Heppenheim. Lilli und Elise sitzen ruhig und konzentriert am Tisch im Erdgeschoss der Alten Synagoge, vor sich vielerlei Malutensilien. Papier, Farbroller, Wachsmalkreide, Buntstifte sowie, als Anregung für ein mögliches Motiv, zwei siebenarmige Kerzenständer.
Und während die kleinere Elise sich für viele, viele bunte Farben entscheidet, ritzt Lilli mit großer Geduld per Zahnstocher die Umrisse des hebräisch „Menora“ genannten, wichtigen Symbols des Judentums aus der Wachsschicht auf ihrem Blatt Papier. Fehlen nur noch Rahmen, und schon gibt es zwei neue Kunstwerke für die Mama, die derweil mit Baby auf dem Arm im Gebäude unterwegs ist.
Geschichte näher bringen
Es war der „Tag des offenen Denkmals“, an dem sich am Sonntag auch der Förderverein „Kulturdenkmal Alte Synagoge Heppenheim“ beteiligt hat. Eine Gelegenheit auch für Nichtmitglieder, sich ein Bild vom Fortgang der Sanierungsarbeiten in dem historischen Haus am Nordrand der Altstadt zu machen.
Und weil es den Initiatoren nicht zuletzt darum geht, jüdische Lokalgeschichte auch jüngeren Generationen nahezubringen, stand zum einen das Motto „Talent Monument“ über den Aktionen, zum anderen wurde ein Malkurs für junge Talente im Gebäude angeboten, die hier eingeladen waren, ihren Gedanken und ihrer Kreativität rund um Denkmäler im Allgemeinen, Synagogen oder jüdischen Symbolen freien Lauf zu lassen.
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Dass es bis zum Nachmittag nur wenige waren, die der Einladung Folge leisteten, musste Gabriele Schmitt mit Bedauern zur Kenntnis nehmen; die gerade erst zu Ende gegangenen Ferien und das prächtige Badewetter sprachen wohl eher für Aktivitäten im Freien. Die Erzieherin war bis vor einigen Jahren Untermieterin in dem historischen Gebäude und hatte hier ihre Malschule eingerichtet, die Aktion lief also auf für sie vertrautem Terrain. Was die „jungen Talente“ am Ende zauberten, soll nun während der Interkulturellen Woche der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Eine Öffentlichkeit, die zum 30. Jubiläum des „Tages des offenen Denkmals“ bereits bestand und gut genutzt wurde. Viele wollten selbst mal einen Blick in die Räume werfen, in die die Vereinsmitglieder bereits viel Zeit investiert und in denen sie gründlich aufgeräumt haben.
Judentum in der Kreisstadt
Nach dem Tod seines letzten Besitzers Alfred Sturm, Friseur und Mitbegründer der Starkenburg-Sternwarte, stand das Fachwerkgebäude 2016 zum Verkauf. Aus einer Gruppe heimatgeschichtlich Interessierter bildete sich der Initiativkreis „Kulturdenkmal Alte Synagoge Heppenheim“. 2017 hatte die Stadt das Gebäude zur Freude des Fördervereins dann gekauft und ihn beauftragt, sich um den Erhalt und die Entwicklung des Gebäudes zu kümmern. Das Gebäude ist als Einzelkulturdenkmal ein wertvolles Zeugnis für die über 600-jährige Geschichte des Judentums in Heppenheim. 1791 wurde es von der jüdischen Gemeinde einzig zum Zweck als Synagoge mit Betsaal, Schule und Lehrerwohnung erbaut.
Noch, so Martin Metzendorf, der Vorsitzende des Fördervereins, ist die historische Bauforschung längst nicht abgeschlossen und immer wieder gut für Überraschungen. So gibt es inzwischen die Vermutung, dass die Ostwand des Gebäudes deutlich älter sein könnte als die auf das Jahr 1791 taxierte Erbauung. Weiter gesucht wird nach dem Ort im Mauerwerk, wo die – in Synagogen übliche – Frauenempore des Betsaals platziert war, der sich ganz oben im Haus befand und über die gesamte Gebäudefläche erstreckte. 75 Quadratmeter, 5,60 Meter hoch und stützenfrei.
Tonnenschwere Holzverkleidung
Vergeben sind nach Angaben Metzendorfs inzwischen die Aufträge für die Sicherung der Klappläden am Haus sowie des historischen Putzes an den Giebelwänden des Betsaals. Dass Letztere zu sehen sind, ist übrigens der Arbeit der Initiatoren zu verdanken, die gut eineinhalb Tonnen Holzverkleidung, Nut- und Federbretter, von den Wänden entfernt haben. Immer übrigens, wie Metzendorf betont, in enger Abstimmung mit der Stadt und dem Denkmalschutz, der den Verein vor Kurzem aufgefordert hat, in einem der Räume den Fußboden freizulegen, damit Experten sich ein Bild von den darunter liegenden Balken machen können.
Finanziert werden die Arbeiten zu jeweils einem Drittel von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Stadt und dem Verein, dessen Mitgliederzahlen derweil „steil nach oben“ gehen, wie der Vereinsvorsitzende erfreut registriert. Mittlerweile gibt es sogar ein Mitglied, das der Jüdischen Gemeinde Frankfurt angehört. jr/ü
Info: Infos auf kulturdenkmal@alte-synagoge-heppenheim.de
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