Zwingenberg. „Erinnerungskultur kann nur bedingt von oben gelenkt, beschlossen und verordnet werden, sie muss gelebt werden“, zollte Andreas Kovar dem Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge im Rahmen des Festaktes zum Jubiläum Lob und Respekt: „Ihr Verein hat dies in den vergangenen 25 Jahren unermüdlich gemacht.“
Der Stadtverordnetenvorsteher listete beispielhaft Führungen, Vorträge, Ausstellungen und Publikationen sowie das Verlegen der Stolpersteine auf – allesamt Initiativen, mit der die Geschichte der jüdischen Gemeinde am Ort sowie die lokalen Geschehnisse im Nationalsozialismus aufgearbeitet und wachgehalten worden seien. Stets sei es dem Verein dabei wichtig gewesen, in diese Erinnerungen auch die Bürger mit einzubeziehen.
Besonders in Erinnerung geblieben sei ihm (Kovar) das vom AK Synagoge im Oktober 2023 in der ausverkauften Bergkirche veranstaltete Konzert des Ensembles „Klezmers Techter“ – und das bedauerlicherweise nicht nur wegen der Musik, sondern auch, weil es unter Polizeischutz stattfinden musste. „Um ehrlich zu sein: Mit so etwa hätte ich noch vor einigen Jahren im aufgeklärten Deutschland nicht mehr gerechnet. Aber die aufgeheizte Stimmung gibt es wohl leider auch bei uns im behüteten Zwingenberg und nicht nur in den sozialen Brennpunkten der Republik.“
Umso wichtiger sei die Arbeit des AK Synagoge zu bewerten, hoffte Kovar, dass der Appell von Vorsitzendem Fritz Kilthau, man brauche mehr Mitstreiter, nicht ungehört verhallt: „Die Geschichte und unsere Gesellschaft brauchen mehr Menschen, die etwas tun, als Leute, die vorschlagen, dass etwas getan werden könnte oder müsste.“ Den Akteuren des AK Synagoge, allen voran Fritz Kilthau, bescheinigte der Stadtverordnetenvorsteher: „Es ist Ihnen so über die Jahre gelungen, den Verein als ein beispielhaftes Symbol der Versöhnung darzustellen und den Dialog in unserer Stadt zu etablieren.“
„Herzlichen Dank für alles, was Sie leisten“, würdigte auch Bürgermeister Holger Habich die Arbeit des AK Synagoge und beschränkte sein Grußwort in Absprache mit Stadtverordnetenvorsteher Andreas Kovar auf einen einzigen Aspekt: Das Vereinsziel, in der ehemaligen Synagoge an der Wiesenstraße eine Migrationsmuseum und einen Ort der Begegnung zu schaffen, das sei bislang nicht erreicht worden, „aber vielleicht sollte das so sein“. Denn was stattdessen habe etabliert werden können, das seien Kulturarbeit und Dialog.
„Wir haben viel über die Menschen gelernt, die hier in Zwingenberg gelebt haben“, spielte Habich auch auf das von Fritz Kilthau geschriebene Buch „Mitten unter uns – Zwingenberg an der Bergstraße von 1933 bis 1945“ an. Die Grüße und Glückwünsche des Landkreises Bergstraße überbrachte der ehrenamtliche Kreisbeigeordnete Philipp-Otto Vock an Stelle von Landrat Christian Engelhardt.
Er verfolge die Arbeit des AK Synagoge bereits seit vielen Jahren, so Vock, und sie habe kreisweite Resonanz und Bedeutung. Das belege auch ein Blick ins Publikum, in dem etliche Frauen und Männer aus dem gesamten Landkreis Platz genommen haben, die wiederum in ihren Orten für ein „Nie wieder!“ eintreten.
Auch Vock richtete einen Appell an die Öffentlichkeit, sich entsprechend zu engagieren. Musikalisch gestaltet wurde der Festakt zum 25-jährigen Besten des Arbeitskreises Zwingenberger Synagoge in ebenso virtuoser wie mitreißender Weise von Gabriela Kaufmann und Almut Schwab, zwei Musikerinnen des Ensembles „Klezmers Techter“. mik
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/zwingenberg_artikel,-zwingenberg-25-jahre-einsatz-fuer-erinnerungskultur-und-versoehnung-_arid,2264602.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/zwingenberg.html