Heppenheim. In Hessen mangelt es laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung weiter deutlich an Kita-Plätzen: Bis zu 37 200 zusätzliche Plätze müssten in den kommenden Monaten geschaffen werden, um allein den Bedarf für das Jahr 2023 landesweit abzudecken. Vor allem für die Betreuung von Kindern im Alter unter drei Jahren übersteigt der Bedarf demnach deutlich das Angebot. Und weiter gilt: Um insgesamt genügend Kita-Plätze anbieten zu können, müssten laut Bertelsmann-Stiftung rund 10.700 zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher eingestellt werden.
Kein leichtes Unterfangen, wie die Verantwortlichen im Heppenheimer Rathaus, vor allem aber die Eltern der Kinder mit Betreuungsanspruch seit geraumer Zeit am eigenen Leib erfahren müssen. Denn: Die aktuell vorgelegten Zahlen sind zweifellos besorgniserregend, das Problem an sich ist in der Kreisstadt jedoch schon seit langer Zeit bekannt – und damit auch ein wesentlicher Bestandteil der laufenden Arbeit von Verwaltung und Kommunalpolitik.
Freie Stellen plakatiert
„Insbesondere im Fachbereich Kinderbetreuung sind wir immer auf der Suche nach Personal“, brachte es die städtische Personalchefin Lisa-Katharina Klier bereits Anfang des Jahres auf den Punkt. Sichtbar wird dies unter anderem durch großflächige Plakatierungen in den Schaufenstern zahlreicher städtischer Gebäude, aber auch auf der Website der Kreisstadt. Dort ist seit Monaten zu lesen: „Bewerben Sie sich jetzt auf unsere freien Stellen als Erzieher und Erzieher im Anerkennungsjahr. Sie finden bei uns einen krisenfesten Arbeitsplatz in engagierten Teams.“
Und auch den Ausbau der Betreuungsplätze treiben die Verantwortlichen in Rathaus und Parlament maßgeblich voran. Zur Erinnerung: Anfang Januar hat die neue Kita „Räuberhöhle“ in der Hirschhorner Straße den Betrieb aufgenommen, längst sind dort alle 99 Krippen- und Kita-Plätze vergeben. Darüber hinaus laufen die Planungen für die millionenschweren Neubauten einer Krippe für Unter-Dreijährige an der Dr.-Heinrich-Winter-Straße (rund 3 Millionen Euro) sowie einer Kita am Jochimsee (über 4 Millionen Euro) auf Hochtouren.
Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"
Doch mit diesen beachtlichen Investitionen ist es in Sachen Kinderbetreuung noch lange nicht getan. „Auch die bestehenden Kitas haben wir natürlich im Blick“, betonte Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) bereits bei den Beratungen des Doppelhaushalts 2022/23 vor fast genau einem Jahr. An etlichen Standorten wurde seitdem Hand angelegt und saniert – mit großer finanzieller Unterstützung des Landes. Sechs Heppenheimer Kitas – von den (geplanten) Neubauten bis zu längst etablierten Einrichtungen – durften sich unlängst über Förderbescheide in Höhe von mehr als Millionen Euro freuen. „Keine Kommune im Kreis Bergstraße erhält aus den Förderprogrammen des Landes Hessen so viel Geld“, betonte die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz (CDU) bei einer der zahlreichen Übergaben.
Burelbach fügte hinzu, dass die Stadt unabhängig von den Investitionen in die Gebäude pro Jahr bis zu neun Millionen Euro für die 1000 Plätze in den Tagesstätten und Krippen ausgebe. 130 Personen arbeiten mittlerweile als Erzieherinnen und Erzieher sowie in der Verwaltung im Fachbereich Kinderbetreuung – das entspricht einem Drittel des gesamten städtischen Personals.
Und dennoch reichen Personal und Kita-Plätze weiterhin nicht aus, wie sowohl die Studie der Bertelsmann-Stiftung als auch die Aussagen des Bürgermeisters in den jüngsten Sitzungen der politischen Gremien belegen. „Im Über-Dreijährigen-Bereich ist die Lage etwas besser, sofern die Eltern etwas entspannter sind, was die Einrichtung betrifft. Gerade im Bereich der Unter-Dreijährigen herrscht aber nach wie vor großer Bedarf“, sagte Burelbach beispielsweise im Sozial-, Kultur- und Sportausschuss (SKS).
Ein wenig entspannt hat sich die Lage demnach vor allem in der Container-Kita „Drachenbande“ am Bruchsee sowie in der Kita „Kleine Strolche“ in Ober-Laudenbach, wo jeweils neues Personal eingestellt werden konnte. „In Ober-Laudenbach konnten die Stellen der Leitung und der stellvertretenden Leitung besetzt werden. Eine weitere pädagogische Fachkraft startet am 1. November“, kündigte Burelbach im Stadtparlament an. Die „Kleinen Strolche“ hatten in der jüngeren Vergangenheit erhebliche Personalprobleme beklagt, die Sorgen der Eltern waren zwischenzeitlich enorm. Mit Blick auf die „Drachenbande“ fügte Burelbach hinzu: „Dort können zum neuen Kindergartenjahr zwei weitere Ü3-Gruppen den Betrieb aufnehmen – mit relativ vielen Integrationskindern.“
Neues Personal bildet die Stadt derweil auch weiterhin selbst aus. Um insbesondere den Ausbildungsberuf einer Erzieherin oder eines Erziehers noch attraktiver zu machen, hat man sich vor Jahresfrist für das duale Modell der sogenannten „praxisintegrierten, vergüteten Ausbildung (PivA)“ entschieden – eine Ausbildungsvergütung vom ersten der drei Ausbildungsjahre an inklusive. Der kurzfristige Bedarf an bereits ausgebildeten Fachkräften kann dadurch freilich kaum gedeckt werden. fran/ü
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/heppenheim_artikel,-heppenheim-auch-in-heppenheim-fehlen-weiterhin-kita-plaetze-und-personal-_arid,2011025.html