Hauptversammlung

Brain nach Stagnationsphase wieder auf Wachstumskurs

Die Biotech-Gruppe bilanziert ein aus ihrer Sicht erfolgreiches Geschäftsjahr.

Von 
Thomas Tritsch
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Das Biotechnologie-Unternehmen Brain mit Hauptsitz in Zwingenberg plant, in den nächsten vier bis sechs Jahren seinen Umsatz zu verdoppeln: von derzeit 50 auf 100 Millionen Euro. © Brain Biotech AG

Zwingenberg. Nach drei Jahren der Stagnation kehrt die Brain Biotech AG auf einen Wachstumskurs zurück. Das teilte CEO Adrian Moelker (kleines Bild) gestern im Rahmen der virtuellen Hauptversammlung mit. Im Geschäftsjahr 2021/22 bilanzierte die Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Zwingenberg ein Rekordjahr mit einem Umsatzplus von knapp 30 Prozent. Die Gesamtleistung überstieg trotz der Corona-Nachwirkungen und dem Beginn des Ukraine-Kriegs erstmals die Marke von 50 Millionen Euro. Die Gesellschaft setzt auch im laufenden Jahr auf ein nachhaltig profitables Wachstum mit weiter steigenden Umsatzerlösen trotz anhaltend hoher Investitionen.

Profitabilität soll weiter steigen

Moelker, der seinen Vertrag mit Brain gerade erst um drei Jahre verlängert hat, sieht im 30. Jahr nach der Gründung eine prominente Weichenstellung in der Unternehmensbiografie. Vom regionalen Wissenschafts-Start-up im Umfeld der weißen Biotechnologie habe man sich seit 1993 zu einem internationalen Anbieter integrierter Lösungen und führenden Player im Bereich Genome-Editing (Genom-Chirurgie) und Enzyme entwickelt.

Moelker spricht von einem Evolutionsprozess, der gerade in eine weitere wichtige Etappe gehe. Nach den ersten Jahren auf dem Wissenschaftscampus Zwingenberg und dem Börsengang im Jahr 2016 trete man mit dem Aufbau eines neuen separaten Geschäftsfelds unter dem Markennamen Akribion Genomics, in dem die Genom-Editing-Aktivitäten fortan gebündelt werden, in die nächste Phase der Brain-Entwicklung ein. Die Aktivitäten zielen auf neuartige therapeutische Anwendungen. Das Unternehmen erwartet in dieser Sparte ein signifikantes Wachstumspotenzial im Kontext einer weiteren Industrialisierung.

bzw_Michael_Schneiders_BRAIN_Biotech Zwingenberg, Brain Biotech AG, Michael Schneiders, CFO / Finanzvorstand © BRAIN Biotech

Mitbegründer der eigenständigen Tochter ist Lukas Linnig, bis Herbst letzten Jahres CFO der Brain. Sein Nachfolger als Finanzvorstand ist Michael Schneiders (kleines Bild), vormals Leiter Investor Relations und Nachhaltigkeit. Er kündigte weiterhin hohe Investitionen an, profitieren soll davon vor allem auch die Akribion. Durch ein stringentes Cash-Management wolle man die Profitabilität der Brain insgesamt weiter steigern und potenzielle Synergien nutzen. Im laufenden Geschäftsjahr peile man einen Umsatz von 54 bis 57 Millionen Euro an.

Mittelfristig hat Schneiders sogar die 100 Millionen-Marke im Visier. Diese will man in den nächsten vier bis sechs Jahren erreichen. Dies würde im Vergleich zu 2022 eine veritable Verdopplung bedeuten. Er sei fest davon überzeugt, dass auch die Wertentwicklung der Brain-Aktie bald der positiven Unternehmensentwicklung folgen werde. Dies sei momentan nicht der Fall.

bzw_Adriaan-Moelker-CEO-BRAIN-AG_high-res Zwingenberg, BRAIN AG, AdriaanMoelker, CEO © BRAIN AG

Man wolle nun das Produktgeschäft weiter stärken und die Forschungsdienstleistungen als Anbieter maßgeschneiderter Lösungen konsequent weiter ausbauen, betonte Adrian Moelker in der Online-Sitzung, die aufgrund der Unwägbarkeiten im Zuge der Pandemie erneut virtuell stattfand – nicht jeder Aktionär zeigte sich damit zufrieden. Mit einer Rückkehr zu Präsenzveranstaltungen rechnet das Unternehmen spätestens im nächsten Jahr. Garantieren könne man dies zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht. Zugeschaltet waren gestern Aktionäre und Aktionärsvertreter, die gut elf Millionen Aktien repräsentieren.

Um den Kurs zu halten, müsse die Brain Biotech AG strategisch drei wesentliche Ziele verfolgen, so Moelker: neben dem Anschub von Akribion Genomics, auf dem viele Hoffnungen ruhen, will man das Segment Biokatalysts/BioProducts im Nahrungs- und Lebensmittelbereich weiter etablieren sowie den Markt für hauseigene Lösungen und Dienstleistungen im Bereich BioScience noch stärker bespielen.

Dafür sollen unter anderem die Produktionskapazitäten deutlich vergrößert und die Aktivitäten auf dem nordamerikanischen Kontinent ausgeweitet werden, so der CEO. Biotechnologische Forschung, Verfahren und Produkte seien nach wie vor die Grundlage der Geschäftsaktivitäten des Konzerns. In diesem Segment konnten im vergangenen Geschäftsjahr ebenso wie in der Sparte BioIndustrial (Enzymprodukte) Umsatzsteigerungen erzielt werden.

Verbessertes Betriebsergebnis

Trotz anhaltend hoher Investitionen konnte das bereinigte Betriebsergebnis vor Abschreibungen und Steuern (bereinigtes EBITDA) deutlich verbessert werden, so Moelker weiter. Man nähere sich nach den Verlusten der vergangenen Jahre nun immer weiter der Gewinnschwelle. Ein weiterer wichtiger Wachstumstreiber im Enzym-Markt sei die Übernahme der Firma Breatec gewesen, die unter anderem Zutaten für Bäckereien und Mühlen produziert.

Mit ihr habe man das hauseigene Portfolio nun auf über 500 Einzelprodukte in diesem Spezialbereich erweitert. Mit dem Abstoß der Tochtergesellschaft L.A. Schmitt hatte die Brain im letzten Jahr ihre Geschäftsaktivitäten weiter fokussiert sowie die Konzernstrukturen vereinfacht und verschlankt. Dopplungen sollen vermieden beziehungsweise abgebaut werden.

Durch einen stärkeren Fokus auf technologiegetriebene Innovationen habe die Kosmetik-Formulierung eine niedrigere Priorität genossen. Adrian Moelker bewertet den Verkauf als positiven Schritt, da man durch einen Buchgewinn frische Finanzmittel akquirieren konnte. Die Auswirkungen der Pandemie, der Krieg und die damit verbundene Energiekrise gingen auch an Brain nicht ohne Nebenwirkungen vorbei.

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Größere Lieferschwierigkeiten konnten bisher allerdings erfolgreich gemildert werden. Laut Moelker bewegen sich die Folgen für den Geschäftsbetrieb in einem „handhabbaren Rahmen“. Trotz angespannter Lieferketten und hoher Kosteninflation bei Energie, Löhnen und Vorlieferprodukten habe man das Jahr im Rahmen der Gesamtjahresprognose abschließen können.

Das Brain-Geschäftsmodell erweise sich als zunehmend robust, so der CEO über einen Transformationsprozess, der noch längst nicht abgeschlossen sei. Die innere Dynamik in der Unternehmensgruppe und ihre Reorganisation werde auch in den kommenden Jahren andauern. Gleichzeitig laufen Gespräche mit potenziell weiteren strategischen Partnern, die man hoffentlich erfolgreich abschließen werde, wie Michael Schneiders ergänzt. Auch das Portfolio an Patenten werde sukzessive erweitert.

Neuer Aufsichtsratsvorsitzender

Für das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden stand Georg Kellinghusen aus Altersgründen nicht mehr für eine Wiederwahl zur Verfügung. Sein Nachfolger heißt Michael Majerus. Christine Uekert und Florian Schnabel rückten in das Gremium nach. Kellinghusen sieht die Brain Biotech AG solide positioniert und gut für die Zukunft gerüstet. Das Unternehmen habe sich durch kluge strategische Entscheidungen in einem schwierigen geopolitischen und wirtschaftlichen Umfeld behauptet und sehr erfolgreich weiterentwickelt.

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