Lorsch. Freude gestern bei der CDU. Denn die meisten Wähler machten ihr Kreuzchen bei der Europawahl wieder bei den Christdemokraten. Im Vergleich zur Wahl von 2019 konnten sie sogar noch klare Zugewinne um vier Punkte verbuchen: von 30 auf jetzt 34,4 Prozent. Ein satter Vorsprung an der Spitze gegenüber allen Mitbewerbern. Für die Grünen stimmten dagegen deutlich weniger Lorscher als vor fünf Jahren. Ihr Ergebnis, damals sensationell verdoppelt auf 25,8 Prozent, hat sich nun fast wieder auf die Zahl von 2014 halbiert: 13,1 Prozent. Vom vormaligen Platz zwei in der Wählergunst stürzten sie dramatisch ab, landeten jetzt hinter den Sozialdemokraten – und zudem noch hinter der AfD.
„Nicht befriedigend“, kommentierte Grünen-Chef Matthias Schimpf gestern das Abschneiden seiner Partei. Man habe zuvor ein „hohes Niveau“ über dem Landesschnitt erreicht gehabt. Aus Berlin habe es „keinen Rückenwind“ gegeben. Als „erschreckend“ beurteilte er die Zuwächse für die AfD.
Die Sozialdemokraten in Lorsch zeigten sich erfreut darüber, nicht weitere Verluste kassiert zu haben. Die Lorscher Wähler bescherten ihnen exakt dasselbe Ergebnis wie vor fünf Jahren: 14,9 Prozent. Dass die AfD auch in Lorsch zu den unübersehbaren Wahlgewinnern gehört, machte sowohl SPD-Fraktionschef Dirk Sander als auch seinen Parteifreund und SPD-Vorsitzenden Marcel Claros sprachlos. „Es ist nicht erklärbar, dass die AfD so viele Stimmen bekommt, nach all den Skandalen, die sie sich geleistet hat“, sagten sie.
Die AfD hat in Lorsch noch deutlich mehr Anhänger mobilisieren können als vor fünf Jahren. Damals zeigten sich nicht wenige Wahlbeobachter bereits beunruhig über die 9,3 Prozent. Die „Alternative für Deutschland“ hat in Lorsch keinen Ortsverein, ist nicht im Stadtparlament vertreten und sichtbar nur auf Wahlplakaten – bei der Europawahl holte sie in Lorsch aber trotzdem jetzt erstmals ein deutlich zweistelliges Ergebnis: Mit 13,5 Prozent überholt sie die Grünen und liegt zudem meilenweit vor den Liberalen.
Die FDP konnte sich – um 0,1 Prozentpunkte hauchdünn verbessert – mit 6,3 Prozent behaupten. Zugewinne verzeichnen kleine und „sonstige“ Wahlvorschläge, darunter BSW, das erst in diesem Jahr gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht. In Lorsch holte es auf Anhieb mehr als vier Prozent der Stimmen.
Erste Wähler schon um 7.30 Uhr da
Deutlich größer als vor fünf Jahren war das Interesse an der Europawahl. Rund 10 600 Lorscher und damit so viele wie nie zuvor waren stimmberechtigt – und 68,3 Prozent machten diesmal ihr Kreuzchen. Vor fünf Jahren gingen 63,3 Prozent der berechtigten Lorscher zur Wahl. Die ersten Wähler standen erneut schon weit vor Öffnung der Wahllokale vor der Tür. Wahlhelfer aus mehreren Wahllokalen berichteten, dass sie Lorscher, die zum Teil bereits um 7.30 Uhr zur Wahlurne drängten, um eine halbe Stunde Geduld bitten mussten. Andere kamen erst Sekunden vor der Schließung um 18 Uhr geeilt.
Wieso investieren sie Zeit, um eine einzige Stimme abzugeben? Wer Wähler das fragte, bekam meist zur Antwort: „Wer sich nicht beteiligt, darf dann auch nicht meckern“ und „Jede Stimme zählt“. Eine 17-jährige Gymnasiastin, die sich freute, nun erstmals wählen zu dürfen, wünschte sich, dass Themen wie die Europawahl auch in der Schule öfter behandelt werden sollten.
Lorsch war – zum wiederholten Mal – auch für Wahlforscher eine gefragte Adresse. Für Infratest dimap, das Zahlen für die Berichterstattung in der ARD ermittelt, war ein Mitarbeiter vor Ort in der Siemens-Schule. Peter Horn hatte dort allerdings diesmal nicht die Aufgabe, Wähler im Anschluss an ihre Stimmabgabe zu ihrer Entscheidung zu befragen. Er sollte im Briefwahlbezirk lediglich das Ergebnis der Auszählung abwarten und dieses dann sofort online weiterleiten.
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