Ärgernis

Ärger um ein verlassenes Haus zwischen Lorsch und Hüttenfeld

Ein marodes Gebäude wird von Bürgern als Gefahr für Mensch und Tier wahrgenommen. In der Nähe grasten zuletzt die Wasserbüffel der „Großen Pflanzenfresser“.

Von 
Stephen Wolf
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„Lost Place“: Das Anwesen am Grenzweg zwischen Hüttenfeld und Lorsch steht seit Jahrzehnten leer. Die Suche nach Käufern läuft. © Berno Nix

Bergstraße. Das Gebäude am äußersten Rand von Hüttenfeld wirkt wie ein echtes Spukhaus. Hinter dicken Büschen und Brombeersträuchern lässt sich die marode Fassade des Gebäudes gerade so erkennen. Die dunklen Fensterläden sind geschlossen, hinter dem Maschendrahtzaun ist ein überwucherter Garten zu sehen. Der mit Pflanzen überwucherte Swimmingpool wirkt wie verwunschen. Nach den regnerischen Monaten steht hier das Wasser fast bis zum Rand.

Schräg gegenüber, zwischen Bäumen und Tümpeln, hatte der Lorscher Verein „Förderkreis Große Pflanzenfresser im Kreis Bergstraße“ während des Winters mehrere Wasserbüffel untergebracht. Der Weg zwischen dem Gehege und dem verwitterten Gebäude markiert die Grenze zwischen Lorsch und Hüttenfeld. Obwohl der Verfall des Gemäuers deutlich sichtbar ist – oder womöglich gerade deshalb –, sind bei einem Besuch Anfang April auch Spuren von Eindringlingen zu erkennen.

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Beispielsweise steht eine Tür des Vorbaus halboffen, etwas Abfall liegt auf dem Boden. „Mittlerweile kommen auch Jugendliche her. Was soll man auch in Hüttenfeld groß machen?“, fragt Elke Simon, die seit Jahren im Stadtteil lebt. Hier, in der Nähe des Friedhofs, kennt sich die Unternehmerin aus. Schon allein, weil sie regelmäßig mit ihren Hunden auf den nahen Feldwegen unterwegs ist.

Skeptisch blickt sie auf das Gebäude, das notdürftig umzäunt ist. Klar ist aber: Sowohl Menschen als auch Tiere können problemlos auf das Grundstück gelangen. Vor allem der frühere Pool auf dem von Pflanzen überwucherten Grundstück ist der Hundebesitzerin ein Dorn im Auge: „Der kann schnell zu einer Falle für Tiere werden“, gibt sie zu bedenken.

Es gilt der Grundsatz: „Eltern haften für ihre Kinder“

Sie selbst habe schon erlebt, dass vor einiger Zeit ein junges Reh aus dem Becken gerettet werden musste. Zwar liegt auf einer Seite des Pools eine Art Gitter, doch für Kaninchen, kleine Hunde oder Igel stellt das kein Hindernis dar. „Umgekehrt kommt ein Tier aus diesem Loch wohl kaum wieder heraus und verendet womöglich“, vermutet Elke Simon. Auch für Menschen geht eine Unfallgefahr von dem düsteren Anwesen aus, wie der frühere Vorsitzende des Hüttenfelder Ortsbeirats, Karl-Heinz Berg, sagt: „Das ist eine gefährliche Ecke.“

Dies, zumal immer wieder Mädchen und Jungen nach Schulschluss die Gegend und die Ruine erkunden wollten. Dabei werde „Schindluder getrieben“, sagt Berg, der nach wie vor dem Lampertheimer Stadtparlament als Abgeordneter angehört. Dass die Ruine auf Lampertheimer Gemarkung stehen soll, ist für selbst für Karl-Heinz Berg neu. Bisher dachte er, das marode Gebäude befinde sich auf Lorscher Gemarkung. Tatsächlich aber wurden die Grenzen rund um das verwilderte Grundstück im Laufe der Jahrzehnte mehrfach zwischen den umliegenden Kommunen verschoben. Manchmal nur um wenige Meter. Unter dem Eindruck der neuen Erkenntnis hält es Berg für geboten, entweder die Stadt oder die Eigentümer in Verantwortung zu nehmen.

Klar ist, heute liegt das besagte Haus auf Lampertheimer Gebiet, wie die Stadt bestätigt. Auf den ersten Blick könnte das Ordnungsamt daher auf eine bessere Sicherung des Geländes drängen. „Allerdings ist es so, dass Privateigentum in Deutschland sehr stark geschützt ist. Daher hat unsere Stadtpolizei hier keine Handhabe. Auch darf sie das Grundstück nicht einfach betreten“, teilt ein Sprecher der Stadtverwaltung auf Anfrage mit. Konkrete Beschwerden lägen ohnehin nicht vor, es gebe ja keine direkten Nachbarn. Solange von einem Objekt keine Gefahr ausgeht – etwa durch Vermüllung, den Befall mit Ungeziefer oder gar aufgrund von Giftstoffen –, müsse ein Eigentümer nicht tätig werden.

„Was das Aufsuchen des Hauses durch Teenager angeht, gilt die Haftung der Eltern für ihre Kinder, wenn diese minderjährig sind“, heißt es weiter von der Stadt. Volljährige seien selbst für sich verantwortlich. „Am besten wäre es, wenn gar nicht erst etwas passieren würde“, sagt eine Spaziergängerin, die misstrauisch auf die Ruine blickt.

Doch wem gehört das Gebäude überhaupt, wer hat hier einst gelebt? Wie sich im Laufe der Recherche für diesen Beitrag herausgestellt hat, gehört das Haus zumindest teilweise einer Frau, die in Südhessen lebt. Nachdem zunächst mehrere Versuche scheiterten, telefonisch Kontakt aufzunehmen, meldet sich die Besitzerin kurz vor Redaktionsschluss. Am Telefon schildert sie ihre Sicht der Dinge: „Immer wieder dringen Unbekannte in das Haus ein und randalieren“, sagt sie. Im Schutze der Nacht würden immer wieder Fensterscheiben zertrümmert, Teile der Fassade beschädigt. Das gehe schon seit Jahren so. Selbst eine Anzeige bei der Polizei habe zu keinem Ergebnis geführt. „Und es hat sich dabei wirklich um Vandalismus der bösen Art gehandelt“, sagt die Frau.

Die Besitzerin führt zurzeit Verkaufsgespräche

Freimütig räumt sie ein, dass die prekäre Situation eine Überforderung darstellt. Dass sich die Leute in Hüttenfeld über den Zustand der Immobilie beschweren, sei zusätzlich belastend. Das Haus gehöre ihrer Familie, die meisten Mitglieder lebten in anderen Regionen Deutschlands. Da sie in der Nähe des Gebäudes lebt, komme ihr die Aufgabe zu, den Verkauf zu organisieren. Bisherige Verhandlungen mit Interessenten seien allerdings ergebnislos geblieben. Aktuell gebe es aber erneute Verkaufsgespräche. Wie oft in solchen Fällen müssten aber noch baurechtliche Fragen geklärt werden, etwa zum Bestandsschutz. Klar wird: Die Frau würde das Kapitel gerne abschließen. „Das Ding bringt mich noch ins Grab“, sagt sie.

Redaktion

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