Bergsträßer Ansichtssachen

Umstrittenes Zeugnis der Baukultur der 1970er Jahre

Heute in den Bergsträßer Ansichtssachen: Das Fernmeldegebäude in der Fehlheimer Straße in Bensheim.

Von 
Thomas Neu
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Das Telekom-Gebäude in der Fehlheimer Straße in Bensheim während der Bauphase in den 1970er Jahren – aufgenommen von der rückwärtigen Seite mit der Westfront des Gebäudes. © Thomas Neu

Bergstraße. Die heutige Ausgabe der „Bergsträßer Ansichtssachen“ führt in die Fehlheimer Straße in Bensheim – zu einem Bauwerk, das wohl in keiner Liste der markantesten, aber auch umstrittensten Gebäude der Stadt fehlen dürfte. Das Fernmeldegebäude, errichtet Mitte der 1970er Jahre, steht exemplarisch für eine Zeit, in der Beton als Ausdruck von Fortschritt und Funktionalität galt. Es ist zugleich ein typisches Beispiel des sogenannten Brutalismus – jener Architekturrichtung, die auf klare Formen, rohe Materialien und technische Ehrlichkeit setzte.

Das Telekom-Gebäude in der Fehlheimer Straße heute – aufgenommen von der Nord-Ost-Fassade. © Thomas Neu

Links im historischen Foto sehen wir den massiven Rohbau während der Errichtung, festgehalten auf einer Aufnahme aus dem Stadtarchiv Bensheim, die dem BA von Claudia Sosniak zur Verfügung gestellt wurde. Damals entstand hier die neue Schaltzentrale der Deutschen Bundespost – der ganze Stolz moderner Kommunikation. Mitte der 1980er Jahre zog in das Fernmeldegebäude die digitale Vermittlungstechnik ein. Mit der letzten Umstellung des öffentlichen Telefonnetzes 1997 endete endgültig die Ära der analogen Vermittlung – und der einst enorme Platzbedarf für elektromechanische Wählschalter wurde überflüssig.

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Außen prangen zwei Relikte der Telekom-Geschichte: das magentafarbene „T“ des heutigen Konzerns und das stilisierte Posthorn – Symbol der ehemaligen Bundespost, jener Zeit, als Post, Bank und Fernmeldewesen noch unter einem Dach vereint waren. Anders als im historischen Bild, das von der Bahnstraße aus aufgenommen wurde, wurde diesmal die Vorderseite an der Fehlheimer Straße als Standort zum Fotografieren genutzt. Der ursprüngliche Blick auf die Westfassade ist heute durch dichten Baumbestand verdeckt, sodass der frühere Standpunkt von 1974 nicht mehr erreichbar war. So bleibt der graue Betonbau in der Fehlheimer Straße ein Stück Bensheimer Nachkriegsgeschichte – technisch bedeutend, aber architektonisch ein umstrittenes Zeugnis der Baukultur jener Zeit.

Freier Autor Thomas Neu ist freier Fotograf und Autor

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