Finanzpolitik

Rekord-Überschuss im Lautertaler Haushalt

Gemeinde hat 2021 über 1,2 Millionen Euro weniger ausgegeben als eingenommen / Hohe Steuerzahlungen sind ein Grund

Von 
Thorsten Matzner
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Symbolbild © Volker Hartmann

Lautertal. Die Gemeinde Lautertal hat im vergangenen Jahr einen Rekord-Überschuss erzielt. Wie Bürgermeister Andreas Heun und Tatjana Groh von der Finanzabteilung im Rathaus gestern berichteten, sind im laufenden Verwaltungsgeschäft 1,278 Millionen Euro Überschuss erwirtschaftet worden. Das sind nochmals über 300 000 Euro mehr als im Jahr zuvor.

Zu dem guten Ergebnis tragen vorwiegend gestiegene Steuereinnahmen bei. So seien 250 000 Euro mehr an Einkommensteuer überwiesen worden. 280 000 Euro seien bei der Gewerbesteuer zusätzlich eingenommen worden, sagte Heun.

Weiter sind 168 000 Euro an Rückstellungen aufgelöst worden. Dabei handelt es sich um Geld, das die Gemeinde reserviert hatte, um Umsatzsteuer-Nachzahlungen für das Felsenmeer-Informationszentrum (FIZ) in Reichenbach leisten zu können. Die Frage, ob für die Leistungen im FIZ Umsatzsteuer anfällt, war im Rahmen der Finanzkrise 2017 aufgekommen. Sie sei nun mit dem Finanzamt bereinigt worden, so dass die finanzielle Reserve nicht länger nötig sei, so der Bürgermeister.

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Bei den Ausgaben machten sich geringere Personalkosten mit 130 000 Euro bemerkbar. Hier wirke sich unter anderem aus, dass die Verwaltung frei werdende Stellen nicht gleich wieder neu besetze – sofern sich überhaupt Personal finden lasse. In der Bauverwaltung gebe es derzeit einen Posten, der nicht besetzt werden könne, berichtete der Bürgermeister. Während sich die sinkenden Personalkosten finanziell positiv auswirkten, hätten sie natürlich auch Auswirkungen auf die Qualität der Arbeit im Rathaus. So müssten Prioritäten gesetzt werden, bleibe manches länger liegen als gewollt.

Das „Rekordergebnis“ sei Ausfluss einer realistischen Haushaltsplanung und der Beschränkung der Ausgaben auf das absolut Notwendige. Es sei „nicht nur das Ergebnis des Bürgermeisters“, sondern eine Leistung, die der gesamten Gemeindeverwaltung zuzuschreiben sei.

Lautertal habe „die Weichen richtig gestellt“ und so die Finanzkrise überwunden. Dazu hätten auch die Bürger stark beigetragen – hauptsächlich durch die Grundsteuer-Zahlungen. Die Erhöhung des Hebesatzes bis auf 1050 Punkte sei mit einer starken Belastung der Lautertaler verbunden gewesen. Die Gemeinde sei „mit dem Geld der Bürger ordentlich umgegangen“, so dass bereits Anfang des Jahres eine Entlastung beim Hebesatz möglich gewesen sei.

Verzögerung bei den Investitionen

Lautertal sei nicht länger bundesweiter Spitzenreiter bei dem Wert. Seit 2020 ist die Gemeinde aus dem Schutzschirm-Programm des Landes Hessen entlassen. Wenn die Haushaltslage stabil bleibt, wird ab 2024 wieder der Kreis Bergstraße die Haushaltsaufsicht übernehmen. Bisher ist dafür noch das Regierungspräsidium in Darmstadt zuständig.

Bei den Investitionen zeichnet sich in diesem Jahr ein Bild ab wie in den Vorjahren. Zwar hat die Kommune rund vier Millionen Euro als Ausgaben eingeplant. Vor allem wegen des Mangels an Fachfirmen aber werden wohl nur rund 1,2 Millionen Euro auch tatsächlich ausgegeben. Andreas Heun bestätigte, dass sich ein Investitionsstau ergebe, weil bereits seit mehreren Jahren nicht die geplanten Projekte umgesetzt werden können. Dennoch seien auch in diesem Jahr unter anderem 400 000 Euro für die Sanierung des Rathauses in Elmshausen und 600 000 Euro für die Trinkwasser-Versorgungsanlagen ausgegeben worden. Bei letzterem Aufgabengebiet laufe inzwischen mehr, nachdem die entsprechenden Stellen in Verwaltung und Wassermeisterei alle wieder besetzt seien, berichtete Heun.

Es sei geplant, auch den Kauf des Gasthauses Zur Siegfriedsquelle am Felsenmeer noch vor Jahresende abzuwickeln. Dafür müssen 250 000 Euro ausgegeben werden.

Günstig entwickelt sich nach Angaben des Bürgermeisters die Schuldenlast, die nach einem Wert von fast 19 Millionen Euro im Jahr 2012 auch mit Hilfe der Hessenkasse des Landes bis zum Beginn dieses Jahres rund halbiert wurde. Im Lauf des Jahres sei ein Kredit in Höhe von 450 000 Euro getilgt worden, sagte Tatjana Groh. Die jährlichen Zinszahlungen reduzierten sich von 215 000 Euro im vergangenen Jahr auf 88 000 Euro. Bedingt durch die Investitionen der kommenden Jahre – darunter vorrangig das Millionenprojekt Kindergarten-Neubau – werde die Schuldenlast aber wieder steigen, so der Bürgermeister.

Der hohe Kassenstand von aktuell rund zwei Millionen Euro mache die Gemeinde handlungsfähig auch bei kurzfristigen Ausgaben. Seit dem Jahr 2018 gebe es bereits keine Kassenkredite mehr – die Dispokredite der Kommunen –, erinnerte Andreas Heun.

Haushalt 2023 mit Defizit?

Im Haushaltsplan 2023 könnte wieder ein Minus stehen. Die Orientierungsdaten des Landes, die bei der Aufstellung des Etats berücksichtigt werden müssen, seien inzwischen eingetroffen. Heun geht davon aus, dass der Gemeindevorstand den Plan im Dezember der Gemeindevertretung vorlegen kann.

Ein Beschluss wäre dann im Februar möglich, wobei der Januar für die Beratungen der Ortsbeiräte und des Finanzausschusses genutzt werden könnte. Es werden rund ein halbes Jahr vor der Bürgermeisterwahl keine einfachen Gespräche zwischen den Fraktionen werden.

„Die nächsten Jahre werden nicht einfach werden“, vermutet Andreas Heun. Das zeige sich schon bei den Energiekosten. Die Verwaltung geht laut Tatjana Groh davon aus, dass sich die Kosten für Strom verdoppeln, die für Gas sogar verdreifachen werden. Beim Strom sei bereits die Jahresrechnung des Versorgers eingegangen. Die Vorauszahlungen stiegen auf das Jahr gesehen um 100 000 Euro, sagte Bürgermeister Heun. Höhere Belastungen sieht er auch bei den Personalkosten kommen.

Die Gemeinde sei aber gut vorbereitet, auch wegen der Überschüsse der vergangenen Jahre. Diese könnten dann verwendet werden, um Unterdeckungen auszugleichen. Die hohe Inflation wirke sich auch positiv aus, weil sie dem Staat mehr Einnahmen aus der Umsatz- und Mehrwertsteuer beschert. Davon profitiere auch die Gemeinde. Unter dem Strich müsse aber das Ziel sein, die Bürger nicht stärker zu belasten.

Redaktion Lokalredakteur Lautertal/Lindenfels

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