Ausstellung

Zwingenberger Motive in neuer Perspektive

Ludwig März stammt aus einem bekannten Zwingenberger Malerbetrieb, übernahm das elterliche Geschäft jedoch nicht und arbeitete als freier Fotograf.

Von 
Eva Bambach
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Im „Bunten Löwen“ zeigt der Zwingenberger Fotograf Ludwig März noch bis 8. Oktober seine Werke, die allesamt vor der digitalen Ära entstanden sind. © Thomas Zelinger

Zwingenberg. Zwingenberger Motive, fotografiert von dem Zwingenberger Fotografen Ludwig März, gibt es derzeit im Diefenbachsaal des „Bunten Löwen“ zu sehen. Die vom Förderkreis Kunst und Kultur organisierte Ausstellung begleitet visuell die „Zwingenberger Musikcollagen“.

Bei der Eröffnung der Fotoschau am frühen Freitagabend – vor dem ersten Konzert – konnte Bürgermeister Holger Habich viele Gäste begrüßen.

Viele Aufenthalte in Südamerika

Ludwig März stammt aus einem bekannten Zwingenberger Malerbetrieb, übernahm das elterliche Geschäft jedoch nicht und arbeitete als freier Fotograf.

Meilensteine seiner künstlerischen Entwicklung waren Aufenthalte in Südamerika, Assistenzen bei verschiedenen Fotografen und ein Gaststudium an der Hochschule Darmstadt.

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Als geradezu schicksalhaft erwies sich die Begegnung mit Fritz Grasshoff. Als der für mehrere Jahre in Zwingenberg lebende Schriftsteller und Maler, mit dem Ludwig März befreundet war, dessen Südamerika-Dias sah, war er sehr begeistert und gab dem viele Jahre Jüngeren den Anstoß, Fotograf zu werden.

Aber nachdem er schon seine Meisterprüfung im Malerhandwerk abgelegt hatte, machte Ludwig März keine reguläre Ausbildung mehr, sondern er suchte sich letztlich von überall her zusammen, was er brauchte.

Inspiriert von Fritz Grasshoff

1984 machte er sich selbständig und baute 1986 sein eigenes Studio aus. Einer der ersten gut bezahlten Jobs war eine sechswöchige Reise durch Argentinien, um dort – von der EU-finanziert – Fotos für die Tourismusförderung zu machen. Er bekam den Job, weil er die Fotos vorweisen konnte, die er auf seinen privaten Südamerika-Reisen gemacht hatte. Einen großen Teil seines Geschäfts machte später die Werbung aus.

Fotografiert hat März in den vergangenen Jahrzehnten aber nicht nur beruflich, sondern auch ehrenamtlich – seine schönen Kalender zugunsten der Bolivienhilfe Inti Runa sind in der Region sehr beliebt. Er betreibt auch Projekte wie „Köpfe der Bergstraße“, eine sehenswerte Reihe von Porträts von besonderen Menschen, die unsere Region prägen.

Die Reihe ist im Internet zu sehen und noch nicht abgeschlossen. Zu den Projekten gehören auch Bildbände, zum Beispiel mit Motiven aus Lorsch oder Zwingenberg.

Mit starkem Weitwinkel

Auch alle 13 im Bunten Löwen ausgestellten Fotos zeigen Zwingenberger Motive. Alle sind vor der digitalen Ära entstanden und also keinesfalls digitale Manipulationen. Trotzdem sind es Bilder, die das Auge normalerweise so nicht sehen kann. Daraus resultiert ihr Reiz.

März nutzt die optischen Linsen der Kamera dazu, eine neue Perspektive auf die bekannten Dinge zu entwickeln. Für die in den 1980er-Jahren entstandenen Ansichten war das ein starker Weitwinkel. Dadurch bringt er Dinge einander näher, die es in der Realität nicht sein können: Geradezu bedrohlich neigen sich die Kanten der historischen Häuser einander zu. Der Fotograf nutzt ein Phänomen, das Fotografen vermeiden wollen, wenn es ihnen zum Beispiel darum geht, Architektur abzubilden. Stürzende Linien entstehen, wenn der perspektivische Fluchtpunkt oberhalb des Motivs liegt. Weitwinkelobjektive verstärken diesen Effekt noch.

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Sucht man den Fluchtpunkt in den ausgestellten Fotos, dann liegt der irgendwo in der Unendlichkeit – im Himmel.

Die bei glasklarer Luft und ohne atmosphärische Schnörkel aufgenommenen Bilder lassen dabei keine Emotionalität oder gar Sentimentalität zu. Weit eher erinnern sie an ästhetische Sichtweisen des Konstruktivismus.

Von den heimatlichen Motiven ist meist so viel abgeschnitten, dass sie als verallgemeinerbare Formen gelten können. Andererseits ist noch genau so viel erhalten geblieben, dass Ortskundige sich den großen Spaß machen können, die Orte aufzuspüren, an denen die Motive aufgenommen wurden. Das funktioniert auch heute noch, weil fast alles noch erhalten und nur mitunter etwas verändert ist – obwohl die Fotos aus dem letzten Jahrtausend stammen. Die Ausstellung geht noch bis zum 8. Oktober und kann jeweils ab einer Stunde vor Beginn der Konzerte angesehen werden.

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