Vortrag

Geläuerter Geldwäscher plaudert in Zwingenberg von seiner Erlösung

Rückblickend spricht er von brutalen ethischen Aussetzern. Er sei nicht nur selbst kriminell geworden, sondern habe sich stets auch immer auf die Gier der anderen Menschen verlassen können.

Von 
Thomas Tritsch
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Josef Müller hat als Geldwäscher Millionen durchgebracht – und landete schließlich im Gefängnis, wo er nach eigenem Bekunden zu Gott fand. Am Freitag stellte er in der Zwingenberger Melibokushalle sein Buch vor. © Thomas Zelinger

Zwingenberg. Josef Müller hat Gott im Gefängnis kennengelernt. Denn hinter Gittern fiel der Millionär und Jet-Setter in ein tiefes Loch. Es war das Ende einer schnellen Reise zu den oberen Zehntausend: Geld, Yacht, Autos und Frauen.

Als Honorarkonsul von Panama und Steuerberater mit lukrativen Nebengeschäften hatte er sich in die Welt der Schönen und Reichen hinaufgearbeitet. Die Münchner Schickeria vertraute ihm viel Geld an – und Müller hat es komplett durchgebracht. Insgesamt rund 7,5 Millionen Euro.

Nach einem Unfall im Rollstuhl

Einen amerikanischen Drogenbaron erleichterte der gebürtige Bayer um 40 Millionen US-Dollar. Damit wurde es lebensgefährlich. Als der Dealer bei ihm anklopfte, saß er gerade im Knast. „Das war der zweite große Glücksmoment in meinem Leben“, sagt Müller in Zwingenberg. Der erste war, als er mit 17 Jahren durch einen Sekundenschlaf im Auto im Graben landete. Fünf Mal hatte sich der Wagen überschlagen.

Seither sitzt der heute 67-Jährige im Rollstuhl. Während seiner Haft hat der reumütige Superbetrüger Theologie studiert – und zu Gott gefunden. Jetzt tourt er als Redner durch die Lande. Vor allem durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. „Ziemlich bester Schurke: Wie ich immer reicher wurde“ heißt sein aktuelles Buch, das demnächst auch verfilmt werden soll.

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Der Christliche Verein Junger Menschen (CVJM) Zwingenberg hatte in Kooperation mit der Initiative „Christen an der Bergstraße“ zu einer Veranstaltung mit dem Buchautoren und Redner in die Melibokushalle eingeladen. Das Interesse war enorm. Am Freitagabend blieben kaum noch Plätze frei, als der Ex-Millionendieb über seine Biografie plauderte, die wahrlich genügend Stoff für das Kino bietet. Denn der Aufstieg eines gutbürgerlichen Starnberger Steuerberaters in den internationalen Jet-Set schreit buchstäblich nach einem großen Publikum.

Müllers Buch ist nur auf den ersten Blick ein schillerndes Gangster-Epos. Hinter dem Abdriften eines Normalos zum gierigen und dekadenten Geschäftemacher im Halbdunkel der Finanzwelt verbirgt sich ein klares Bekenntnis zum christlichen Glauben. Seine Story ist das Geständnis eines reichen Mannes, der erst alles verlieren musste, um den wahren Reichtum zu finden.

„Ich hatte alles, aber mein Herz war nicht glücklich“, sagte er etwas pathetisch in Zwingenberg, doch ein Buch muss auch verkauft werden. Der Eintritt zur Veranstaltung war frei, die Spenden des Abends gingen an eine Stiftung namens „Jesus saved my life Ministry“.

Nicht das Evangelium verkünden

Er wolle nicht das Evangelium verkünden, sondern nur seine Geschichte erzählen, schob Müller voran. Bis zur Wandlung vom Saulus zum Paulus erlebte er einen veritablen Raketenstart an die Sitze der Gesellschaft, wo er im Luxus lebte und immer wieder Menschen kennenlernte, die ihm auf die nächste Stufe halfen.

Seine Telefonnummer wurde im Golfclub gehandelt, die Leute überwiesen ihm größere Summen, denn es hieß überall: „der Müller vermehrt dein Geld!“ Und er will auch heute nicht abstreiten, dass man mit 20 Millionen auf dem Girokonto durchaus beruhigt in den Tag startet – auch, wenn die Kohle einem nicht gehört.

Aus dem kleinen – und ehrlichen – Steuerberater wird ein menschlicher Geldtransporter, als er über einen Bekannten an einen Amerikaner gerät, den er heute Bruce nennt. Der vermeintliche Sohn reicher Werftbesitzer in Florida, der sein Erbe in Bar über den Atlantik schaffen und in Europa anlegen möchte, hieß es.

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Müller kauft sich fünf große Hartschalenkoffer, einer ist für seine Klamotten bestimmt. Vier Millionen in großen und mittelgroßen Scheinen reisen mit ihm von Miami nach München. Das war Ende der 80er Jahre. Zehn Mal fliegt er über den Ozean, am Ende sind es 40 Millionen Dollar. Der Deutsche investiert das Geld an der Börse, in Devisen, Immobilien und Unternehmensbeteiligungen.

Sein Leben verändert sich. Er hat zwei Rolls-Royce, Yachten in Monte Carlo und Mallorca sowie Bodyguards, Fahrer und gute Beziehungen, sogar bis ins englische Königshaus. Die Sucht nach mehr hielt ihn auf Trab. „Gier frisst Hirn.“ Doch wer an der Börse mit amerikanischen Mafia-Geld spekuliert, muss mit Konsequenzen rechnen – das weiß er heute.

Vom FBI gejagt

Josef Müller wurde vom FBI gejagt und schließlich 2005 im Wiener Hotel Le Meridien verhaftet. Er wurde wegen schweren Betrugs vom Münchner Landgericht verurteilt und verbüßte ab 2007 eine fünfeinhalbjährige Haftstrafe im Gefängnis Stadelheim und der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech ab.

Bereits 1994 wurde Müller zu viereinhalb Jahren Gefängnis verknackt, unter anderem wegen Steuerhinterziehung. Allerdings musste er die Haft nicht antreten, da er aufgrund seiner Gehbehinderung Haftverschonung erhielt.

Rückblickend spricht er von brutalen ethischen Aussetzern. Er sei nicht nur selbst kriminell geworden, sondern habe sich stets auch immer auf die Gier der anderen Menschen verlassen können. Erst in Stadelheim habe er seiner wahren Sehnsucht Raum geben und diese identifizieren können, so Müller in Zwingenberg.

Er sei von Killern gejagt und von Jesus gefunden worden. Heute führe er ein sinnerfülltes Leben in und mit Gott. Als Müller im August 2010 entlassen wurde, sei er ein vollkommen neuer Mensch geworden, sagt er. 37 Kilo leichter, und um eine entscheidende Gewissheit reicher.

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