Politik

Bundeswirtschaftsminister Habeck besucht Heppenheimer Windkraft-Zulieferer

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jr/ü
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Vier Wirtschaftsexperten tauschen sich in Heppenheim über die Perspektiven für Windkraft in Deutschland aus – das Bild zeigt (von links) ESM-Firmeninhaber Franz Mitsch, Tarek Al-Wazir, Robert Habeck sowie den kaufmännischen ESM-Geschäftsführer Julian Saur. © Dagmar Jährling

Heppenheim. Neudeutsch dürfte eine „Win-Win-Situation“ vorliegen: Ein Bundes- und ein Landesminister der Grünen, die eine Energiekrise beziehungsweise eine Landtagswahl zu bewältigen haben, besuchen in Heppenheim ein Unternehmen, das wie wenige andere in Deutschland für Fortschritt im Bereich Erneuerbare Energien steht, sich in den zurückliegenden Jahren aber oft genug von der Politik alleingelassen fühlte und auf mehr Unterstützung hofft. Kein Wunder also, dass lebhaftes Mediengedrängel auf dem Gelände der Heppenheimer ESM herrschte, als der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zusammen mit seinem Parteifreund und hessischen Wirtschaftsminister Tarek Al Wazir in dieser Woche einen Kurzbesuch abstatteten.

130 Mitarbeiter

ESM steht für Energie- und Schwingungstechnik Mitsch, eine GmbH, 1996 vom Ingenieur Franz Mitsch gegründet und seitdem zielstrebig ausgebaut. Inzwischen hat das mittelständische Familienunternehmen 130 Mitarbeiter, die im Drei-Schicht-Betrieb und in mittlerweile sieben Hallen mit 15 000 Quadratmetern Lager- und Produktionsfläche Getriebelager, Generatorlager, Entkopplungselemente für Schaltschränke, Kupplungen und Schwingungstilger zur Reduzierung von Schall oder Turmschwingungen herstellen. Alle Produkte helfen, Windenergieanlagen leiser, langlebiger, günstiger zu machen – und auch dabei, neue Technologiekonzepte zu entwickeln und auszutesten.

Vor allem Letzteres scheitert, wie Franz Mitsch bei einem Rundgang mit den Ministern und ihren Begleitern deutlich machte, bislang allerdings oft an den politischen Bedingungen – oder wird zumindest erschwert. Denn während ESM als Marktführer in der Windbranche weltweit exportiert und den Angaben zufolge inzwischen 185 000 Anlagen mit Technik des Heppenheimer Unternehmens arbeiten, fehlen Möglichkeiten in der Region: „Wir brauchen eigene Anlagen“, so Mitsch, um Erfahrungen mit neuen Produkten standortnah erproben zu können, „also gebt uns eine Chance“.

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Auch Julian Saur, der als kaufmännischer Geschäftsführer des Unternehmens die Führung durch die Hallen übernommen hatte, forderte mehr Unterstützung durch die Politik, zeigte sich aber auch erfreut, gleich zwei Wirtschaftsminister in Heppenheim begrüßen zu können. ESM produziere Spitzentechnologie, Deutschland sei gut aufgestellt beim Thema Erneuerbare Energien – aber die Politik müsse dafür sorgen, dass der Ausbau dieser Technologie zügig voranschreite „und die Wertschöpfung in Deutschland gehalten wird“.

Ein Appell, der bei den Ministern ankam. Habeck hatte schon beim Treffen mit Al Wazir am Morgen in Wiesbaden betont, dass man mehr Tempo bei den Planungs- und Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen brauche, und in Heppenheim sprach er von der Notwendigkeit, auch ein neues „Vergütungssystem für eine Welt zu schaffen, in der Erneuerbare Energien den Ton angeben“. Denn die sollen 2030 bereits 80 Prozent des Stroms liefern. Für den hessischen Wirtschaftsminister wurde „in der Vergangenheit zu viel Zeit mit Debatten verschwendet“, man habe so den technischen Vorsprung in Teilen verspielt. „Jetzt aber tun wir alles dafür, dass wir von fossilen Energien wegkommen.“

Minister tankten auf

Vor der gut einstündigen Führung hatten sich ESM-Führung und Minister im kleinen Kreis zusammengesetzt und über aktuelle Themen zur Windenergie in Deutschland und Europa sowie aktuelle Herausforderungen beim Ausbau von Photovoltaik und Windenergie im Kreis Bergstraße gesprochen. Thema war auch die betriebsinterne „Energiewende“ bei ESM, das mit dem Betrieb eigener Windenergieanlagen und Photovoltaik den eigenen Strombedarf deckt. In der Produktion wird Wärmerückgewinnung genutzt, mit Geothermie geheizt und gekühlt. Außerdem gibt es auf dem Unternehmensgelände inzwischen 50 Ladesäulen für Elektrofahrzeuge. Hiervon profitierte auch ein Teil der Dienstfahrzeuge, in denen die Minister und ihre Begleiter nach Heppenheim gekommen waren.

Begrüßt wurden die Besucher von Heppenheims Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU), der ebenso wie Landrat Christian Engelhardt (CDU) vor dem Verwaltungsgebäude geduldig auf das Erscheinen der Minister gewartet hatte. Burelbach hieß den ersten Vertreter der Bundesregierung in Heppenheim nach langer Pause (im Bundestagswahlkampf 2017 war Kanzlerin Angela Merkel vor Ort) willkommen und erinnerte daran, dass es vor Ort nicht nur um Hochtechnologie, sondern auch um Historie geht: Nur wenige Meter vom ESM-Gelände entfernt wurden Siedlungsreste der Bandkeramiker gefunden, einer 8000 Jahre alten Kultur. jr/ü

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