Lorsch. Nancy, Angelika, Murillo, Cora Louise und all die anderen Pfingstrosen im Lorscher Garten an der Nibelungenstraße haben Zuwachs bekommen. Prometheus und Pluto, Ariadne und Antigone, Daedalus und Zeus heißen einige ihrer neuen Nachbarn, die jetzt den Westhang besiedeln. Gestern wurde die Erweiterung des Lorscher Päoniengartens eröffnet. Zur Einweihung des knapp 400 Quadratmeter großen Areals an der evangelischen Kirche kamen viele Gäste.
Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"
Die üppig und prächtig blühenden Päonien haben viele Bewunderer. Längst ist es eine beachtliche Zahl von Besuchern, die sich jedes Frühjahr vor allem wegen des Pfingstrosengartens nach Lorsch aufmacht. Das berichtete Bürgermeister Christian Schönung in seiner Rede. Der vor zehn Jahren angelegte Garten ist ein Alleinstellungsmerkmal der Klosterstadt mit Magnetwirkung geworden.
Schwierige Hanglage trieb die Kosten der Erweiterung in die Höhe
Mit dem jetzt dazugewonnenen Gelände wird das Interesse noch zunehmen. Dort haben nämlich nun die Pflanzen von Nassos Daphnis, einem berühmten, im Jahr 2010 verstorbenen Päonien-Züchter, ein neues Zuhause gefunden. Die Sammlung des gebürtigen Griechen, der in New York als Maler Karriere gemacht hat, ist einmalig – und europaweit nur in Lorsch zu sehen.
Die Annahme, man könne den seit 2014 bestehenden Garten für einen Betrag von rund 50 000 Euro erweitern, sei allerdings „naiv“ gewesen, räumte Schönung ein. Die Kosten summierten sich letztlich auf 130 000 Euro. Unter anderem die schwierige Hanglage und die Absturzsicherung mit filigranen Stahlseilen verteuerten das Projekt.
Ruhebank bietet Pausenmöglichkeit beim Rundgang durch den Päoniengarten
Fragt man Albrecht Schaal, spricht auch er von der „großen Herausforderung“ durch die außerordentliche Steillage bei diesem Projekt. Schaal, Landschaftsarchitekt aus Frankfurt, war es unter anderem ein Anliegen, dass alter und neuer Gartenteil wie aus einem Guss wahrgenommen werden. Die Natursteine – Odenwälder Granit und Buntsandstein aus Grasellenbach – wurden mit Bedacht ausgewählt. Bei der Mauer am Hang handelt es sich um eine echte Trockenmauer, sie ist also ohne Beton errichtet.
Päonientage im Mai
Pfingstrosen wuchsen als Heilpflanzen in vielen Klostergärten. Auch im Lorscher Arzneibuch, das um 800 entstand und zum Weltdokumentenerbe zählt, werden sie erwähnt.
Der Besuch im Lorscher Lehr- und Schaugarten ist gratis.
Die Lorscher Pfingstrosentage werden am 11. und 12. Mai gefeiert, wie immer in Verbindung mit dem Frühlingsmarkt, jeweils ab 11 Uhr. sch
Der Westhang kann nun in den Spaziergang durch den Päoniengarten einbezogen werden. Auch eine Ruhebank ist bereits aufgestellt worden. Bis man sich dort an allen Pfingstrosen in voller Blüte erfreuen kann, wird es allerdings noch einige Zeit dauern. Derzeit blickt man noch vorwiegend auf Erde und Steine, Begleitpflanzen wie Oliven und auf viele Fotos, die zeigen, wie die einzelnen neuen Pflanzen in der künftigen Blühperiode aussehen werden.
Es habe keinen Tag gegeben, an dem im Päoniengarten nichts zu tun war
Walter Good, Ideengeber und Päonien-Experte aus der Schweiz, lobte in seiner Rede ausdrücklich auch die exzellente Pflanzenbeschilderung im Lorscher Garten. Nassos Daphnis, so zeigte sich Good sicher, der den Züchter noch persönlich kannte, hätte große Freude an dem Lorscher Gelände gehabt. Päonien habe der Maler wegen ihrer Schönheit und Eleganz geliebt, von seinen zahlreichen Züchtungen habe der bescheidene Mann aber lediglich knapp 50 als Sorte registrieren lassen. Diejenige, die in Lorsch noch fehlt, um die Sammlung komplett zu machen, hoffe er, noch auftreiben zu können, versprach Good.
Lorsch könne stolz sein, die in Europa einzigartige Sammlung zeigen zu dürfen, machte Petra Raulin klar. Sie sprach als Leiterin der sechsköpfigen Gruppe, die sich – ehrenamtlich – um die Pflege des Gartens kümmert. „Pflege“ höre sich mehr nach „Spielerei“ als nach Arbeit an, meinte sie und ließ deshalb eine ausführliche Übersicht über die zahlreichen Aufgaben folgen, die ihr Team erledigt: Vom Laub- und Müllentfernen bis zum Kümmern um die Beipflanzungen habe es noch keinen einzigen Tag gegeben, an dem nichts zu tun war. Ein Segen sei die inzwischen eingesetzte Tröpfchenbewässerung, früher habe man von Hand gegossen.
„Der Run wird immer größer“
Der „bunte“ Lorscher Garten sei bis in den November hinein gut besucht. Von 120 Pflanzen in den Anfangsjahren habe sich der Garten inzwischen auf knapp 300 vergrößert. „Der Run auf die Pfingstrosen wird immer größer“, sagte Raulin, das sei auch bei den Pfingstrosentagen zu merken, zu denen Lorsch Mitte Mai wieder einlädt. Ohne Drittmittel hätte sich der Garten nicht in diesem Tempo und dieser Form realisieren lassen, so der Kreisbeigeordnete Matthias Schimpf. Die Stadt Lorsch bemühe sich stets in vorbildlicher Weise auch um Förderprogramme. Dank der Bundes- und Landesmittel ist der kommunale Finanzierungsanteil überschaubar. Im Wettbewerb der Regionen könne Lorsch nun mit einem neuen Fixpunkt zusätzlich zum Welterbe punkten.
Alle Redner betonten die gute Zusammenarbeit von Stadt, Kirchengemeinde und Heimat- und Kulturverein und dankten den Ehrenamtlichen. Pfarrer Renatus Keller als „Hausherr“ lobte den Garten als „Ort zum Atemholen“, erinnerte an die bereits von Hildegard von Bingen erkannte Viriditas, also „Grünkraft“, sowie den Paradiesgarten. Der Garten, in dem Pflanzen aus unterschiedlichen Teilen der Welt gedeihen, sei auch ein „Ort des Friedens“.
Viele Lorscher nutzen den Garten tatsächlich gern und oft, um Kraft zu tanken und sich an den edlen Blumen in vielen Farben zu freuen. Das konnte man auch gestern am späten Nachmittag sehen, als die offizielle Eröffnung längst vorüber war.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lorsch_artikel,-lorsch-paeoniengarten-pfingstrosen-nassos-daphnis-_arid,2200960.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lorsch.html