Bahn-Neubaustrecke

Wenn Einhäuser vom „Spargeltunnel“ reden, kommt das in Lampertheim nicht gut an

Sozialdemokraten aus Einhausen, Lorsch und Lampertheim trafen sich mit Vertretern von Mensch vor Verkehr und BiLa

Von 
Jörg Keller
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Zum Thema Bahn-Neubaustrecke tauschten sich im Rahmen eines Treffens bei den Klosterspatzen Sozialdemokraten aus Einhausen, Lorsch und Lampertheim mit Vertretern der Vereinigungen Mensch vor Verkehr und Bürgerinitiative Lampertheim aus. Unser Bild zeigt (v.l.) SPD-Unterbezirksvorsitzenden Marius Schmidt, den MvV-Sprecher und Einhäuser SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Reimund Strauch, den Lorscher SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Marcel Claros und BiLa-Vorstandsmitglied Karl Hans Geil. © Neu

Einhausen/Lorsch. Das Maximalziel zum Verlauf der Bahn-Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim durch den Kreis Bergstraße ist definiert. Gefordert wird ein durchgehender bergmännisch gebauter Tunnel von Langwaden bis hinter Lampertheim. Da waren sich alle Beteiligten am Montagabend einig. Die SPD-Ortsvereine aus Einhausen, Lorsch und Lampertheim, sowie die Vereinigungen Mensch vor Verkehr (MvV) und Bürgerinitiative Lampertheim (BiLa) hatten sich unter der Moderation des SPD-Unterbezirksvorsitzenden Marius Schmidt zum Gedankenaustausch bei den Lorscher „Klosterspatzen“ getroffen.

Für die Lampertheimer Gemarkung sehen die Planungen der Bahn zumindest schon einmal einen langen Tunnel vom Lorscher Wald bis nach Mannheim vor. Dieser soll allerdings nach derzeitiger Planung in offener Bauweise entstehen: Dabei wird ein 22 Meter breiter und 18 Meter tiefer Graben ausgehoben, in den die Tunnelröhren betoniert und dann mit Erde überworfen. Der dabei entstehende Verlust von Wald und der Eingriff in die Natur werden von Bergsträßer Seite kritisiert. Ob alternativ auch eine bergmännische Bauweise möglich ist, werde geprüft, erläuterte BiLa-Vorstandsmitglied Karl Hans Geil bei dem Gesprächstermin. Aufschluss sollen Probebohrungen auf der Lampertheimer Gemarkung geben. 40 Bohrpunkte im Wald und 30 auf dem Feld sind vorgesehen.

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In Einhausen, Lorsch und Langwaden wartet man hingegen bislang vergeblich darauf, dass die Bahn bei dem mit der Bergsträßer Konsens–trasse geforderten langen Tunnel von Langwaden bis hinter Lorsch Zugeständnisse macht. Bislang ist, wie berichtet, nur ein kurzes Tunnelstück vorgesehen, das östlich der A 67 unmittelbar vor Lorsch in der Erde verschwindet, um dann auf der anderen Seite der Autobahn wieder nach oben zu kommen. Von dort aus sollen die Gleise noch ein Stück weit oberirdisch durch den Lorscher Wald führen, um dann in den Tunnel Richtung Lampertheim zu verschwinden. „Diese Lücke ist auch uns ein großer Dorn im Auge“, sagt Karl Hans Geil.

Bei Mensch vor Verkehr versteht man unterdessen nicht, warum die Forderungen von Lorsch, Einhausen und Langwaden kein Gehör finden, die Gleise bei Lampertheim jedoch über längere Abschnitte sogar unter Äckern hindurchführen sollen. Dass der Einhäuser SPD-Ortsvereinsvorsitzende und MvV-Sprecher Reimund Strauch in diesem Zusammenhang von einem „Spargeltunnel“ sprach, kam bei den Vertretern der BiLa gar nicht gut an. Deren Vorstandsmitglied Karlheinz Barchfeld wehrte sich gegen die Einschätzung, mit der Planung werde lediglich den Interessen der Lampertheimer Landwirte entgegengekommen. „Durch die Tunnellösung können in diesem Abschnitt gleich drei Brückenbauwerke eingespart werden“, sagte er. Reimund Strauch wollte das Thema nicht zu hoch aufhängen: „Bei uns spricht man halt mal vom ,Spargeltunnel’“, erwiderte er auf die Kritik.

Ist die Strecke zu steil geplant?

Letztlich richtet sich der Blick von Lorsch, Einhausen und Langwaden derzeit jedoch auf eine ganz andere Argumentationslinie. In den Mittelpunkt gerückt ist die Frage, ob die von der Bahn geplante Tunneleinfahrt kurz vor Lorsch mit einem Gefälle von neun Promille oder sogar mehr zu steil ist, um auch langen und schweren Güterzügen die geplante nächtliche Durchfahrt zwischen 23 und 5 Uhr zu ermöglichen. Bei MvV bezweifelt man das. Züge, die die Steigung nicht schaffen, müssten dann nachts wieder auf die Bestandsstrecken Riedbahn und Main-Neckar-Bahn geleitet werden – mit entsprechenden Lärmauswirkungen auf die Anwohner.

„Die vorgesehenen neun Promille reichen nicht aus“, ist sich der stellvertretende MvV-Vorstandssprecher Jürgen Reiter sicher. Notwendig ist der steile Neigungswinkel nach Einschätzung des Vereins, damit die Gleise zunächst noch die Weschnitz überqueren können, um dann kurz vor Lorsch in der Erde zu verschwinden. „Bei sechs bis sieben Promille müsste der Tunnel weitaus früher beginnen und es würde sich auch nicht lohnen, westlich der A 67 mit den Gleisen noch einmal nach oben zu kommen“, so Reiter. Damit würde die von MvV und BiLa kritisierte Lücke bei der Tunnelführung im Lorscher Wald automatisch wegfallen.

Bei Mensch vor Verkehr rechnet man damit, dass die derzeit vorgesehene Anzahl von 130 Güterzügen pro Nacht, die auf der Neubautrasse fahren sollen, in den kommenden Jahren und Jahrzehnten deutlich steigen wird. Bis zu 320 Güterzüge pro Nacht wären demnach möglich.

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Dass der geforderte bergmännischer Tunnel von Langwaden bis hinter Lampertheim durchaus „lang“ ausfallen würde, räumte Reimund Strauch ein: „Doch dadurch werden Natur, Wald und Mensch geschützt“, sagte er und verwies auf Schätzungen, dass durch die Bahn–Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim, den geplanten sechsspurigen Ausbau der A 67 und den Ausbau der B 47 zwischen Lorsch und Worms insgesamt 400 Hektar Wald verloren gehen könnten.

Wichtig ist, dass der Kreis Bergstraße mit einer Stimme spricht“, betonte Marius Schmidt bei der Zusammenkunft am Montagabend. Letztlich teile man auch die gemeinsame Position bei der Forderung nach einem langen bergmännischen Tunnel. Die jetzt vorgelegte Variante der Bahn habe die Bergsträßer Akteure nicht zufrieden gestellt. Den seit 20 Jahren stattfindenden regelmäßigen Austausch von Bürgerinitiativen und Politik bewertete er in seiner Ansprache beim Treffen am Montagabend als positiv.

Redaktion Redakteur, Ressorts Lorsch, Einhausen und Region

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