Tradition

Der Hund stibitzte in Winterkasten den ganzen Wurstvorrat

Kerwevadder Laurin Ehrhardt und Mundschenk Sebastian Kredel gaben in der Kerweredd lustige Anekdoten aus dem Waldhufendorf zum Besten.

Von 
Jutta Haas
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Haben gute Laune und viel in der „Redd“ zu erzählen: Mundschenk Sebastian Kredel (links) und Kerwevadder Laurin Ehrhardt (rechts) mit Kerweprinzessin Ariane Ehrhardt. © Dirk Zengel

Winterkasten. „Wenn die Äbbel werrn gepresst zum Woi, un die Kih kumme vun de Veehwaad roi“, reimten Kerwevadder Laurin Ehrhardt und Mundschenk Sebastian Kredel. Sie hatten das dicke Buch mit der Kerweredd aufgeschlagen und schauten munter in die Runde der vielen Gäste, die sich nach dem Kerbumzug in der Festhalle eingefunden hatten. „Wenn Aaschhernnschen die Niss hoamschlaafe, un mer mit Fackle doischs Ort nuff laafe. Donn is in Windekaschde Kerb.“ Das war nur der Anfang mit der in Reimen gefassten Kerweredd in bester Winterkäster Mundart.

Traditionell beginnt die Winterkäster Kerweredd mit einem Blick über den Berg hinüber nach Lindenfels. „En naie Boijemoaschde sitzt im Rothaus drinn, e naies Faiewehrhaus fer uns macht Sinn.“ Kritisiert wurde jedoch der Straßenzustand in Winterkasten und dass dies wohl dem städtischen Rathaus ziemlich egal ist. Noch viel größer ist das Unverständnis, dass Winterkasten mit Solarpaneelen zugedeckt werden soll: „Der geploande Solarpark in Windekaschde gäid ausschließlich zu unsne Laschde. Vun de Laure Grenz bis uff die Winkle Häi soll der geploante Schwachsinn gäi. Däs is alles oannre als schäi, aloa die Vorstellung dudd wäi." Die Symbolfiguren der Kerb riefen zur Unterstützung in die Runde auf: „Unse geliebtes Dorf gilt‘s jetzt zu schitze!“

Mit Elan ging es dann zu den Geschichten in der Kerwerredd und da war so manches dabei, worüber sich die Zuhörer amüsieren konnten. Den Anfang machte ein gefräßiger Hund. „Mer laide grod an Worschdenot, un noch dezu fehlt uns a Brot“, die Hausfrau schickte ihren Mann und Hund ins Dorf zum Einkaufen. Als Erstes wurde der Metzger angesteuert. Hier brauchte er schon etwas Geduld, denn es waren noch mehr Kunden vor ihm. Doch endlich war es geschafft: „Die Dasch ins Audo noigefeiet, es Audo schnell zum Bägge gschteiet.“ Die Zeit bis zum Mittagessen wurde knapp, deshalb ließ er während des Broteinkaufs den Hund im Auto. Dieser nutzte die Gunst der Stunde, denn die Wursttasche war nicht weit. Als der Mann mit seinem Brot zurückkam, war es passiert: „Der Hund guggt gonz zufreere droi, soi Herrsche kriegt sich schier net oi.“ Kurz vor dem Schließen des Metzgergeschäfts rannte er nochmal in den Laden, um die Wurstvorräte wieder aufzufüllen.

Vollbremsung bescherte ein Streuselgewitter im Auto

Doch nicht nur die Wurst war dahin, sondern auch ein Streuselkuchen, wie in der Geschichte „Streuselgewitter“ zu erfahren war. Zwei junge Männer machten einen kleinen Ausflug zu einem Lokal, um ein Bierchen zu trinken. „En schäine Owend häwwe unse zwo Helde, bis se sich werre Richtung Hoamet oabmelde“, wusste Laurin Ehrhardt. Für den Heimweg bot die Wirtin den Herren noch einen Streuselkuchen an. „Däs brauchschde net oipagge, ich nemms uff de Schouß, mer häwwes net weit un misse jetzt lous!“ Genau das war der Fehler, denn auf dem kurzen Heimweg rannte ein Wildtier vor das Auto. Eine Vollbremsung konnte zwar größeren Schaden am Wildtier verhindern, doch im Wageninneren spielte sich ein kleines Drama ab: „De Kuche uff soim Schouß, der macht den Satz, un knallt em Beifahrer voll in die Fratz. Es enstäid im Nu, un däs is echt bitter, im Audo e groußes Streuselgewitter.“ Anschließend war die Innenreinigung des Wagens fällig.

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Jutta Haas
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Gleich drei Geschichten galten in dieser Kerweredd „Bodo, dem Baggerfahrer“. Mit dem Hinweis „Baggern konn der Kerl wie koum en zwodde“ begann die Serie. „Alles werd uff links gedreht, sogor im Houf es Blummebeet.“ Er war gerade dabei, für die Heizung Rohre zu ziehen – quer durch den Hof. Doch dann: „Erschd krachts, donn quietschts – donn fängts ou zu stinge, weil ausm Groawe dudd es Obwasserohr winge.“ Jetzt war handwerkliches Geschick gefragt, das Rohr musste repariert werden.

In der nächsten Anekdote wollte der Baggerführer im Winter neue Rohre in die Erde legen, weil die alten Wasserrohre bei Frost geplatzt sind. „Ich mach en Groawe – zwo Mede dief, do kimmt koan Froscht, gäiht nix mäi schief“, so sein Gedanke. Doch als sich die Baggerschaufel in der nassen Erde versenkte, zischte es plötzlich ganz laut und unheimlich. „Die Zuwasselaidung hodd Schoare genumme.“ Nun ging in Winterkasten wassertechnisch nichts mehr: „Vum Kinnegoarde bis Scheeresch Peere leeft koa Wasse.“ Der Baggerfahrer gab sich alle Mühe, den Schaden zu beheben. „Is am renne un springe, mit Rouezang un Schnorchel.“

Baggerfahrer sorgt für eine Überschwemmung im Dorf

Es blieb spannend, denn es folgte eine dritte Geschichte bei „Bodo, dem Baggerfahrer“. Trotz aller Versuche, den Wasserfluss zu stoppen, lief der Graben voll. „Däs Wasse dudds goanze Ort iwweschwemme, ich muss jetzt schnell was unnenemme!“ Er schnappte sich einen Hydranten-Schlüssel, woraufhin ganz Winterkasten kein Wasser mehr hatte. Inzwischen war der Wassermeister auf das Fiasko aufmerksam geworden und erreichte Winterkasten. „Derweil dudd de Wassemoaschde ner noch kreische, gäie unse Wiehlmaus, sie soll sich schleische.“

Weitere Geschichten machten an diesem Nachmittag die Runde und wer wollte, konnte die Kerweredd kaufen, um später nochmal alles nachzulesen.

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