Lorsch. Hermann Helmling hört auf. Der bekannte Gastwirt stellt den Betrieb im Sportpark Ehlried ein. Dass Helmling in wenigen Tagen den Schlüssel dort umdreht, bedauern sehr viele Lorscher. Seine Gastwirtschaft war und ist ein sehr beliebter Treffpunkt – eine Institution und Helmling ein Original. Aber jetzt ist Schluss.
Gelernter Bierbrauer
Bewirtschaftet hat er als Pächter das Vereinsheim der Turnvereinigung (Tvgg). Die Aktiven des größten Lorscher Vereins, knapp 2000 Mitglieder stark, kommen nach dem Sport regelmäßig bei ihm zusammen, um sich bei Kochkäs, Salat oder Hackbraten zu stärken oder noch ein, zwei Bier zu trinken. Bei Hermann Helmling gab’s sogar fränkisches Bier, heben Mitglieder der Fußballabteilung lobend hervor. Das hat der Wirt, ein gelernter Bierbrauer, eigens für Kundschaft besorgt, die so ein bayerisches Qualitätsprodukt zu schätzen weiß.
Aber zu ihm ins Ehlried in die Ludwig-Gärtner-Straße kamen eben längst nicht nur Sportler der Tvgg. Nebenan liegt der Tennisclub Olympia, ein paar Schritte weiter die Skateranlage. Die Wirtschaft am Stadtrand war immer auch ein bevorzugtes Ziel von Ausflüglern, für Jahrgangstreffen, für große Geburtstage, für Feiern jeder Art. Helmling erinnert auch gern an sehr gut besuchte Johannisfeste und an Großveranstaltungen mit Musiker Jean Diehl und dessen Pink Panthers. Neben den 100 Plätzen drinnen gibt es noch 90 Plätze unter freiem Himmel, bei gutem Wetter sind diese im Nu belegt.
Im Sportpark servierte Helmling gutbürgerliche deutsche Küche und lieferte den Beweis, dass Schnitzel und Pommes den meisten Menschen immer noch am besten schmecken. Wer keinen Appetit auf Schlachtplatte, Cordon Bleu, Spareribs, Zanderfilet oder Würstchen hatte und Vegetarisches wollte, dem bot er zum Beispiel Gemüsepfanne mit Reis an. Gefragt waren bei echten Lorschern auch die Gerichte, die nicht auf der Speisekarte standen: Gerichte wie bei Muttern nämlich. Im Sportpark, ein Familienbetrieb, in dem neben Hermann Helmling auch seine Ehefrau Rita und Tochter Beate in der Küche standen, gab es eben auch Kotelett mit Wirsing oder Kartoffeln auf Lorscher Art: „Scheibische Saure“, in Essigwasser gekochte Kartoffelschnitze.
Mit Lebensmitteln hat sich der gebürtige Lorscher lebenslang beschäftigt. Nach seiner Zeit in der Brauerei arbeitete er für ein renommiertes Fruchtsaftunternehmen, anschließend machte sich Hermann Helmling mit einem Obst- und Gemüsegeschäft selbstständig. Die Räume in der Römerstraße mitten in Lorsch hat Tochter Sonja übernommen und erfolgreich mit einer Geschäftspartnerin eine Konditorei dort eingerichtet.
Hilfe mit Wurst und im Service
Hermann Helmling bewarb sich im Alter von über 50 Jahren bei der Tvgg, die einen Vereinswirt für die Adresse im Ehlried suchte. „Er hatte das beste Konzept“, erinnert sich Christoph Dorn vom Vereinsvorstand. Die Zusammenarbeit klappte von Anfang an wunderbar: Insgesamt jetzt 17 Jahre lang unkompliziert. Wenn den Fußballern bei Vereinsfesten plötzlich die Bratwürste nicht mehr reichten, half Helmling ebenfalls aus. Umgekehrt sei das eine oder andere Vereinsmitglied beim Andrang in der Gaststätte auch mal als Servicekraft eingesprungen.
Küche der Feuerwehr gemanagt
Große Gruppen haben Hermann Helmling nicht nervös gemacht. Sättigendes Essen, wenn es nötig ist auch in Kompaniestärke auf den Tisch zu bringen, hat der Lorscher unter anderem bei der Feuerwehr gelernt, der er als Zwölfjähriger beitrat und für die er sich als Gruppenführer engagierte. Mehrere Jahre hat er die Katastrophenschutzküche des Kreises betreut. Dass die Lorscher Jugendwehr unter seiner Leitung Deutscher Meister wurde, hat natürlich nicht direkt etwas mit seiner Kochkunst zu tun – aber geschadet hat Küchenfertigkeit sicher nicht.
Gemeinsam mit seinem Sohn Peter war Hermann Helmling auch bei großen Wein- und Spargelfesten in der Pfalz beteiligt. „Wir haben schon etwas bewegt“, so Helmling, der manches Mal 1500 Kilo Spargel verarbeitete.
Gastwirt ist sein Traumberuf und wenn es nach seinen Gästen ginge, könnte er ewig weitermachen. Warum hört er jetzt auf? Wegen seines Alters, sagt er. In dieser Woche hat Helmling seinen 70. Geburtstag gefeiert. Diesen Termin hatte er sich selbst als Schlussdatum gesetzt. Denn eine Gaststätte zu betreiben, „ist schon anstrengend“, macht der Wirt klar, der 18-Stunden-Tage kennt. „Es geht nur über Qualität“, ist der Geschäftsmann überzeugt. Von der morgendlichen Einkaufsfahrt in der Großmarkthalle Mannheim über die Essenszubereitungen und den Thekendienst bis zur Büroarbeit hat er sich um alles verantwortlich gekümmert. „Man muss schon gern arbeiten“, sagt der Lorscher, für den das zutrifft.
Pink Panthers spielen zum Finale
Heute hat die Gaststätte im Sportpark letztmals wie gewohnt geöffnet. Es folgen noch Geburtstagsfeiern und zum Abschluss am 12. August (Freitag) ein „Großes Finale“, eine öffentliche Veranstaltung mit den Pink Panthers.
„Wir werden ihn sehr vermissen“, sind sich die Sportler mit zahlreichen Stammgästen einig, dass es ohne den zünftig und hemdsärmelig wirkenden Schaffer anders wird. Hermann Helmling will nach dem Arbeitszeitende im Ehlried erst einmal etwas ausspannen, im Wohnmobil unterwegs sein. Gemeinsam mit seiner Ehefrau, wie er unterstreicht. Von seinen Gastwirt-Plänen sei sie anfangs schließlich überhaupt nicht begeistert gewesen.
Viele der Gäste seien „zu guten Freunden der Familie Helmling geworden“, wissen die Sportler. „Auch menschlich hat es einfach gepasst“, loben sie. Dank der verlässlichen Pachteinnahmen habe der Verein zudem Planungssicherheit gehabt und auch viele Instandsetzungsarbeiten finanzieren können.
Die Tvgg-Sportler suchen nun einen Nachfolger, der möglichst ab September nach der Renovierung als Pächter im Ehlried loslegt und mehrere Jahre bleiben soll. Es gibt bereits Interessenten, heißt es von der Turnvereinigung. Ob einer wie Hermann Helmling dabei ist, dazu sagt der Vorstand auf Nachfrage nichts.
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