Zwingenberg. Vier Teenager feiern im ehemaligen Steinbruch oberhalb von Zwingenberg eine Party, nach der durchzechten Nacht wollen sie mit dem Auto wieder nach Hause fahren, doch das geht gewaltig schief: Das Quartett verunglückt, alle sind verletzt, einer der Jugendlichen sogar schwer, denn er gerät unter die Hinterachse des Pick-up. Dieses (Übungs-)Szenario bot sich den ehrenamtlichen Rettern der Freiwilligen Feuerwehr am Samstagvormittag auf eben jenem Steinbruchgelände, das über Jahrzehnte hinweg tatsächlich eine Party-Location, nämlich der städtische Grillplatz war, seit einigen Jahren aber zum Naturschutzgebiet zählt.
Eingeklemmte „Person“ mithilfe eines Hebekissens geborgen
Die Aufgabe, die sich Wehrführer Stefan Diefenbach und sein Vize Justin Moll gemeinsam mit Stadtbrandinspektor Reiner Schellhaas und seinem Stellvertreter Karl-Heinz Zecher ausgedacht hatten, war anspruchsvoll, letztlich aber auch traurige Routine: Immer wieder müssen die Einsatzkräfte zu Verkehrsunfällen ausrücken, um mit Rettungsschere und Spreizer oder – wie in diesem Fall – mit Hebekissen verletzte Patienten aus misslichen Lagen zu befreien. Und auch am Samstagvormittag klappte die Rettung unter der Regie von Abschnittsleiter Luca Wenz wie am vielzitierten Schnürchen: Unter den Augen von Markus Stracke, stellvertretender Abteilungsleiter des Bereichs Gefahrenabwehr beim Kreis Bergstraße, und den Magistratsmitgliedern Karin Rettig und Michael Knecht saß jeder Handgriff, wurden die „Opfer“-Darsteller aus den Reihen der Jugendfeuerwehr routiniert geborgen.
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Zuvor waren die Einsatzkräfte nach der Alarmierung durch die Leitstelle vom Feuerwehrgerätehaus am Gießer Weg hinauf zum ehemaligen Steinbruch geeilt – alleine die Anreise war schon eine Herausforderung: Respekt für die Fahrer der tonnenschweren und unübersichtlichen Feuerwehrfahrzeuge, die am Samstagmorgen im Wald rund um den Steinbruch auf engen und noch dazu regennassem Wegen in Stellung gebracht werden mussten. Dabei sollte man stets berücksichtigen: An den Lenkrädern sitzen keine Berufskraftfahrer, die täglich mit solchen Vehikeln unterwegs sind, sondern Ehrenamtliche, die im Alltag keine Lkw bewegen.
Kein Löschwasser im Steinbruch
Aber das Unfallszenario war nur der eine Handlungsstrang an diesem Samstagvormittag, sozusagen die „Pflicht“-Aufgabe – in einem weiteren Übungsschritt gab die Wehrführung nun vor, dass in Folge des Autounfalls auch noch ein Flächenbrand entstanden sei. Und eben daraus entwickelte sich die „Kür“-Aufgabe: Schließlich gibt es im ehemaligen Steinbruch beziehungsweise im Wald drumherum kein Wasserversorgungsnetz wie in der bebauten Gemarkung, aus dem man Löschwasser zapfen könnte. Auf zwei von ihren insgesamt fünf Fahrzeugen führt die Zwingenberger Wehr zwar einige tausend Liter Wasser mit, die sind aber im Brandfall schnell leer.
Und das knifflige Problem der Löschwasserversorgung zu lösen, das war am Samstag dann auch die Hauptaufgabe, die das Duo Diefenbach/Moll dem Team stellte: Mario Rindfleisch übernahm als Abschnittsleiter diese Herausforderung und in einem ersten Schritt wurden mehrere hundert Meter Schlauch hinunter zum Kreuzungsbereich Wetzbach/Lange Schneise verlegt, um dort einen Hydranten der Zwingenberger Trinkwasserversorgung anzuzapfen.
Saugbrunnen im südlichen Stadtpark angezapft
Doch damit nicht genug: Weil immer auch damit gerechnet werden muss, dass das kommunale Netz einmal in die Knie geht, gehörte es am Samstag auch dazu, Löschwasser aus einem netzunabhängigen Wasservorkommen zu beschaffen. Dazu hatte Mario Rindfleisch die ehrenamtlichen Retter der Freiwilligen Feuerwehr Rodau unter der Leitung ihres Wehrführers Thomas Schneider in Marsch gesetzt. Die Kollegen aus Zwingenbergs einzigem Stadtteil übernahmen die Wasserförderung aus dem Saugbrunnen im südlichen Teil des Stadtparks.
Mit einer auch als Tragkraftspritze bezeichneten Pumpe wurde das zurzeit in vier Metern Tiefe anstehende Grundwasser nach oben befördert und in ein über ein Kilometer langes Schlauchsystem abgegeben. Zwei weitere Tragkraftspritzen hielten auf der Strecke durch die Altstadt hinauf bis zum ehemaligen Steinbruch den Druck aufrecht. Abgegeben wurde das Löschwasser dann in den 2500 Liter fassenden Tank des Tanklöschfahrzeugs TLF 16/25, das am Einsatzort stand und den Brandschützern das Löschwasser mittels einer weiteren Pumpe zur Verfügung stellte.
Und das „Experiment“ ist gelungen, die Wasserbeschaffung über eine „lange Wegstrecke“, wie das im Fachjargon der Feuerwehren heißt, hat funktioniert. Und das mit allen „Zwischenfällen“, die bei so einer Übung unbedingt dazugehören, um für den Ernstfall gut gerüstet zu sein: Ein sich als undicht erweisender Saugschlauch am Löschwasserbrunnen im Stadtpark wurde rechtzeitig durch einen funktionstüchtigen ersetzt. Und dass einer der rund 60 jeweils 20 Meter langen Feuerwehrschläuche auf der über einen Kilometer langen Strecke platzte, auch das war quasi gut so, denn so konnte auch das schnellstmögliche Ersetzen unter realistischen Bedingungen geübt werden.
Zusammenarbeit funktionierte
Gut 25 Einsatzkräfte aus Zwingenberg und Rodau haben am Samstag mit sieben Fahrzeugen an der Übung einer „großen Lage“ teilgenommen und sehr gut zusammengewirkt, so Stefan Diefenbach. Anschließend ging es – denn auch das gehört zu einer gelungenen Übung – zur Kameradschaftspflege ins Zwingenberger Gerätehaus, wo nach dem dreistündigen Einsatz und dem anschließenden Abbau und Aufräumen eine leckere Gulaschsuppe wartete.
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