Lorsch. In der Lorscher Stadtmitte kann man unter anderem einen prächtigen Zunftbaum bewundern. Die schmucken Wappen, die er trägt, symbolisieren verschiedene Handwerkskünste. Der Zunftbaum wurde vom Lorscher Gewerbeverein einst in direkter Nähe zum Alten Rathaus aufgestellt. Anlass war das 100-jährige Vereinsbestehen. Momentan sucht man den Hingucker allerdings vergeblich. Er wurde abgebaut.
Einige Lorscher hätten bereits bei ihm nachgefragt, warum der Zunftbaum verschwunden ist. Das berichtete der Vorsitzende des Gewerbevereins, Hans Joachim Teichmann, am Freitagabend im Rahmen der Jahreshauptversammlung. Sorge, dass der Wappenbaum dauerhaft aus dem Stadtbild verschwindet, muss aber niemand haben. Der Zunftbaum wird vielmehr erneuert.
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Bis spätestens zur Kerb im September soll das Schmuckstück wieder zurück sein, versprach Teichmann. Die 21 Schilder seien noch in einem guten Zustand, berichtete er auf Nachfrage. Für den Stamm aus Fichtenholz allerdings traf das nicht mehr zu. Einsturzgefährdet sei der Zunftbaum keineswegs gewesen, weist der Gewerbeverein-Vorstand eine geäußerte Befürchtung zurück. Die Jahre aber hätten am Zunftbaum genagt, räumt Teichmann ein.
Wappen bleiben, Querträger werden moderner gestaltet
Der Verein wird nun einen Stamm aus witterungsbeständigerem Lärchenholz für den neuen Baum gestalten. Die Wappenschilder – sie symbolisieren mit dem Bild einer Brezel zum Beispiel die Zunft der Bäcker, mit Zirkel und Schieferhämmern die der Dachdecker – sollen gereinigt und ansonsten unverändert bleiben. Etwas moderner, mit abgeschrägten Geraden, sollen die Querträger als Äste künftig angeordnet sein. Ursprünglich sollte der Zunftbaum zum Jubiläum nur einige Zeit lang in der Stadtmitte stehen, erinnern sich Mitglieder. Inzwischen aber gehört er seit bald 30 Jahren zum Lorscher Ortsmittelpunkt dazu.
Mangelnde Wertschätzungen?
Diskutiert wurde bei der Hauptversammlung auch über die Ruhebank, die der Gewerbeverein in der Remise aufstellen will. Eine Tafel an der Bank könnte an Pflanz-Aktion, Jubiläum und Spender erinnern. Es wurden zwar auch Bedenken formuliert. Durch Vandalismus, hieß es etwa, könnte alles zerstört werden und eine Vermüllung des Platzes könnte die gute Sache ins Gegenteil verkehren.
Aus Angst vor Vandalismus nichts mehr zu unternehmen, sei aber verkehrt, so die Mehrheit der Versammlung. Werde die nahe Siemens-Schule informiert, könnte zudem an die Schüler appelliert werden, keinen Unrat an der Bank zu hinterlassen, wurde vorgeschlagen. Es seien nicht nur einige Schüler, die sich respektlos in der Remise verhalten, wandten andere Vereinsmitglieder ein. Ob auch ein Müllbehälter zur Bank installiert werden soll, ist noch offen. Er könnte dazu einladen, nur wegen der Entsorgungsmöglichkeit zu kommen und ihn mit Fremdmüll zu verstopfen. Geklärt werden soll, ob eine regelmäßige Leerung sichergestellt werden könnte.
Das Thema mangelnde Wertschätzung kam auch noch in einem anderen Zusammenhang zur Sprache: mehrere Mitglieder äußerten sich „verwundert“ beziehungsweise enttäuscht darüber, dass kein Vertreter der Stadt zur Hauptversammlung begrüßt werden konnte. Ein Besuch eines Mitglieds des Magistrats war erwartet worden, zumal man im Vorfeld mit der Verwaltung im Kontakt stand. Der Gewerbeverein repräsentiere einen wichtigen Teil des Mittelstands, die Aktiven zahlten Gewerbesteuern und der traditionsreiche Verein engagiere sich für Lorsch, listeten Mitglieder auf.
Im Unterschied zur Vermüllung der Remise, für die es keine Entschuldigung gäbe, handelte es sich beim fehlenden Magistrat jedoch offenbar nur um ein bedauerliches Termin-Versehen. Das war gestern im Nachhinein zu erfahren. Eine Entschuldigung an den Verein soll bereits unterwegs sein. sch
Das jüngste besondere Jubiläum war bei der Hauptversammlung natürlich auch noch einmal Thema. 2022 feierte der Gewerbeverein sein 125-jähriges Bestehen. Höhepunkt der Feierlichkeiten war ein
e große Pflanz-Aktion. Der Vereinsvorstand hatte die Bevölkerung zur Mithilfe aufgerufen, denn die Mitglieder wollten – passend zum Jubiläum – 125 Bäume in der Remise setzen, um für Nachwuchs auf den Kahlflächen dort zu sorgen.
Mitgliedsbeitrag wird angehoben
Die Bereitschaft, die Aktion zu unterstützen, war erfreulich groß. So starken Anklang fand die Idee, dass letztlich Spenden für rund 400 Bäumchen zusammenkamen. Nur ein Teil der Pflanzen allerdings wird es unter den nicht besonders guten Umweltbedingungen schaffen, die Vorgänger zu ersetzen, die wegen Trockenheit und Käferbefall im stolzen Alter gefällt werden mussten. Darauf hatten Mitglieder von Anbeginn an hingewiesen. Etwas unterschätzt hatten einige zudem den Appetit von Waldbewohnern auf das junge Grün. Deshalb wurde inzwischen ein Zaun als Schutz um die Jungbäume angebracht.
Auch Vorstandswahlen standen auf der Tagesordnung der Hauptversammlung. Die Mitglieder zeigten sich mit der Arbeit ihres Teams um Vorsitzenden Hans Joachim Teichmann sehr zufrieden. Teichmann, einziger Kandidat für das Amt des Vorsitzenden, wurde einstimmig und unter dem Applaus der Versammlung bestätigt. Zwei weitere Jahre bleibt der Lorscher damit an der Spitze des aktuell etwas über 100 Mitglieder zählenden Gewerbevereins.
Als Beisitzer wurden Simon Helwig, Martin Eichhorn, Christian Rogalsky, Michael Rothenheber, Dietmar Eberhard, Andreas Diehl und Alexander Schmitt gewählt. Neuer Kassenprüfer ist Cornelius Helwig.
Beraten wurde außerdem über den Mitgliedsbeitrag. Dass er angehoben werden sollte, darüber war man sich einig. Statt bislang 15 Euro im Jahr soll die Mitgliedschaft im Jahr nun künftig 25 Euro betragen, wurde einstimmig beschlossen.
Stammtisch und Herbstfest
Es sollen nicht nur laufende Kosten gedeckt werden können. Der Gewerbeverein will sich auch weiterhin einbringen ins Stadtgeschehen. Präsent wird er unter anderem wieder bei der Kerb sein. Der große Stand auf dem Benediktinerplatz hatte zuletzt für Aufmerksamkeit und viel Lob bei Besuchern gesorgt. Erinnert wurden die Mitglieder auch an die Stammtisch-Runden: am 25. April, 4. Juni und 28. August sind Treffen geplant. Ein Herbstfest ist außerdem für den 12. Oktober terminiert. Gefeiert wird dann auf dem Gelände des Lorscher Obst- und Gartenbauvereins.
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