Haushaltsplan

Auf fünf Millionen Euro steigen allein die Kitabetreuungskosten

Immer mehr Geld für soziale Aufgaben werden in Lorsch nötig. Darunter sind auch erhebliche Summen für die Flüchtlingsunterbringung.

Von 
Nina Schmelzing
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Die große Kita in der Dieterswiese wurde 2020 eröffnet, daneben entsteht gerade ein neuer Kindergarten in Modulbauweise – und ein Neubau soll folgen. © Zelinger

Lorsch. „Sehr, sehr intensiv“ habe man im Magistrat über den Haushalt 2024 beraten. Das sagte Bürgermeister Christian Schönung, als er das Zahlenwerk jetzt in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung einbrachte. Eine der nicht-öffentlichen Sitzungen dazu habe rund acht Stunden lang gedauert, berichtete er. Mit der Lektüre des umfangreichen Werkes werden nun auch die Stadtverordneten nicht schnell fertig sein, die sich in den kommenden Wochen dem Haushaltsplan widmen müssen.

Ein dicker Wälzer ist der Etat jedes Jahr. Wenig Freude macht das Lesen diesmal, weil die Lektüre schwere Kost ist – keine mit Happy End jedenfalls, mit der man sich heiter und gelassen in die Weihnachtsferien verabschieden könnte. Denn die Aufwendungen haben sich vor allem durch Pflichtaufgaben derart erhöht, dass sie jetzt nur durch eine deutliche Erhöhung der Einnahmen auszugleichen sind, für die, nach dem Solidarprinzip, Lorscher Bürger herangezogen werden.

Im Sommer wurden in der Lagerhausstraße 120 Plätzen für Flüchtlinge geschaffen. 2024 folgen weitere Wohncontiner-Anlagen. 220 neue Plätze werden für das kommende Jahr noch benötigt. © Schmelzing

Damit das gelingt, müssen Grundstückseigentümer, wie berichtet, ab 2024 eine höhere Grundsteuer bezahlen. Mieter werden gleichfalls stärker belastet, denn auf sie kann die Steuer umgelegt werden. Der Hebesatz von bisher 560 Punkten steigt um satte 135 Prozentpunkte auf den Wert von 695. Auch anderes in Lorsch wird teurer, der Eintritt ins Waldschwimmbad etwa. Die Ticketpreise steigen in der nächsten Saison um zehn bis 20 Prozent. Nach oben gehen auch die Gebühren für die Kinderbetreuung, die Friedhofsgebühren um fast 30 Prozent und die Gewerbesteuer, die um 20 Prozentpunkte auf einen Wert von 420 Punkten angehoben wird.

Bürgermeister Christian Schönung: "Sehr angespannte Lage"

Als „sehr angespannt“ beurteilte Bürgermeister Schönung die derzeitige Finanzlage, die nicht nur in Lorsch für Kopfzerbrechen und Unmut sorgt. Belastet werden die kommunalen Haushalte vielerorts durch steigende Energie- und Baukosten sowie die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst. Vor allem die sozialen Pflichtaufgaben aber, die eine Kommune nicht beeinflussen kann, sorgen für immer höhere Kosten.

Mit einem negativen Ergebnis in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro schließt das ordentliche Ergebnis im Lorscher Ergebnishaushalt ab, das – wie im Vorjahr – nur durch Entnahmen aus der Rücklage ausgeglichen werden kann. Beim Minus von fast 860 000 Euro im Finanzhaushalt ist das dagegen nicht gegeben.

Eigentümer und Mieter müssen 2024 mehr bezahlen. © Schmelzing

„Der Haushalt des Sozialen“, so charakterisierte Schönung das Lorscher Zahlenwerk für 2024. Vor allem für die Finanzierung der Kinderbetreuung und der Flüchtlingsunterbringung muss viel Geld aufgebracht werden. Knapp zwei Millionen Euro stehen im Haushalt 2024 bei den Aufwendungen für die Unterbringung der Geflüchteten. Es gibt in diesem Bereich auch Erträge. Die Unterstützung durch den Gesetzgeber aber sei „ausgesprochen schlecht“, kritisierte der Lorscher Bürgermeister.

"Wir fühlen uns vom Bund im Stich gelassen"

„Wir fühlen uns auch von Bund und Land im Stich gelassen“, sagte er mit Blick auf nötige höhere Kostenerstattungen. Eine halbe Million Euro sind nach derzeitigem Stand aus dem städtischen Haushalt zu finanzieren. Nachdem in diesem Jahr in der Lagerhausstraße eine Wohncontaineranlage für 120 Flüchtlinge errichtet wurde, die voll belegt ist, muss die Stadt bekanntlich im kommenden Jahr Plätze für 220 weitere Flüchtlinge einrichten. In der Ludwig-Erhard-Straße und in der Hüttenfelder Straße sollen ebenfalls Wohncontainer-Anlagen entstehen.

„Personell stellt uns die Unterbringung und Betreuung der Geflüchteten vor enorme Herausforderungen, die wir in der Summe nicht mehr stemmen können“, machte Schönung klar. Von der Aufgabe, die Flüchtlinge auch zu integrieren, sei man derzeit „weit entfernt“.

Auch bei der Kinderbetreuung schießen die Kosten immer weiter in die Höhe. Es sind zum einen immer mehr junge Lorscher zu betreuen, weil die Zahl junger Familien wächst. Zum anderen steigen die Personalkosten.

Die Zahl an verhaltensauffälligen Kindern nimmt zu

Drittens nimmt die Zahl verhaltensauffälliger Kinder zu. „Deutlich“, wie Schönung sagte. Zum Teil sei sogar eine 1:1-Betreuung nötig. Da bei Integrationsmaßnahmen die vorhandene Kita-Gruppengröße um fünf Plätze zu reduzieren ist, dürften in Lorsch derzeit 60 Tagesplätze nicht belegt werden. Die Folge: Es müssen, um den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr zu erfüllen, neue Plätze geschaffen und finanziert werden.

Für die tägliche Betreuung von bis zu sechs Stunden ihrer drei bis sechs Jahre alten Kinder müssen Eltern in Hessen nichts bezahlen. Umsonst ist die Dienstleistung aber natürlich nicht zu haben, finanziert werden muss sie anderweitig.

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Rund 1000 Euro kostet ein Platz umgerechnet im Monat. Knapp 150 Euro gewähre das Land als Zuschuss für die Beitragsfreistellung pro Kind und Monat an die Stadt, wies Schönung auf eine „extreme Diskrepanz“ hin.

Fünf Millionen Euro sind jedenfalls aus allgemeinen Deckungsmitteln der Stadt 2024 aufzubringen, im Vorjahr lag der Betrag noch bei 4,2 Millionen Euro. Der Anteil für Kinderbetreuung beträgt im Gesamthaushalt 11,5 Prozent, ein „Riesenanteil“, so Schönung. Für den Bau einer neuen Kita – Standort noch offen – sollen zudem mehr als zwei Millionen Euro investiert werden.

Die Stadtverordneten werden den Haushaltsplan nun intern und dann öffentlich beraten und auch nach Sparmöglichkeiten suchen.

Redaktion

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