Veranstaltung

Europäische Weinprobe mit edlen Tropfen in Zwingenberg

Der CDU-Stadtverband und die Senioren Union Bergstraße hatten zur Verkostung eingeladen. EU-Betrachtungen des Europaabgeordneten Michael Gahler.

Von 
Eva Bambach
Lesedauer: 
Genossen europäischen Wein (v.l.) MdEP Michael Gahler, Peter Stephan (Senioren Union Bergstraße) und Sebastian Clever (CDU Zwingenberg). © Thomas Zelinger

Zwingenberg. Glas gegen das Licht halten, Schwenken, Nase rein und dann „das Maul voll nehmen“ – schließlich wolle man nicht nur wissen, ob ein Wein schmecke, sondern auch warum er schmecke, erläuterte Winfried Christ das Prozedere. Mit lockeren Sprüchen durchsetzt führte er versiert durch das Programm der „Politischen Weinprobe“, zu der die CDU Zwingenberg mit der Senioren-Union im Kreis Bergstraße in den Löwenkeller im Bunten Löwen eingeladen hatte.

Dass die rund 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer viele neue Kenntnisse mit nach Hause nehmen konnten, lag an dem profunden Wissen von Winfried Christ, der sich als Mitglied und zeitweiser Vorstand der Weingilde Bergstraße seit vielen Jahren mit dem Thema Wein beschäftigt.

Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"

Dennoch wurde der Abend nicht allzu akademisch. Zwischen den harten Fakten gab es auch immer wieder Fun Facts wie den Hinweis, dass für Goethe der Konsum von zwei Litern Wein am Tag nichts Ungewöhnliches gewesen sei.

Doch ging es bei der Weinprobe nicht nur um Alkoholisches, sondern vor allem auch um den Europawahlkampf. Der Vorsitzende des CDU-Stadtverbands Zwingenberg Sebastian Clever begrüßte dazu als Referenten Michael Gahler, der seit fast einem Vierteljahrhundert Abgeordneter der CDU für Hessen im Europaparlament ist und auch am 9. Juni wieder zur Wahl stehen wird.

Gute Kontakte zum ukrainischen Generalkonsulat in Frankfurt

Passend zum Thema standen fünf Weine aus der Europäischen Union zur Verkostung und dazu als spannendes Highlight ein Wein aus der Ukraine, der aus den bekannten Gründen zurzeit nicht im hiesigen Handel gekauft werden kann. Doch Michael Gahler ist als Ständiger Berichterstatter des Europäischen Parlaments zur Ukraine gut vernetzt und konnte den Wein über den Generalkonsul der Ukraine in Frankfurt besorgen.

Das Programm eröffneten Weine aus Frankreich, Italien, Spanien und Griechenland – und entgegen der allgemeinen Erwartung kamen hier nicht Rotweine zur Verkostung, sondern aus allen diesen Ländern Weißweine, von denen einige auch für manchen Weinkenner neu gewesen sein dürften.

Den Anfang machte Frankreich als zweitgrößtes Anbaugebiet der EU nach Spanien mit einem typischen Sauvignon Blanc von der Loire aus der Region Touraine. Das Auge erkannte eine strohgelbe Farbe, die Nase Aromen von Zitrusfrüchten und grünem Apfel, der Gaumen eine elegante Frische: „Ein Wein, mit dem man schnell auf Du und Du ist“, attestierte Winfried Christ. Europolitisches zum Thema Frankreich servierte Michael Gahler, dem auch die französischen Vokabeln akzentfrei von den Lippen kamen, hat er doch einst im burgundischen Dijon studiert.

Der Einfluss von Frankreich und Deutschland als Tandem habe der EU viel gebracht und auch in den Krisenzeiten des 21. Jahrhunderts funktioniert, umriss Gahler die Situation. Doch damit sei es leider vorbei, sagte er mit Blick auf das eher distanzierte Verhältnis von Olaf Scholz und Emmanuel Macron und beklagte das undiplomatische Verhalten des Bundeskanzlers gegenüber dem französischen Staatsoberhaupt etwa bei der Münchner Sicherheitskonferenz.

Deutsch-französisches Tandem soll Führungsrolle übernehmen

Doch ein deutsch-französisches Einvernehmen sei wichtig, beide Länder müssten die Führungsrolle in der EU zusammen übernehmen. Das bedeute nicht, dass alles gemeinsam geschehen müsse, etwa in der Rüstungsindustrie plädierte Gahler für getrennte Wege. Jeder solle das machen, was er am besten könne – Frankreich die Flugzeuge, Deutschland die Panzer. Mit Blick auf die politischen Machtverhältnisse in Frankreich äußerte Gahler Sorge vor der extremen Rechten, die mit Le Pen in Umfragen 30 Prozent erzielten. Gleichzeitig sei Frankreich in der bürgerlich-konservativen EVP der Europäischen Union unterrepräsentiert.

Als nächster Wein kam „der Chablis Italiens“ ins Glas, wie Winfried Christ erklärte. Die Rebsorte Cortese werde fast nur im italienischen Piemont angebaut und bringe die edelsten Weißweine hervor, die Italien zu bieten habe. Verkostet wurde als reinsortiger Cortese ein Gavi di Gavi. Die Nase erschnupperte weniger Frucht als beim Sauvignon Blanc, der Gaumen stellte eine gute Balance und stärkere Mineralität fest, ein Hinweis auf den Anbau auf Muschelkalk.

Mehr zum Thema

Zwingenberg

750 Flaschen zum Stadtjubiläum in Zwingenberg

Veröffentlicht
Von
red
Mehr erfahren
Veranstaltung

305 Euro für die erste Flasche des Jubiläumsweins

Veröffentlicht
Von
Thomas Tritsch
Mehr erfahren
Natur

Schmetterling sorgt bei Heppenheimer Winzern für Sorgen

Veröffentlicht
Von
nab/ü
Mehr erfahren

Zur Politik führte Michael Gahler aus, Italien sei als einer der Gründungsstaaten über die Jahre immer eine Stütze der EU gewesen und habe in Hinblick auf die Problematik Migration und Asyl an mangelnder Solidarität der Mitgliedsstaaten gelitten, was unter anderem das Erstarken der Rechten zur Folge gehabt habe. Jedoch seien die Fratelli d’Italia durch eine pragmatische Haltung zivilisiert worden, seit sie in Regierungsverantwortung stünden. Für die bevorstehenden Wahlen erwarte er eine deutliche Stärkung der Partei. Doch Georgia Meloni sei keine Sympathisantin von Putin und man nutze für die Erzielung von Mehrheiten auch die Stimmen der Fratelli.

Zur Asylpolitik allgemein sagte Gahler, man müsse künftig wieder „mehr Schengen praktizieren“: die Menschen an den Außengrenzen „vorsortieren“, um überall innerhalb der EU freie Grenzübergänge zu haben. „Fachkräfte werden wir reinlassen“, auch individuell Verfolgte und die von der Genfer Konvention gedeckten Migranten. Doch wer nur komme, weil es ihm wirtschaftlich schlecht gehe, müsse per Abkommen mit den Herkunftsländern wieder zurückgeführt werden: „Das ist alles nicht schön und tut einem in der Seele weh“.

Als edle Sorte aus Spanien machte Winfried Christ die Gäste mit einem Albariño aus Galizien bekannt, wo die Rebe an Pergolen gezogen wird. Die Nase fand Zitrustöne, Apfel, Birne und Melone – im Mund war vor allem die Melone präsent. Zur Politik sagte Michael Gahler, die Sozialisten hätten sich mit Sanchez „an die Separatisten rangewanzt“ und zuletzt dem umstrittenen Amnestiegesetz zugestimmt, um sich die Unterstützung der Katalanen im spanischen Parlament und damit eine Mehrheit für seine Regierung in Madrid zu sichern. Doch sieht Gahler für die EVP eine Perspektive, die wichtig sei, um Ursula von der Leyen Rückhalt durch eine Mehrheit im Parlament zu geben.

Spitzenwein aus Griechenland

Es folgte ein Spitzenweißwein aus der Region Attika in Griechenland. Die eigentlich vor allem auf Santorin angebaute Rebsorte Assyrtiko von einem kleinen Weingut nicht weit von Athen offenbarte deutliches, aber schön eingebundenes Holz und buttrige Töne mit ein wenig Aprikose. Zum Anbau erklärte Christ, dass die Rebstöcke gegen starken Wind häufig in Kuhlen gesetzt und niedrig gehalten würden.

Zu Politik und EU sagte Michael Gahler, das Land habe sich gut entwickelt, erinnerte aber an die Krisenzeit in Folge der Einführung des Euro in dem Land und den nicht eingehaltenen Stabilitätskriterien. Das Handeln von Merkel und Schäuble „war eine Rosskur, die wir denen verordnet haben“ und habe sich als erfolgreich erwiesen: „Wir haben nichts bezahlt und sogar was rausbekommen“, sagte er mit Blick auf die Verzinsung der Schulden.

Pinot Blanc aus der Region Odessa

Mit Spannung erwartet kam schließlich der Wein aus der Ukraine zur Verkostung, der auch von Winfried Christ noch nicht probiert worden war. Der Pinot Blanc (Weißburgunder) aus der Region Odessa stammte von einer 2020 von mehreren Kapitalgebern gegründeten Erzeugergesellschaft, die auf den europäischen Markt zielt. „Ganz neue Geschmacksnuancen“, stellte der Experte fest, mit einer Vielfalt von Aromen, darunter Kokos und Vanille.

Michael Gahler sagte, der „Kriegsverbrecher im Kreml“ habe die EU herausgefordert und zu einem neuen Handeln gebracht. Und es gehe nicht nur um die Ukraine. Putin führe auch Krieg gegen Europa, etwa mit dem Lancieren von Fake News und dem Hacken von sensibler Infrastruktur. Man sei „herausgefordert wie seit 1938 nicht mehr“.

Die Ukraine müsse entschlossen unterstützt werden, um ein Ausgreifen Putins Richtung EU zu verhindern. Mit einem roten Schlusslicht, einem Spätburgunder vom Zwingenberger Weingut Simon-Bürkle, endete die politische Weinprobe überaus genussreich und ging in ein gemeinsames geselliges Abendessen über.

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger