Preisverleihung - Lorscher „WIR“-Projekt mit 10 000 Euro belohnt / Für mehr Wertschätzung der Region

Schmeckt: Lorscher Gebäck aus alten Getreidesorten

Von 
Nina Schmelzing
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Plätzchen aus Lorscher Emmer-Mehl schmecken gut, wissen Magdalena und Neyla, die in der Kita Villa Kunterbunt mitgebacken haben. Die Back-Aktion fand im Rahmen des „WIR“-Projekts statt, für das Lorsch gestern ausgezeichnet wurde. © Zelinger

Lorsch. Magdalena und Neyla müssen nicht davon überzeugt werden, dass es sich beim Lorscher Projekt namens „WIR“ um eine sehr gute Aktion handelt. Die drei und vier Jahre alten Kinder griffen gestern immer wieder mit Freude und unaufgefordert in den Plätzchenteller, ließen sich die Kekse schmecken – und bewiesen so, dass das Gebäck, produziert aus einer alten Getreidesorte, lecker ist. Die Kekse hatten sie in der Kita Villa Kunterbunt selbst hergestellt. Besonderheit: gebacken wurde mit Lorscher Emmer-Mehl.

Das „WIR“-Projekt, das Kürzel steht für Wertschätzung, Innovation und nachhaltige Landschaftsnutzung sowie Regionalität und beinhaltet mehrere Aktionen, wurde gestern ausgezeichnet. Lorsch hat damit beim Wettbewerb „Landschaft in Bewegung“ der Metropolregion Rhein-Neckar gewonnen. Claus Peinemann, Referent der Verbandsregion Rhein-Neckar, überreichte Bürgermeister Christian Schönung im Paul-Schnitzer-Saal einen Scheck in Höhe von 10 000 Euro. Der Preis soll eine Anerkennung für das vorbildliche kommunale Projekt sein.

Die Stadt habe als Projektträger nur einen Teil zum Erfolg beigetragen, erinnerte der Verwaltungschef. Beteiligt sind Land- und Forstwirte, Handwerksbetriebe, Gastronomie, Einzelhandel und zwei städtische Kitas. Wichtiger Kooperationspartner ist das Freilichtlabor Lauresham. Leiter Claus Kropp erläuterte, mit dem Freilichtlabor im Klosterfeld habe man einen Ort geschaffen, der Lernen aus der Vergangenheit ermögliche.

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Vor Jahrzehnten seien Lebensmittel, die auf Lorscher Äckern produziert wurden, selbstverständlich auch am Ort weiterverarbeitet und vermarktet worden, heute lande vieles gleich im Großhandel. Es sei sinnvoll, die Wertschöpfungsketten wieder ins Bewusstsein zu rufen. In Lorsch gibt es daher inzwischen „Äcker für die Vielfalt“.

Verzicht auf Pflanzenschutzmittel

Gestartet wurde das „WIR“-Projekt mit einem einzigen Landwirt, mittlerweile ist ein Quartett daraus geworden. Auf Flächen von knapp vier Hektar, auf denen zuvor zum Beispiel Mais für die Biogasanlage angebaut wurde, wächst nun Emmer, Dinkel, Einkorn und Braugerste, so Ortslandwirt Reiner Jöst. Zwei Lorscher Einzelhändler verkaufen das Mehl der traditionellen Sorten, ein Lorscher Bäcker hat Brot aus Lorscher Emmer-Mehl ins Sortiment aufgenommen. Die Laibe aus dem ohne Pflanzenschutzmittel hergestellten Getreide seien immer schnell ausverkauft, weiß Kropp.

Mit dem Projekt wolle man keineswegs zurück ins Mittelalter, so der Lauresham-Leiter. Man wolle vielmehr Impulsgeber sein, regionale Netzwerke schaffen und Artenreichtum fördern. Kropp stellte auch weitere Projekte für nachhaltige Landwirtschaft vor, die in Lorsch laufen, unter anderem die Ackerbewirtschaftung mit Zugtieren. In Extremlagen und für sensible Böden wie zum Teil in Lorsch sei die schonende Methode durchaus konkurrenzfähig, urteilte der Historiker mit landwirtschaftlicher Zusatzausbildung.

Auch vom Hutewald – Düppeler Weideschweine weiden im Süden der Lorscher Gemarkung im Eichenmischwald – sprach Kropp gestern. Ortslandwirt Jöst wiederum kann sich noch an die Zeit erinnern, als es in Lorsch elf Metzger gab und mancher von ihnen 100 Hausschlachtungen im Jahr vornahm. Heute sind die Wege zu Schlachthöfen und zu Mühlen sehr weit geworden, die Metzgereien in Lorsch sind alle Filialen.

Das „WIR“-Projekt habe die zehnköpfige Jury überzeugt, die Freiraumnutzung zu bewerten hatte, sagte Peinemann. Es beinhalte „gute Beispiele“, die Anregungen zum Nachahmen vielleicht auch andernorts liefern.

Redaktion

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