Grundsteinlegung

Grundsteinlegung fürs Lorscher Gemeindezentrum gefeiert

Zum Festakt gehörte das Einmauern einer Schatulle, die zuvor mit einer Bibel, einer Ausgabe der Tageszeitung, einer Kirchenzeitung sowie den Bauplänen befüllt worden war.

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Nina Schmelzing
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Bauausschuss-Vorsitzender Klaus Schwab (l.) und Pfarrer Renatus Keller ließen bei der Grundsteinlegung für das Gemeindezentrum am Wingertsberg gestern auch eine Schatulle einmauern, wie es Tradition ist. Eine Bibel, die Baupläne sowie die Tageszeitung befinden sich unter anderem darin. © Gutschalk

Lorsch. Die Mitgliederzahlen bei den Kirchengemeinden hierzulande sinken stark, bei den Protestanten ist das nicht anders als bei den Katholiken. Vielerorts müssen Gebäude aufgegeben werden. Ein herausragendes Ereignis ist es daher, wenn jetzt – gegen diesen Trend – ein Haus neu gebaut wird. In Lorsch ist das der Fall. Die evangelische Kirchengemeinde hatte gestern zur Grundsteinlegung für das Familien- und Gemeindezentrum eingeladen.

Eine Bibel und eine Tageszeitung

Auf dem Wingertsberg war dazu eine größere Festgemeinde zusammengekommen. Mehrere Redner lobten die Beharrlichkeit und den Mut, mit dem in Lorsch das Bauprojekt angegangen wurde, für das 1,7 Millionen Euro investiert werden. Die Kirchengemeinde hat einen beträchtlichen Teil in Eigenleistung zu erbringen. Zum Festakt gestern gehörte unter anderem das traditionelle Einmauern einer Schatulle, die zuvor mit einer Bibel, einer Ausgabe der Tageszeitung, einer Kirchenzeitung sowie den Bauplänen befüllt worden war. Danach folgten in der Zeremonie mehrere kleine Hammerschläge auf den Deckel, ausgeführt von Ehrengästen, begleitet von vielen guten Wünschen für den Neubau.

Präses Ute Gölz schilderte in ihrer Ansprache im Namen des Dekanatssynodalvorstandes anschaulich und amüsant, wie es war, als eine Delegation aus Lorsch den Bau-Wunsch einst vorgebracht hatte. Sie räumte ein, einen Moment lang an die Liedzeile „Gib den Verrückten Kraft“ gedacht zu haben. Denn der Wunsch der „schrumpfenden Mehrheit“ falle in politisch und kirchenpolitisch schwere Zeiten. Die Lorscher aber hätten von ihrem Vorhaben überzeugen und begeistern können – und ein Schwerpunkt der Dekanatsarbeit sei es schließlich, Familien zu stärken, erklärte Gölz. Das neue Haus werde Raum für viele Begegnungen ermöglichen, freute sie sich.

Präses Ute Gölz war eine der Festrednerinnen in Lorsch. © Gutschalk

Die Kraft und Ausdauer lobte auch die stellvertretende Kirchenpräsidentin Ulrike Scherf. Der Neubau sei ein „Wagnis“, aber eben auch ein „Statement“, dafür, dass Lorsch etwas bewegen wolle, sagte sie unter dem Beifall der Zuhörer. Das neue Zentrum werde Raum bieten, um Gemeinschaft erleben zu können.

Pfarrer Renatus Keller sowie Klaus Schwab als Bauausschuss-Vorsitzende der Kirchengemeinde blickten in ihren Reden auf die bereits achtjährige Zeit der Planung zurück und die Hürden, die zu überwinden waren auf dem Weg, das alte Martin-Luther-Haus abzureißen und durch das neue Zentrum zu ersetzen. Ein Rückschlag war vor allem durchzustehen, als der Förderantrag der Stadt beim Land zunächst keine Genehmigung erhielt. Im Förderprogramm „Soziale Integration im Quartier“ aber sei 2020 dann ein erfolgreicher Zuwendungsbescheid gelungen.

Schon über 100 000 Euro erzielt

Ein Dank ging dabei unter anderem an den Lorscher Bauamtsleiter Volker Knaup. Schwab, Keller und die Kirchenvorstandsvorsitzende Margot Müller dankten auch für Zuwendungen von Land und Bund in Höhe von zusammen 805000 Euro und die knapp 90 000 Euro Unterstützung von Seiten der Stadt. Von der hessischen Landeskirche sei ein „überschaubarer Zuschuss“ gekommen, den Rest muss die Kirchengemeinde finanzieren. Rücklagen und ein Darlehen helfen. Von den 120 000 Euro, die über Spenden zu erbringen sind, habe man kurz vor Weihnachten bereits die 100 000-er Marke erreicht.

Nicht nur Protestanten spendeten

Um einen Teil der jetzt noch rund 15 000 Euro zu generieren, standen auch beim Festakt gestern Sammelkörbchen bereit. Klaus Schwab berichtete, man habe trotz der allgemeinen Kostensteigerungen überall das Startbudget von 1,7 Millionen Euro bisher weitgehend kompensieren können, eine Darlehenserhöhung von 75 000 Euro habe man vorgenommen.

Ein Fundament auf Sand gebaut



Kirchenvorstandsvorsitzende Margot Müller informierte bei der Grundsteinlegung für das evangelische Gemeindezentrum kurz über Grundsteinlegungen in früherer Zeit. Besonders gekennzeichnete Bausteine habe man erst ab dem 12. Jahrhundert verwendet, Kassetten sogar erst ab der Frühen Neuzeit eingemauert. Schon seit Jahrhunderten aber habe es aus Anlass eines Neubaus symbolkräftige Handlungen gegeben.

Die Grundsteinlegung der katholischen Kirche St. Nazarius datiert auf das Jahr 1725, erinnerte Müller, die evangelische Kirche am Wingertsberg entstand 1895. Nur 200 Protestanten umfasste die kleine Gemeinde im katholischen Lorsch damals. Einen eigenen Pfarrer hatte sie nicht, betreut wurde sie von einem Geistlichen aus Bensheim.

Pfarrer Renatus Keller erinnerte in seiner Predigt an den Bibelvers, nach dem unvernünftig handele, wer sein Haus auf Sand baue. Der evangelischen Gemeinde sei damals für den Kirchenbau ein Grundstück auf der Lorscher Düne zugewiesen worden. Auf Sand seien Kirche und Martin-Luther-Haus errichtet, aber auf den Grund in Lorsch dürfe man vertrauen. Aufgabe sei es jetzt, Platz zu schaffen für Neues. Der Neubau werde ein Grenzen überwindender Bau. In einer zunehmend auseinanderdriftenden Welt werde er Raum bieten für alle, die zusammen beten, feiern, arbeiten oder sich begegnen möchten. Ein „einladendes, offenes Haus“ und ein Ort der guten Gemeinschaft werde das Zentrum sein, sagte auch Ulrike Scherf. Alle Besucher des Festakts zur Grundsteinlegung sangen in der Kirche, begleitet von Pfarrer Keller an der Gitarre und Katja Keller an der Querflöte, als „Gemeindehymne“ das Lied „Feier unsres Lebens“. sch

Nicht nur von Gemeindemitgliedern selbst seien Spenden eingegangen, informierte Pfarrer Keller erfreut. Er dankte auch Gunnar Markert, dem Vorsitzenden des Förderkreises, für dessen besonderes ehrenamtliches Engagement.

Raum für Begegnungen schaffen

Alles wirkliche Leben ist Begegnung, zitierte CDU-Landtagsabgeordneter Alexander Bauer in seiner Rede eine Erkenntnis des Religionsphilosophen Martin Buber. Das Land Hessen fördere die Begegnung von Menschen und habe daher den heute selten gewordenen Bau eines Gemeindezentrums unterstützt.

Baulich sei das Projekt eine interessante Herausforderung, erklärte Matthias Schimpf mit Blick auf den rund um die Welterbestätte geltenden Umgebungsschutz. Die evangelische Kirche und der Kirchenrest auf dem Klostergelände liegen gegenüber in Sichtweite zueinander. Der Lorscher Grünen-Chef sprach als Vertreter von Landrat Christian Engelhardt. Das neue Haus solle der vielfältigen urbanen Gesellschaft als offener Treffpunkt dienen. Die Baugenehmigung sei erteilt, so Schimpf.

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