Lorsch. Der Lorscher Kräutergarten liegt, gut geschützt, hinter der Klostermauer – etwas versteckt hinter der langgestreckten Zehntscheune. Mancher entdeckt ihn daher nicht auf Anhieb. Sobald die Beete in den Blick kommen, ist aber fast jeder begeistert von ihnen. Schon das kurze Anschauen der Anlage erfreut die meisten Betrachter. Wer sich auf den Fußweg begibt, der barrierefrei durch den terrassenförmig gestalteten Garten führt, um die Kräuter im Einzelnen näher anzuschauen ist nicht selten geradezu entzückt.
Insgesamt rund 200 zum Teil duftende Pflanzenarten lassen sich bewundern. Dass die meisten Kräuter, aufmerksam gehegt und gepflegt von Aktiven der Arbeitsgruppe Kräutergarten im Heimat- und Kulturverein, außerdem mit Namensschildern versehen sind, wird von Besuchern immer wieder besonders gelobt. Dass der Garten gratis besucht werden kann, und das jeden Tag ohne feste Öffnungszeiten, gehört gleichfalls zu den Besonderheiten, die geschätzt werden. Als im vorigen Jahr die Bundesgartenschau in Mannheim stattfand, haben einige Besucher auch einen Abstecher nach Lorsch unternommen, berichten die Hobbygärtner nicht ohne Stolz.
Der Kräutergarten ist angelegt nach dem berühmten „Lorscher Arzneibuch“. Das Buch, verfasst im 8. Jahrhundert im Kloster Lorsch und vor einigen Jahren in die begehrte Liste des Unesco-Weltdokumentenerbes aufgenommen, enthält knapp 500 Rezepte zur Heilung oder Linderung von unterschiedlichsten Krankheiten und Gebrechen. Die medizinische Handschrift gilt als das älteste Medizinbuch Deutschlands. Für die damalige Heilkunde spielte ein Kräutergarten, wie ihn die Mönche zur Verfügung hatten, eine enorm wichtige Rolle.
Wer derzeit im Lorscher Klosterpark unterwegs ist, dem wird sofort die Königskerze auffallen. Denn so hoch gewachsen wie nie zuvor ist die Pflanze, berichten Ehrenamtliche der fast 15 Teilnehmer umfassenden Kräutergarten-AG, zu der neben Lorschern auch einige Bensheimer gehören. „Die Prachtkönigskerze ist über drei Meter hoch“, informiert Walburga Herschel, die nachgemessen und 3,10 Meter ermittelt hat. Üblicherweise erreiche die Pflanze eine Größe zwischen zwei und 2,50 Meter, so die Hobbygärtnerin, die bei der Arbeit hinter der riesigen Königskerze kaum zu sehen ist.
Die Königskerze: Ein Heilmittel für traurige Herzen
„Es tummeln sich auch viele Insekten, zum Beispiel Honigbienen im Kräutergarten“, erinnert das fleißige Team daran, dass die Beete nicht allein ein schöner Hingucker für Besucher sind. Die Königskerze mit ihren gelben Blüten galt unseren Vorfahren unter anderem als „Heilmittel für ein trauriges Herz“. Als „stimmungsaufhellend“ ist sie seit Jahrhunderten bekannt. Für Tees und Öle wird sie verwendet, die Blütenblätter frisch oder getrocknet werden auch heute noch gern zu unterschiedlichsten Gerichten dazugegeben.
Viel Freude macht dem Gärtner-Team unter anderem auch die Kornel-Kirsche. Sie wurde vor einigen Jahren in die Nähe der Beete umgesetzt. Der Baum hat den Umzug trotz seines hohen Alters gut verkraftet. Er sei bereits weit über 100 Jahre alt, heißt es von der Kräutergarten-AG, und hat zuletzt sehr viele Früchte getragen. Geerntet wurden sie ähnlich wie Oliven auf einer großen Zeltplane. Dass sie gesund sind und zudem hervorragend schmecken, hat die Kräutergarten-AG zuletzt beim Welterbetag unter Beweis gestellt. Dort wurden die Kirschen den Besuchern als regionale Köstlichkeit präsentiert, beworben als eine Art „falsche Oliven“ in Salzlake – und sie kamen sehr gut an.
Die Königskerze wächst in Lorsch zwischen Färber-Kamille und Wilder Karde. In der Nähe findet man Eisenkraut und Kreuzblättrige Wolfsmilch. Von Andorn, Akanthus und Baldrian über Quendel und Odermenning trifft man beim kleinen Spaziergang bis auf Waldsauerklee, Wiesenscharfgarbe, Ysop und Zwergholunder auf ein Kräuter-Allerlei von A bis Z also. Natürlich beinhalten die Beete auch einige Kräuter, die fast jeder im Garten hat: prächtige Rosmarin-, Lavendel- und Salbei-Exemplare etwa.
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