Lautertal. Dass sich im Felsbergwald etwas tun muss, um die zahllosen Touristen in die Schranken zu weisen, ist bereits seit Langem klar. Wer durch den Wald geht, sieht, wo der Hase im Pfeffer liegt: Allüberall finden sich zwischen den offiziellen Wegen Abkürzungen, inoffizielle Mountainbike-Trails und Schleichwege. Das Problem ist nicht mehr zu übersehen.
Auch in früheren Jahren blieben nicht alle Besucher auf den Wanderwegen. Doch die Zahl der Besucher hat deutlich zugenommen, auf mittlerweile über 200 000 im Jahr. Und es gibt neue Freizeitformen, zum Beispiel, dass Fahrradfahrer kreuz und quer durch den Wald touren oder sogar direkt über die Felsen hinunter. Auch das Klettern ist teils professioneller geworden und nennt sich jetzt auch Bouldern.
Die Gemeinde Lautertal beabsichtigt, die Schwierigkeiten jetzt anzugehen, die sich mit der exzessiven Nutzung der Natur am Felsberg verbinden. Aus schmalen Trampelpfaden werden breite Schneisen durch den Wald. Der Boden wird verdichtet und letztlich nimmt die Erosion zu - auch wegen der Änderungen beim Wetter, die sich durch den Klimawandel ergeben. Frank Maus hat beobachtet, dass dort, wo Bäume gefällt wurden, eine Naturverjüngung ohne Schutzzäune nicht möglich ist. „Die jungen Bäume kommen gar nicht mehr hoch.“
Kontrollen wie auf dem Parkplatz wären möglich
Besonders gut sieht man die Entwicklung im mittleren Felsenmeer, wo früher die Brücke stand. Wer seit deren Abriss auf die andere Seite des Felsstroms gelangen will, muss ein geübter Kletterer sein, denn die Dioritblöcke sind hier relativ mächtig. Oder er sucht sich eine andere Route, was dazu geführt hat, dass oberhalb der früheren Brücke der Waldboden zu einem breiten Wanderweg geworden ist.
Rettung in der Not könnte nun das Regierungspräsidium Darmstadt bringen. Henriette Wache von der dort angesiedelten Oberen Naturschutzbehörde stellte im Bauausschuss der Gemeindevertretung die Möglichkeiten vor, wie das Amt der Gemeinde helfen kann: Es würde ein Konzept zur Besucherlenkung finanzieren. Wache stellte sogar Mittel in Aussicht für den Bau einer neuen „Querungshilfe“, sagte aber gleichzeitig, dass dies keine Brücke sein könne.
Das Konzept soll mit Landesmitteln finanziert werden, wobei die Gemeinde trotzdem mitreden darf. Nach dem Willen des Ausschusses sollten das Felsenmeer-Informationszentrum und die Förster beteiligt werden und wegen der Auswirkungen auf die Rettungswege auch die Feuerwehr. Einzige Bedingung: die Gemeinde muss sich dazu verpflichten, das Konzept anschließend auch durchzusetzen. Dazu stellte Bürgermeister Andreas Heun eine Lösung in Aussicht, die sich an der Parkplatz-Regelung orientiert. Ein Sicherheitsdienst könnte also an den besucherstarken Tagen im Wald unterwegs sein und die Besucher von Abwegen herunterschicken.
Länger wurde im Ausschuss auch über Bußgelder gesprochen. Das hatte Henriette Wache zwar in den Raum gestellt; sie schwächte den Gedanken anschließend aber ab. Zuständig wäre die Untere Naturschutzbehörde beim Kreis. Sie könnte Bußgelder nur verhängen, wenn sie der Sünder habhaft wird und ihre Personalien feststehen. Ein privater Sicherheitsdienst darf aber diese Daten nicht erheben, zumal niemand dazu verpflichtet ist, einen Ausweis bei sich zu tragen.
Wache ist sich aber sicher, dass allein die Möglichkeit einer Strafe und die Präsenz von Leuten, die aufpassen, die Lage deutlich verbessert. Steffen Hering, Leiter des Forstamtes Lampertheim, sagte die Hilfe seiner Behörde zu. Förster in Uniform machten Eindruck.
Es muss ganz klar sein, welche Wege noch erlaubt sind
Viel wichtiger als Strafen ist aber die eigentliche Lenkung der Besuchermassen. Auch hier war sich der Ausschuss einig. Arndt Rettig vom Felsenmeer-Informationszentrum sagte, es müsse in der Natur ganz klar sein, welche Wege erlaubt seien. Die nicht erlaubten wiederum müssten deutlich versperrt werden.
Das soll künftig dauerhaft und nachhaltig geschehen, denn es ist gerade am Anfang nicht so einfach. Schon der frühere Lautertaler Revierförster Dirk Dins hatte beklagt, dass das Astholz, mit dem eine Schneise versperrt wurde, in kürzester Zeit wieder verschwunden oder beiseite geräumt worden war. Oder es entsteht gleich nebenan ein neuer Durchgang.
Marco Kollbacher, Leiter des Informationszentrums, sagte, es sei wichtig, dass sich das Wegenetz an den Bedürfnissen der Besucher orientiere. Wer über die Felsen nach oben geklettert sei, der wolle anschließend schnell wieder zum Parkplatz zurück. Dafür müsse es einen ausgeschilderten Weg geben. Erich Sauer schlug den Bau einer neuen Treppe entlang der Felsen vor, um den Besucherstrom zu kanalisieren. Tobias Pöselt erinnerte dagegen daran, dass eine solche Treppe auch gut begehbar sein müsse. Die bisherigen Treppen seien schwer zu laufen, belasteten die Gelenke und lüden geradezu ein, sich daneben einen bequemeren Weg zu suchen.
Henriette Wache setzt auf neue Technik und auf Informationen. Die Beschilderung der Wege sei wichtig. Außerdem könnten sogenannte GPS-Tracks eingerichtet werden. Das sind Wanderrouten oder Radwege, die sich die Besucher auf ihr Smartphone laden können, um ihnen dann zu folgen. Ausschuss-Mitglied Alfred Hogen regte eine Art Lehrpfad an, entlang dem die Besucher QR-Codes mit dem Smartphone einscannen können, um dann zum Beispiel etwas über die Sagen rund um das Felsenmeer zu erfahren.
Für die Erstellung und Umsetzung des Konzepts braucht es viel Zeit
Schnell wird das alles allerdings nicht gehen. Henriette Wache sagte, im nächsten Jahr könne es Landesmittel für die Konzepterstellung geben. Die werde aber Zeit brauchen. Wenn das Konzept dann von den Naturschutzbehörden und der Gemeinde beschlossen ist, müsste der Wegebau angegangen werden, um die Ideen umzusetzen. Hier kann die Gemeinde nach ihren Worten „ganz deutliche“ Unterstützung bekommen. Sie wird aber auch selbst Geld in die Hand nehmen müssen. Und erst danach käme der Sicherheitsdienst zum Einsatz, um auf Verstöße zu achten und die Besucher darauf hinzuweisen.
Der erste Schritt ist nun, dass die Gemeindevertretung das Regierungspräsidium ersucht, ein Besucherlenkungs-Konzept zu erstellen. Das soll am kommenden Donnerstag, 14. November, geschehen. Der Bauausschuss empfahl dies einmütig.
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