Zwingenberg. Der Magistrat der Stadt Zwingenberg hat Zweifel an der Aussagekraft einer schalltechnischen Untersuchung, auf deren Basis die Verkehrsbehörde des Landkreises Bergstraße die Anordnung von Tempo 30 auf der Bundesstraße 3 abgelehnt hat (wir haben berichtet). Das Gutachten ist Bestandteil einer Stellungnahme der Landesbehörde „Hessen Mobil“, die im Auftrag des Bundes dessen Bundesstraßen baulich betreut.
Der Magistrat habe diese schalltechnische Untersuchung nun als „unzureichend“ zurückgewiesen und beschlossen, „die zuständige Verkehrsbehörde des Kreises Bergstraße schriftlich aufzufordern, die offenkundigen Mängel dieser Untersuchung beseitigen zu lassen und zu den offengebliebenen Fragen Stellung zu nehmen“, heißt es aus dem Rathaus.
Lange Vorgeschichte
Die Zwingenberger Sozialdemokraten hatten im September dieses Jahres mit einer Anfrage in der Stadtverordnetenversammlung nachgehakt, was denn aus einer im Sommer 2022 mit großer Mehrheit beschlossenen Initiative des Kommunalparlaments geworden ist, die vorhandene Tempo-30-Zone im Bereich der Evangelischen Kindertagesstätte nach Norden auszuweiten. Die ernüchternde Antwort des Magistrats lautete damals: „Der Kreis hat geantwortet, dass kein Handlungsbedarf beziehungsweise keine Grundlage für verkehrsrechtliche Maßnahmen besteht.“ Als Begründung sei angeführt worden, „dass die Richtwerte der Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV) in dem Bereich eingehalten werden“.
Im Sommer vor zwei Jahren war ein CDU-Antrag beschlossen worden, den B 3-Abschnitt in Höhe der kirchlichen Kita (Heidelberger Straße 12), in dem statt 50 km/h nur noch 30 km/h gefahren werden darf, bis zur Einmündung Wiesenpromenade auszudehnen. Vorausgegangen war dem Beschluss eine Initiative der SPD, eine Tempo-30-Zone „von Norden kommend ab mindestens der Wiesenpromenade bis zum Kreisverkehr beim Rewe im Süden“ einzurichten. Überdies hatten die Sozialdemokraten angeregt, „diese Regelung nach Norden bis zur Einmündung der Annastraße fortzuführen“. Soweit rechtlich möglich sollte die erweiterte Tempo-30-Regelung nicht nur tagsüber, sondern auch nachts gelten. Für die SPD-Initiative fand sich allerdings keine Mehrheit.
Einigung auf den kleinsten gemeinsamer Nenner
Ebenfalls keine Mehrheit gab es seinerzeit auch für den Änderungsantrag der GUD, die Tempo-30-Zone in nördlicher Richtung bis zum Löwenplatz und in südlicher Richtung bis zum Kreisverkehr auszudehnen, die 30 km/h aber nur tagsüber in der Zeit von 7 bis 17 Uhr anzuordnen. Stattdessen einigte man sich auf den skizzierten CDU-Antrag als kleinsten gemeinsamen Nenner. Weil über die Geschwindigkeitsregelung auf der Bundesstraße die Stadt Zwingenberg – anders als bei ihren eigenen Ortsstraßen – nicht selbst entscheiden kann, stellte der Magistrat nach der Beschlussfassung im Sommer 2022 umgehend einen entsprechenden Antrag bei der Straßenverkehrsbehörde des Landkreises Bergstraße. Eben dieser Antrag war dann unter Verweis auf die Ergebnisse einer schalltechnischen Untersuchung abgelehnt worden, deren Ergebnisse der Magistrat nun anzweifelt.
Allerdings war es der Zwingenberger Stadtverordnetenversammlung mit ihrer Initiative nicht nur um mehr Lärmschutz, sondern auch um mehr Sicherheit durch mehr Tempo 30 gegangen. Zumindest die SPD hatte seinerzeit mit einer Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung argumentiert, in der geregelt werde, dass auf Bundesstraßen innerhalb von geschlossenen Ortschaften das Tempo „in sensiblen Bereichen“ auf 30 km/h beschränkt werden könne: „Im genannten Abschnitt der B 3 befinden sich die Passschule – ein Gebäude der örtlichen Grundschule (Anm.d.Red.) – und die Evangelische Kita. (…). Weiterhin befinden sich in diesem Bereich der Stadtpark und ein Kinderspielplatz mit Ausgängen zur B 3.“
Verweis auf die Schulwegplanung, die an der B 3 entlang führt
„Auf weitere mögliche Rechtfertigungsgründe geht der Kreis nicht weiter ein“, hieß es jedoch in der Magistratsantwort auf die jüngste Anfrage der SPD. Allerdings stelle insbesondere der Standort Melibokusschule keinen Rechtfertigungsgrund für entsprechende Maßnahmen dar, da sich diese in der zweiten Reihe parallel zur B 3 befinde und somit nicht als konkrete Gefahrenstelle gewertet werden könne, wurde abschließend aus dem Rathaus verlautbart.
Die SPD wollte sich mit der Antwort nicht zufriedengeben, sie verwies auf die Schulwegeplanung: „Die führt aber an der B 3 entlang.“ Am Ende nutzte aber auch die Intervention nichts: „Wir sind nicht die zuständige Behörde“, bat der damals noch amtierende Bürgermeister Holger Habich um Verständnis dafür, dass das Rathaus-Team und der Magistrat die falschen Ansprechpartner seien.
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