Mannheim. Kaum ein politisches Projekt ist derzeit so umstritten wie das neue Heizungsgesetz, mit dem Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Wärmewende durchsetzen will. Habeck bekommt in der Koalition viel Gegenwind von der SPD und der FDP. Aber auch die Opposition wettert gegen das Vorhaben, das dafür sorgen soll, dass Heizungen, die ab 2024 neu eingebaut werden, zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Die Mehrheit der Deutschen steht dagegen hinter dem Projekt. 56 Prozent der Befragten im aktuellen Politbarometer der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen finden das Vorhaben gut.
Klimaschutz polarisiert stark
„Da könnte man jetzt einfach sagen: Mehrheit ist Mehrheit - aber im Detail ist das Meinungsbild sehr gepalten“, sagt Andrea Wolf von der Forschungsgruppe. Das fängt schon damit an, dass mit 39 Prozent ein starkes Drittel den Plan der Grünen ablehnt. Es gibt aber auch in den Parteianhängerschaften große Unterschiede. 92 Prozent aus dem Lager der Grünen wollen, dass das Gesetz kommt. 79 Prozent, die eher AfD wählen, würden das am liebsten verhindern. Dagegen gibt es in der Union und in der FDP jeweils zwei fast gleich große Blöcke. Bei der CDU-CSU haben die Gegner mit 49 gegen 44 Prozent eine relative Mehrheit, bei den Liberalen sind 50 Prozent dafür und 45 Prozent dagegen.
Auch innerhalb der Altersgruppen ist das Bild uneinheitlich. Die 18- bis 34-Jährigen sind mit 77 Prozent deutlich häufiger für den Einbau neuer Heizungen als die 35- bis 59-Jährigen (55 Prozent). Bei den Älteren befürworten nur noch 48 Prozent die Pläne. „Wenn wir allgemeine Fragen zum Klimaschutz stellen, wie das ja auch beim Heizungsgesetz der Fall ist, äußern sich die Befragten mehrheitlich positiv. Wenn wir aber fragen, ob es den Menschen zu schnell bei der Umsetzung der Maßnahmen für den Klimaschutz geht, gibt es keine klare Tendenz mehr in der Bevölkerung“, sagt Wolf. 42 Prozent ist das Tempo zu langsam, rund ein Drittel sieht das anders. Und wenn die Wahlforscher die Deutschen fragen, ob sie die finanziellen Belastungen des Klimaschutzes als zu hoch empfinden, ist es ähnlich. 48 Prozent sehen das so, 49 Prozent schätzen ihre Lage anders ein.
Spannungen bei den Grünen besonders hoch
„Die Umsetzung der Klimapolitik führt natürlich zu Verwerfungen. Deshalb ist das Spannungsfeld bei den Grünen besonders groß, sie gelten ja als die Klimapartei mit der höchsten Kompetenz und stehen bei der Kompromisssuche vor einem Dilemma. Sie müssen möglichst viele Menschen mitnehmen, aber das hat seine Grenzen“, sagt Wolf.
Die CDU/CSU und die FDP sollten sich aber nach Wolfs Einschätzung nicht zu sehr darüber freuen, dass die Grünen in der Sonntagsfrage einen weiteren Prozentpunkt einbüßen und Habeck in der Rangliste der beliebtesten Politikerinnen und Politiker auf den vorletzten Platz abstürzt. „Die Union und die Liberalen profitieren nicht von ihrer Kritik an der Klimapolitik der Grünen, es ist die AfD, die stark zulegt“, sagt Wolf und verweist darauf, dass das Spitzenpersonal dieser Parteien auch nicht mit seinen Sympathiewerten protzen kann, die bei Finanzminister Christian Lindner (FDP) und den Parteivorsitzenden Friedrich Merz (CDU) und Markus Söder (CSU) ebenfalls im Minusbereich liegen.
Den Grünen macht Wolf dagegen ein wenig Mut: „Die Zustimmung zum Heizungsgesetz kann auch noch zunehmen, die Details stehen ja noch gar nicht fest.“ Speziell Robert Habeck wird sich aber anstrengen müssen. Immerhin meinen aktuell nur noch 39 Prozent der Befragten, dass er seinen Job als Wirtschaftsminister gut macht. Im September vergangenen Jahres waren es dagegen noch 57 Prozent, die Habecks Amtsführung lobten.
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Union steht nicht hoch im Kurs
Obwohl die Unionsparteien im Politbarometer seit langer Zeit an der Spitze liegen - allerdings weit unter ihrem früheren Potenzial -, heißt das noch lange nicht, dass die Deutschen ihnen gerne die Verantwortung für die Regierungsarbeit in die Hände legen würden. Nur 22 Prozent der Wahlberechtigten würden sich besser fühlen, wenn die CDU/CSU die Machtzentrale übernehmen könnte. Ein Viertel erwartet von Merz & Co. eine schlechtere Leistung. Und knapp die Hälfte meint, dass es keinen großen Unterschied machen würde, wenn die Union in der Regierung wäre.
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Bergsträßer Anzeiger Plus-Artikel Kommentar Robert Habeck stürzt im Politbarometer tief ab