Theater Sapperlot - Kabarettistin Franziska Wanninger gastierte erstmals in Lorsch

Theater Sapperlot: Bissige Beobachtungen aus der bayerischen Heimat in Lorsch

Von 
Eva Bambach
Lesedauer: 
Kabarettistin Franziska Wanninger gastierte erstmals im Sapperlot und nahm ihr Publikum mit nach Bayern. © Neu

Lorsch. Es war ein bayerischer Samstagabend im Theater Sapperlot, und ein sehr gelungener dazu. Franziska Wanninger gastierte zum ersten Mal in Lorsch und überzeugte ihr Publikum schnell mit den mal bissigen, mal nachsichtigen Beobachtungen aus ihrer Heimat. Denn aus ihrem Mund wird das bairische Idiom zum Ohrenschmaus, ganz gleich ob sie einen klebrigen Anmachertyp und Angeber im Münchner Biergarten nachmacht, einen betrunkenen Lehrer des Internats in Deggendorf (statt am Chiemsee „direkt an der A3“ gelegen) oder die ältere Ehefrau, die darüber nachdenkt, was ihr Mann nach ihrem eigenen Tod wohl treiben wird.

Semmelknödel sind eingefroren

Auf alle Fälle hat sie schon Semmelknödel eingefroren und einen Klopapiervorrat angelegt, der Jahre reicht, denn: „Die Männer verschlampen ja so – und am Ende fällt es doch auf mich zurück“. Aber hochdeutsch geht es auch, oder besser neudeutsch, zum Beispiel bei einer Szene in der Kaffeebar mit dem typisch undurchschaubaren Angebot an Variationen. Oder, besonders schön, in einem Exkurs über Influencer (eigentlich erfolgreicher als Jesus mit seinen lediglich zwölf Followern) mit einem live gespielten Videoclip, in dem eine junge Frau in der charakteristischen, affektierten Sprache viel zu wortreich ihre „miracle spoons“ gegen „puffy eyes“ anpreist: eigentlich nur Esslöffel, die man über Nacht in den Kühlschrank legt.

Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"

Auch wenn der Titel „Für mich soll’s rote Rosen hageln“ einen auf Frauen zugeschnittenen Abend erwarten lassen könnte, ist das Programm absolut männerkompatibel. Die Frauenperspektive kommt im Wesentlichen dadurch zustande, dass Franziska viel aus ihrer eigenen Erfahrung preisgibt – und die ist nun mal weiblich. So führt sie das Publikum durch die Lande, von München nach Ober- und nach Niederbayern und bis auf eine neblige Brücke in Passau mit einer unheimlichen Begegnung kurz vor Mitternacht, anders gesagt um dreiviertel elf – oder doch um 23.45 Uhr? Gruselig auch die Episode nach einem Auftritt im Bayerischen Wald, an der Grenze zu Tschechien, wo sie eine Nacht bei Gastgeber Engelbert in Zimmer 7 überstand.

Die auf einem Einödhof im Landkreis Altötting in Oberbayern aufgewachsene Kabarettistin lebt heute in München und kommt durch ihren Beruf viel rum. Sie hat aber auch unser aller Alltag im Blick: Aus ihrer Wohngemeinschaft mit Egon, ihrem Thermomix (in der aktuellsten Version, der kann nämlich sogar saugen) möchte sie doch raus, denn es ist vielleicht schöner, wenn man etwas gemeinsam machen kann – wie zum Beispiel zum Wertstoffhof fahren.

Sie lotet also Vor- und Nachteile der Dating-Plattformen aus. Gut ist zum Beispiel, dass man vor den ersten Treffen nicht extra Duschen muss und man die Typen schnell ins Funkloch schicken kann, wenn sie gar zu blöd sind. Früher war die Anbahnung leichter, das machte der männliche Anwärter. Und zwar so, in schönem Bairisch natürlich: „Das ist mein Hof, das ist mein Vieh, das ist meine Mutter. Überleg es dir.“

Mehr zum Thema

Theater Sapperlot

Kultursalon in Lorsch mit ernsten Noten, aber auch mit jeder Menge Spaß

Veröffentlicht
Von
Thomas Tritsch
Mehr erfahren
Theater

Kabarett in Lorsch: Humor zwischen Wortwitz und Wahrheit

Veröffentlicht
Von
thz
Mehr erfahren
BA-Freizeit

Kabarett, Comedy und Konzerte – die Bergsträßer Bühnen in dieser Woche

Veröffentlicht
Von
red
Mehr erfahren

„Jedes jungen Pärchens Krone ist die Eigenheim-Gabbione“ reimt Wanninger und macht sich Sorgen um die rätselnden Archäologen der Zukunft, die den Sinn der in Käfige eingesperrten Steine einst ergründen wollen. Entstanden die Steinkreise von Stonehenge etwa damals auch nur, weil man Ruhe vor den Nachbarn haben wollte? Und wie lebt man in den neuen Designwürfelhäusern mit ihren Hochglanzküchen, in denen kaum mehr als fettarmer Joghurt und ein Ingwershot verzehrt werden können?

Die Obstschale steht natürlich nicht zum Essen bereit, sondern für den Fall, dass van Gogh mal zum Malen vorbeikommen möchte. Aber wo haben die Menschen so was wie Steuerordner und Ladekabel? Highlight des Abends sind ein Paar eingestreute Lieder wie das aus Anlass des Gabbionen-Themas geschriebene, mit kalauernd sich entwickelndem Refrain – von „ohne Gabbione“ über „ohne Hormone“ zu „ohne Kondome“ (denn nur deswegen konnten Trump, Putin oder Escobar überhaupt passieren). Zum Schluss singt Wanninger ihre eigene Version des Rote-Rosen-Lieds und widmet die letzte Strophe charmant dem Publikum.

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger