Raidelbach. Bei strahlendem Sonnenschein versammelte sich die evangelische Kirchengemeinde Gadernheim auf dem Hof der Familie Krichbaum in Raidelbach zum Erntedank-Gottesdienst. Vor dem großzügigen, sonnendurchfluteten Boxenlaufstall der 120 Milchkühe stand der Posaunenchor aus Reichenbach und Gadernheim bereit, um den Gottesdienst musikalisch zu begleiten.
Statt auf den üblichen Kirchenbänken durften die Gottesdienstbesucher auf großen Strohballen Platz nehmen. Der Altar, ebenfalls ein Strohballen, war mit Kreuz, Parament und Bibel vorbereitet. Ein hölzernes Wagenrad schmückte die Erntegaben. Dazu kamen 120 Milchkühe, die sich in ihrem Boxenlaufstall frei bewegen konnten und die Geier und die vielen Besucher interessiert – vielleicht auch ein wenig irritiert – beobachteten.
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Pfarrerin Marion Mühlmeier begrüßte die über 100 Gottesdienstbesucher. Ihre Freude, diesen besonderen Gottesdienst leiten zu dürfen, war deutlich zu spüren. „Wie reich ist es hier heute geschmückt. Hier wird spürbar, wie viel Arbeit in der Landwirtschaft steckt. Das sieht man“, sagte Mühlmeier.
Mit allen Sinnen erlebten die Gottesdienstbesucher den Erntedank. Er ist der Dank für die harte Arbeit der Landwirte und für den Segen Gottes, der das Wachsen und Gedeihen geschenkt hat.
„Der Reichtum, den ich und wir vor uns sehen, ist ein geschenkter Reichtum. Gottes Güte ist groß, und aus seiner Güte gibt er uns, damit wir säen und ernten. Auf dem Feld und in unserem Leben. Denn wir sind beschenkt von Gott“, führte Mühlmeier die Gemeinde zu der Frage, die den Gottesdienst prägte: „Wie wird mein Leben reich?“ Als Predigttext diente das Gleichnis Jesu vom reichen Kornbauern aus dem Lukas-Evangelium.
Ein bornierter Bauer
Der Kornbauer, der eine gute Ernte eingefahren hatte, machte sich nur Sorgen darüber, wie er alles lagern sollte. Eigentlich ein ganz normaler Gedanke, planvoll und nachhaltig gedacht. Warum bezeichne Jesus dieses Verhalten als dumm, fragte die Pfarrerin. Das erschließe sich erst auf den zweiten Blick: „Der Kornbauer denkt bei all seinen Überlegungen, bei all seinem Tun nur an sich. Er spricht mit sich selbst. Er denkt nur an sich. Er denkt nicht an andere, nicht daran, wie andere an seinem Reichtum teilhaben können.“
Den Reichtum, den Gott schenke, für sich zu horten und nicht zu teilen, das nenne Jesus eine Dummheit. Denn das Leben des Menschen sei begrenzt. „Das letzte Hemd hat keine Taschen“, sagt der Volksmund.
Der wahre Reichtum liege in der Dankbarkeit, so Mühlmeier. „Wenn ich mir bewusst mache, wofür ich in meinem Leben dankbar bin, dann sehe ich das Leben anders. Ich sehe weiter und tiefer. Wenn ich erkenne, wie reich ich beschenkt bin, dann erkenne ich meine Stärken und Gaben, die mich reich machen und die ich für andere einsetzen kann“. Danken und mit anderen teilen, mache das Leben reich.
Nach dem Gottesdienst stand die Gemeinde noch auf dem Hof beisammen. red
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