Forstwirtschaft

Lautertaler Wald soll weniger bewirtschaftet werden

Bürgermeister Andreas Heun begrüßt das Angebot der Wohlleben Waldakademie zur Schaffung eines Naturwaldes am Felsberg, sieht aber auch noch andere Möglichkeiten, um Flächen stillzulegen.

Von 
Thorsten Matzner
Lesedauer: 
Der Wald am Felsberg könnte an die Waldakademie von Peter Wohlleben verpachtet werden. © Zelinger

Lautertal. Auch aus Sicht von Lautertals Bürgermeister Andreas Heun sollte das Pachtangebot der Wohlleben Waldakademie für einen Teil des Gemeindewaldes „seriös diskutiert“ werden. Zuvor hatten sich bereits die Grünen dafür ausgesprochen, die Offerte intensiv zu prüfen.

Die Wohlleben Waldakademie möchte 100 Hektar Gemeindewald am Felsberg für 50 Jahre pachten, um hier einen Naturwald entstehen zu lassen. Die Gemeinde soll dafür nach dem Vertragsschluss 1,3 Millionen Euro erhalten. Der Wald würde anschließend nicht mehr bewirtschaftet, wäre aber weiterhin öffentlich zugänglich.

Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"

Wie die Grünen sieht auch Bürgermeister Heun es als wichtig an, über die Verkehrssicherung zu diskutieren. Die Wohlleben Waldakademie schreibt in ihrem Angebot an die Gemeinde, dass es im Wald grundsätzlich keine Verkehrssicherungspflicht gebe. Damit ist zum Beispiel gemeint, dass der Waldbesitzer bei absehbaren Gefahren handeln müsste, um die Verletzung von Waldnutzern auszuschließen – zum Beispiel durch das Fällen von kranken Bäumen oder den Rückschnitt von Ästen, die auf Wege stürzen könnten.

„Großes Interesse am Wald“

Heun sieht das gerade am Felsberg differenzierter. „Das bewerte ich anders“, sagte der Bürgermeister zu der Frage, ob es eine Pflicht zur Gefahrenbeseitigung gibt. In wenig frequentierten Waldstücken sei das möglicherweise nicht so wichtig. In dem touristisch stark genutzten Gelände am Felsberg könne das aber anders aussehen. Heun kündigte an, die Frage prüfen zu lassen.

Grundsätzlich sei das Angebot der Wohlleben Waldakademie aber zu begrüßen. Er habe sich intensiv mit Stiftung beschäftigt und könne nichts Unseriöses erkennen. Es gebe bereits einige ähnliche Projekte in Deutschland.

Da es eine Petition von Naturschutzverbänden an die Gemeinde gibt, in der gefordert wird, den Wald am Felsberg besser zu schützen, hatte sich Heun noch im alten Jahr mit den örtlichen Gruppen des Naturschutzbundes getroffen. Die Ortsgruppen in Elmshausen und Beedenkirchen hatte die vom Naturschutzbund Seeheim-Jugenheim initiierte Petition unterstützt. Dabei waren knapp 16 600 Unterschriften zusammengekommen, die im vorigen Jahr an die Gemeindevertretung übergeben worden waren.

Heun sagte, die Unterschriften kämen zwar nicht alle von Lautertaler Bürgern. Es sei aber dennoch erkennbar, dass die Bürger der Gemeinde ein großes Interesse am Wald hätten. Er sei bereits oft angesprochen worden, gerade weil der Zustand des Waldes sich in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert habe. „Der Wald hat eine große Bedeutung“, so Heun.

Lautertal sei zudem eine sehr waldreiche Gemeinde. Mit 422 Hektar Größe sei der Gemeindewald auch im Vergleich recht groß. Das Angebot von Wohlleben bezieht sich also auf rund ein Viertel der Gesamtfläche.

„Es wird keiner enteignet“

Nicht einbezogen wird dagegen der Wald im Privatbesitz. „Es wird keiner enteignet“, stellte Heun klar. Wer seinen eigenen Wald weiter bewirtschaften wolle, der könne das auch weiterhin tun. Schließlich habe das Interesse daran wegen der Energiekrise gerade in jüngster Vergangenheit zugenommen.

Wer allerdings plant, ebenfalls Flächen stillzulegen, dem will die Gemeinde dabei helfen. Heun kann sich vorstellen, die privaten Waldbesitzer einzuladen, um dazu Informationen zu geben. Denn es gebe außer dem Wohlleben-Angebot auch noch die Möglichkeit, Wald aus der Bewirtschaftung zu nehmen, um dafür sogenannte Ökopunkte zu bekommen.

Das hatte die Gemeinde bereits vor dem Kontakt zur Wohlleben Waldakademie eingeleitet, dazu lägen Vorschläge von Hessen-Forst auf dem Tisch, erinnerte Heun. Die Ökopunkte können bei Bauvorhaben in der Gemeinde verwendet werden, aber auch verkauft werden. Heun sagte, unter dem Strich könne die Gemeinde bei diesem Verfahren sogar noch stärker profilieren als bei dem Wohlleben-Angebot.

Mehr zum Thema

Forstwirtschaft

Lautertaler Grüne sehen Wohlleben-Angebot positiv

Veröffentlicht
Mehr erfahren
Umweltausschuss

Marathon-Sitzung in Lautertal zum Thema Wald geplant

Veröffentlicht
Von
Thorsten Matzner
Mehr erfahren
Lautertal

Lautertaler Umweltausschuss berät zum Wald

Veröffentlicht
Von
red
Mehr erfahren

Es sei aber denkbar und sinnvoll, auf einen Mix zu setzen. Da die Wohlleben Waldakademie nur an zusammenhängenden Waldgrundstücken mit einer Größe von mindestens 100 Hektar interessiert ist, bietet sich das Ökopunkte-Verfahren dort an, wo diese Voraussetzung nicht erfüllt wird – also zum Beispiel auch für private Waldbesitzer mit kleinen und verstreut liegenden Flächen.

Heun wies zudem auf ein neues Förderprogramm des Bundes unter dem Titel „Klimaangepasstes Waldmanagement“ hin. Auch hier werde die Verwaltung prüfen, wie eine Beteiligung der Gemeinde möglich sei. Um in den Genuss von Fördergeld zu kommen, müssten mindestens fünf Prozent der Waldfläche stillgelegt werden, in Lautertal also 20 Hektar. Das sei relativ leicht zu erreichen.

An der Zusammenarbeit mit Hessen-Forst werde die Gemeinde aber festhalten, so der Bürgermeister. Die habe sich bewährt.

Er sei aber grundsätzlich der Meinung, dass der Verzicht auf eine Waldbewirtschaftung auf Teilflächen sinnvoll sei – egal mit welchem Modell. Die Idee sei nicht neu, und dazu hätten sich auch andere Kommunen bereits entschieden.

Redaktion Lokalredakteur Lautertal/Lindenfels

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger