Lorsch. Weniger als eine Stunde dauerte die jüngste Stadtverordnetenversammlung, bei der immerhin auch der Haushaltsplan 2022 zur Beschlussfassung anstand. In der Zeit vor der Corona-Krise wurde allein über so ein wichtiges Thema in Lorsch meist ausführlich in öffentlicher Runde diskutiert. Diesmal gab es für die Zuhörer, die in die Nibelungenhalle gekommen waren, dagegen keine interessanten Debatten mitzuverfolgen.
Denn Stadtverordnetenvorsteherin Christiane Ludwig-Paul und die Fraktionsvorsitzenden hatten sich darauf verständigt, die Tagesordnung wegen der noch immer angespannten Pandemie-Lage so schnell wie möglich durchzuarbeiten – und damit sogar aufs Vortragen der klassischen Haushaltsreden zu verzichten. Die Fraktionschefs gaben ihre Statements in schriftlicher Form ans Parlamentarische Büro (BA-Bericht dazu folgt).
Die Gremiumsmitglieder zeigten sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden, zumal alle Fraktionen bei der vorangegangenen Beratung im Finanzausschuss dem ausgeglichenen Haushalt bereits einhellig zugestimmt hatten. Steuererhöhungen sieht der Haushaltsplan, den auch in der Stadtverordnetenversammlung jetzt alle befürworteten nicht vor.
Ergiebiger für Zuhörer einer kommunalpolitischen Zusammenkunft könnte die nächste Sitzung des Kultur- und Sozialausschusses werden. In der Stadtverordnetenversammlung beantragten die Fraktionsvorsitzenden von CDU und Grünen in einem gemeinsamen Antrag jedenfalls, dass dann das Thema ärztliche Versorgung in Lorsch aufgerufen werden soll und sie erhielten die Unterstützung aller Stadtverordneten für diese Initiative.
Perspektiven für ein Ärztehaus
Der Magistrat mit Bürgermeister Christian Schönung an der Spitze solle dann über die haus- und fachärztliche Versorgung in Lorsch berichten sowie über den Sachstand und die Perspektiven des am einstigen Feuerwehr-Standort (Bild) gewünschten Ärztehauses in Lorsch, forderten Grüne und CDU.
Matthias Schimpf (Grüne) erinnerte in der Stadtverordnetenversammlung daran, dass sich die Situation in Kürze verschärft, weil im Sommer eine weitere langjährig tätige Medizinerin ihre Hausarztpraxis schließt und bislang kein direkter Nachfolger in Sicht ist (BA berichtete). In Lorsch hat es in den vergangenen vier Jahren bereits mehrmals den Fall gegeben, dass Ärzte, die in den Ruhestand gingen, keine unmittelbaren Nachfolger für ihre Praxen fanden.
Ärztemangel war seitdem einige Male ein Thema in Lorsch. Das Angebot am Ort konnte trotzdem noch nicht so verbessert werden, dass es keine Sorgen mehr macht. Es sei daher jetzt über Möglichkeiten zum Gegensteuern zu beraten. Schließlich sei Lorsch grundsätzlich ein attraktiver Standort, so Schimpf.
Zu fragen sei, ob und wie sich Rahmenbedingungen schaffen lassen, die Lorsch auch für Ärzte wieder attraktiver machen. Schimpf forderte, dass in der nächsten Präsenzsitzung des Kultur- und Sozialausschusses in öffentlicher Runde auch über die Aktivitäten des Netzwerks Ortsnahe Versorgung Ried („Norie) und die Implementierung der Psychosozialen Fachkraft auf dem Land („Paula“) zu informieren sei, und zwar unter Berücksichtigung der Versorgungsanalyse des Kreises Bergstraße.
Trend weg von singulären Praxen
Bewusst fordere man, das wichtige Thema in eine öffentliche Sitzung zu verweisen, erklärte auch Ferdinand Koob (CDU). Durch das weitere Ausscheiden von Ärzten gewinne das Thema, das viele Lorscher seit Jahren beschäftigt, noch an „Brisanz“. Koob erinnerte an den sich bereits länger abzeichnenden allgemeinen Trend, dass die früher üblichen „singulären Praxen“ von Medizinern heute als weniger attraktiv gesehen werden. Statt eines hohen Aufwands gewinnen Verbundlösungen an Bedeutung.
Auf entsprechende bundesweite Untersuchungen, dass in der jungen Generation weniger Ärzte und vor allem Ärztinnen mit Familie Interesse an überlangen Arbeitstagen haben, hatten vor einigen Jahren bereits Vertreter der Ärztegenossenschaft Ägivo in Lorsch hingewiesen. Deshalb strebten viele Mediziner statt einer eigenen Praxis lieber eine Arbeit als Angestellte in einem Versorgungszentrum an, hatten sie erläutert. Es müsse jetzt darum gehen, die bestmögliche Lösung für Lorsch vorzubereiten, erklärte Ferdinand Koob.
Termin Anfang März geplant
Laut Sitzungskalender ist die nächste Zusammenkunft für den Kultur- und Sozialausschuss am 8. März (Dienstag) vorgesehen. Ob das Gremium dann tatsächlich in Präsenz tagt, bleibt insofern abzuwarten, als geplante Sitzungen des Kultur- und Sozialausschusses in der Vergangenheit schon häufig wieder abgesagt wurden. Auch vor der Corona-Krise gab es mehrfach Absagen beim jüngsten Lorscher Ausschuss.
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