Lorsch. Der Kreisverband Bergstraße des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wendet sich gegen die Absicht, in Lorsch südlich der Friedensstraße ein neues Wohnbaugebiet zu ermöglichen. Guido Carl, Sprecher des BUND, warnt davor, einen „Ausverkauf der Wiesenflächen entlang der Südost-Umgehung zu beginnen“. Der „letzte größere Offenlandbereich im Lorscher Osten“ solle erhalten werden.
„Wer den Flächenkuchen anschneidet, will auch die ganzen vierzig Hektar verspeisen“, so Carl mit Blick auf weitere Folgen des Vorhabens „Südlich der Friedensstraße“. Schon jetzt verweist der Bauentwurf auf ein künftig anschließendes Baugebiet. Aus Sicht des Umweltverbands müsse die Anfang Februar beschlossene Bauempfehlung des Bauausschusses abgelehnt werden.
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„Mehr CO2-Emissionen durch Bauen und Wohnen beschleunigen die Klimakatastrophe“, so Carl und fügt an: „Den Landwirten würden erneut Flächen genommen, das Lorscher Kleinklima gestört und in Zeiten des sechsten großen Massenaussterbens würden Offenland-Lebensräume zerstört.“ Nicht zuletzt müssten Lorscher Bürger auf einen Naherholungsbereich mit einmaliger Sicht zur Bergstraße verzichten.
Kritik an „Unverhältnismäßigkeit“
Der Umweltverband verweist auf aktuelle Bauprojekte am ehemaligen „Hotel Sandhas“, der alten Feuerwehr und dem Blust-Areal sowie auf das künftige Bauprojekt am Sägewerk Koch. Sie zeigten, dass Lorsch sich auch innerhalb der Bebauungsgrenzen erfolgreich weiterentwickeln könne. „Die Ausweisung neuer Baugebiete ist die Weiterführung einer umweltzerstörenden Politik aus dem 20. Jahrhundert“, sagt Hans-Jörg Langen vom BUND Bergstraße. Neue Bauflächen drängten die Landwirtschaft immer weiter zurück. Das gelte schon für das im Lagerfeld am Geflügelzuchtverein geplante Baugebiet und nun umso mehr für die neuen Flächen in einem Vorranggebiet für Landwirtschaft. Die Ausweisung weiterer Bauflächen „unverhältnismäßig“.
Das neue Baugebiet sei ein „massiver Schub für Lorscher Klimaemissionen“, so Carl. Der verbaute Beton wirke als „Klimakiller“, neue Wohnfläche benötige zusätzliche Energie und Bevölkerungszuwachs führe zu mehr verkehrsbedingten Emissionen. Der Naturschutzbund verweist zudem darauf, dass die CO2-Bindung in den heutigen Wiesenflächen verloren ginge. „Angesichts der Forderung des Weltklimarats nach einer massiven und extrem schnellen Reduzierung von Klimagasen ist die Ausweisung von Neubauflächen ein Schritt in die falsche Richtung“, so der BUND. Auch das Kleinklima werde leiden. Deutlich weniger Regenwasser könnte versickern und die kühlende Wirkung in den Sommermonaten – das Gebiet ist ein Vorbehaltsgebiet für besondere Klimafunktionen – ginge verloren, warnt der Lorscher Guido Carl.
Auch das rasant fortschreitende Artensterben sei bei der Entscheidung für das Baugebiet offenbar kein Thema, kritisiert der BUND. „Massive Verluste an Wildbienen und anderen Insekten“ sowie die Gefährdung ehemaliger Allerweltsarten wie Stare und Rebhühner und der andauernde Verlust von Offenland und lebendigem Boden seien dafür deutliche Zeichen. Der Bauausschuss beziehe sich nur auf den Lorscher Stadtentwicklungsplan, in dem die gesamte Freifläche entlang der Südostumgehung als Siedlungsfläche vorgesehen ist, während der Landschaftsplan, die naturschutzfachliche Planung der Stadt, mit „muss angepasst werden“ übergangen werde.
Mit der Erschließung des Lorscher Ostens würde die Bebauung „bis auf 500 Meter gefährlich nahe ans Naturschutzgebiet Weschnitzinsel heranrücken“, so Carl. Lorsch könne stolz auf seine Naturschutzarbeit sein, „aber die Zerstörung der offenen Wiesen und Felder“ werde das Artensterben vorantreiben.“
Zuwachs muss bezahlt werden
Die Naturschützer erinnern auch daran, dass Neubaugebiete Stadt und Bürger „viel Geld kosten“. Schließlich seien Kita-Plätze und Schulraum zu schaffen, der öffentliche Nahverkehr und die Kläranlage müssten auf die erhöhten Kapazitäten angepasst werden. Die Bergsträßer Naturschützer fordern die Stadtverordnetenversammlung daher auf, die Ausweisung des neuen Baugebiets „Südlich der Friedensstraße“ abzulehnen. red
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