Lorsch/Einhausen. So voll besetzt sind die Bänke in der Kirche St. Nazarius nicht sehr oft – und auch im Altarraum sind nur selten so viele Geistliche zu sehen, wie es am Sonntag der Fall war. Es stand ein besonderer Gottesdienst an. Das betonten sowohl Pfarrer Michael Bartmann als auch Bischof Peter Kohlgraf, der deshalb aus Mainz zu den Katholiken nach Lorsch gekommen war.
Sorge, eine kleine Gemeinde würde von der größeren „geschluckt“ werden
Auf diesen „Gottesdienst zur Fusion“ war sowohl in Lorsch als auch in Einhausen seit vielen Monaten hingearbeitet worden. Jetzt ist der Zusammenschluss vollzogen. Aus den bislang eigenständigen Pfarrgemeinden St. Nazarius Lorsch und St. Michael Einhausen ist die Großgemeinde „Heilige Edith Stein“ entstanden. Mehrfach reichten sich Lorscher und Einhäuser am Sonntag symbolträchtig die Hand, um Gemeinsamkeit zu demonstrieren, gingen kurze Wegstrecken auch demonstrativ Hand in Hand. Abordnungen der Kolpingfamilie und des Frauenbundes zogen zum festlichen Gottesdienst mit in die Kirche ein und schwenkten ihre Vereinsfahnen.
Bischof Kohlgraf erinnerte an „viele Gespräche“ und Sitzungen im Vorfeld der Fusion und dankte „allen, die diesen Weg mitgehen“. Die Sorge, eine kleine Gemeinde würde von der größeren „geschluckt“ werden, nehme er ernst.
Für Katholiken sei es wichtig, eine „Kontrastgesellschaft“ zu bilden
Die Befürchtung, es entstehe eine „XXL-Pfarrgemeinde“ sei aber unbegründet, stellte er mit Blick auf die Mitgliederzahlen klar. Die Gemeinden sollten auch „nicht ineinander“ aufgehen, es sei „kein kirchlicher Eintopf“ vorgesehen. Jeder Kirchort solle seinen Charme behalten können.
„Beieinander, Miteinander, Füreinander“ – diese drei Worte stellte Kohlgraf in seiner Ansprache in den Mittelpunkt. Ja, Lorsch und Einhausen seien unterschiedlich groß und pflegten unterschiedliche Traditionen, räumte der Bischof ein. Dennoch gebe es längst eine Menge Gemeinsamkeiten – und in einigen Jahren werde vieles heute noch Verunsichernde als „normal“ erscheinen, als sei es schon immer so gewesen, zeigte er sich sicher. Er warb nachdrücklich dafür, nach gemeinsamen Lösungen zu suchen, überall dort, wo noch nicht alles gut funktioniere. Mancher aber habe bereits den „Reichtum des Nachbarn entdeckt“, davon profitierten beide Seiten.
In einer Gesellschaft, die sich zunehmend spalte, sei es für Katholiken wichtig, eine „Kontrastgesellschaft“ zu bilden, an gemeinsamen Zielen zu arbeiten. „Als Kirche haben wir einen „Auftrag für die Gesellschaft“, erinnerte der Bischof. Kirche sei „kein Selbstzweck“. Christen hätten sich nicht nur um das eigene Wohlbefinden zu kümmern, sondern verstünden sich als Wegbegleiter auch für andere. Sie hätten einen Auftrag für die Kirche und die Welt. Kohlgraf nannte beispielhaft die Caritas und den Frieden.
Auch Vertreter der evangelischen Gemeinde wurden willkommen geheißen
Im Gottesdienst, den musikalisch die Schola unter Leitung von Thomas Adelberger bereicherte, dankte Pfarrer Michael Bartmann unter anderem Michaela Groß und Roswitha Grieser. Für beide Frauen gab es Blumensträuße. Bartmann dankte ihnen stellvertretend für alle Lorscher und Einhäuser Katholiken, die sich ehrenamtlich mit enormem Einsatz für die neue Gemeinde engagierten und auch manche „Enttäuschung“ verkraften mussten. „Bitte, machen Sie weiter“, bat Bartmann um die weitere Mitarbeit.
Bischof Kohlgraf überreichte Michael Bartmann im Gottesdienst auch das Dekret, das den Lorscher nun als leitenden Pfarrer für die neue Pfarrgemeinde ausweist. Die Gottesdienstbesucher applaudierten. Edith Stein für das Patronat ausgesucht zu haben, sei eine gute Wahl, lobte der Bischof den Namen, für den sich die Lorscher und Einhäuser entschieden haben. Die deutsche Jüdin, die zum Christentum konvertierte und in Auschwitz ermordet wurde, ist 1998 heiliggesprochen worden. Peter Kohlgraf würdigte Edith Stein als eine „herausragende Frau“. Die Wurzeln im Judentum zu kennen, sei für Christen wichtig.
Der Gottesdienst – zu den Besuchern zählten unter anderem auch die Bürgermeister aus Lorsch und Einhausen sowie Landrat Christian Engelhardt – wurde von einer großen Zahl an Ministranten aus Lorsch und Einhausen unterstützt. Auch Vertreter der evangelischen Gemeinde wurden willkommen geheißen. Als „Mitbrüder“ wurden neben dem Lorscher Alexander Rothermel die Pfarrer Dieter Wessel und Hermann-Josef Herd begrüßt. Für ihre Bereitschaft, als Pfarrer jederzeit einzuspringen, wenn es nötig war, gab es ebenfalls kräftigen Beifall.
Genesungs- und Segenswünsche an Pfarrer Rein
Bischof Kohlgraf vergaß auch nicht, Klaus Rein zu danken. Der Einhäuser Pfarrer, seit längerer Zeit gesundheitlich stark beeinträchtigt, konnte krankheitsbedingt auch am Fusionsgottesdienst nicht teilnehmen. Die Versammlung in Lorsch schickte ihm Genesungs- und Segenswünsche in der für ihn gesundheitlich schwierigen Zeit und wünschte ihm auch für die Zukunft viel Kraft.
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