Gartenbauverein

Vortrag über die Zeit, als der Tabak in Lorsch wichtig war

Udo Traeger referierte zum Anbau und der Verarbeitung des Tabaks. Die Geschichte reicht dabei zurück bis ins Jahr 1680.

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Udo Traeger zeigte, wie Tabak verarbeitet wird. © Weinbach

Lorsch. Rechtzeitig vor dem Beginn der Lorscher Kerb mit dem Tabakprojekt hatte Udo Traeger beim Gartenstammtisch des Obst- und Gartenbauvereins die 20 Frauen und Männer, darunter auch der Kreisvorsitzende Wolfgang Heeb, darüber informiert, wie dieses Projekt angelegt ist. Udo Traeger ist ein welterfahrener Lorscher Bürger, der Zigarillos raucht und vor fünf Jahren bei der Kerb einen Tabakstand besucht hatte. Das habe sein Interesse am Tabak geweckt, erklärte er jetzt. Er wurde ehrenamtlicher Mitarbeiter.

200 Pflanzer, 20 Tabakfabriken

Der Vorsitzende der Gartenbauer Klaus Eberle hatte die Teilnehmer begrüßt und einen Abriss über die Geschichte des Lorscher Tabakanbaus gegeben. Um 1680 wurde dieser erstmals erwähnt. In der Blütezeit 1920 bewirtschafteten 200 Pflanzer 50 Hektar Fläche. Es wurde ein Tabakbauverein gegründet. Es entstanden 20 Tabakfabriken wie Carstanjen und Söhne oder Hopf und Becker mit gut 2000 Beschäftigten.

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In vielen Familien wurde der Tabak in Heimarbeit behandelt. Nach dem Krieg nahm der Tabakanbau ab, die Produktion wurde in „Billiglohnländer“ verlagert. 1983 schloss Adam Neumann die letzte Tabakfabrik in Lorsch. Heute erinnern das Tabakmuseum und eine alte Tabakscheune noch an diese einst Lorsch prägende Geschichte.

Udo Traeger hatte zu seinem Vortrag nicht nur Tabakpflanzen in Kübeln mitgebracht als Anschauungsmaterial, sondern auch grüne und getrocknete Tabakblätter und verschiedene Fotos von den einzelnen Schritten zum Anbau und zur Herstellung von Tabakprodukten. Mit den trockenen Blättern rollte er eine Zigarre, die dann in ein qualitativ besseres Deckblatt „Brasil“ gerollt wurde. So entstand die Zigarre der Marke „Lorsa Brasil“.

Eine kleine Kiste davon hatte er dabei, auf der stand deutlich „Rauchen kann tödlich sein“. Aus dem Tabak, Lorscherisch „Douwagg“, entstehen bis zu 8000 Zigarren. Verkauft wird die Lorscher Eigenmarke jetzt wieder bei der Kerwe.

Tabakblätter werden getrocknet und dann nach Güteklasse sortiert

Udo Traeger machte deutlich, dass Klima und Bodenbeschaffenheit Einfluss hätten auf die Qualität der einjährigen Pflanze. Traditionell sei der eingeweichte Tabaksamen am 19. März in einem Säckchen verwahrt worden, der dann nach etwa einer Woche gekeimt habe und ausgesät werden konnte. Das erfolge Mitte Mai, nach den Eisheiligen beziehungsweise nach dem Tag „Kalte Sophie“.

Wichtig sei, dass die Pflanze ausreichend bewässert werde. Bodenbearbeitung und Pflege trügen zum Wachstum bei. Das Ernten der „Grumpen“, der obersten Tabakblätter, beginnt mit dem „Köpfen“, dem Abschneiden der Blüten. Das bewirkt eine Unterbrechung des Saftstroms und die Pflanze reagiert mit verstärktem Wachstum. Die neu austretenden Seitentriebe (Geize) müssen mehrere Male ausgebrochen werden. Die geernteten luftgetrockneten grünen Tabakblätter müssen bandelliert, aufgefädelt, werden.

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Das ist eine der Arbeiten, die meistens von Frauen gemacht wurden. Wie das geht, zeigte Udo Traeger auch den Besuchern mit einem Blatt, einer Nadel und einem dünnen Faden. Ein Beispiel dieser Arbeit bietet der Lorscher Tabakbrunnen vor dem alten Rathaus. Die gebündelten Blätter müssen zur Lufttrocknung in einer Scheune oder im Tabakschuppen zwei bis drei Monate aufgehängt werden. Die Farbtöne reichen dann von grüngelb bis dunkelbraun. Die Schnüre der Bandeliere werden entfernt und der Tabak sortiert in die Güteklassen I (reife, unbeschädigte Blätter), II und III mit abfallender Qualität.

Kranke Blätter werden aussortiert. Aus dem getrockneten Rohtabak entsteht durch Gärung eine natürliche Fermentation. Die Weiterverarbeitung dauert dann drei bis vier Monate.

Letzter Stammtisch dieser Saison

Der Referent informierte darüber, dass am Lorscher Tabakfeld gegenüber von Lauresham am Kerwesamstag um 10 Uhr der Tabak geerntet wird, zugänglich für das Publikum.

Die Besucher des Gartenstammtischs zeigten sich zufrieden. Es gab keine größere Diskussion. Klaus Eberle informierte noch, dass dies der letzte Gartenstammtisch in dieser Saison war. ml

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