einem Balkon oder in einem Hinterhof kann eine kleine Bienenweide entstehen. Warum also nicht einfach mal selbst ein Hochbeet kreieren? „Es lohnt sich“, ist Theresia Kiefer überzeugt. „Denn es verbessert auf jeden Fall die Lebensqualität.“ /ü
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