Soziales

In der Kleiderkammer finden Dinge glückliche neue Besitzer

Die Kleiderkammer der Evangelischen Kirchengemeinde ist für jedermann kostenlos zugänglich. Spenden sind nach Absprache möglich.

Von 
Janine Ak
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Jutta Heck mit Mimi Tesfaye aus Äthiopien, die nun auch zum ehrenamtlichen Team der Kleiderkammer gehört. © Zelinger

Einhausen. Der Kleiderschrank war ohnehin schon voll, und zu Weihnachten ist das eine oder andere neue Teil dazugekommen. Höchste Zeit, wieder einmal „auszumisten“. Doch wohin mit den Sachen, die zu schade zum Wegwerfen sind und ab dem neuen Jahr laut EU-Richtlinie auch gar nicht mehr im Müll landen dürfen?

Die Kleiderkammer der Evangelischen Gemeinde bietet eine sinnvolle Möglichkeit, überschüssige Kleidung loszuwerden. Sie sollte „ordentlich“, intakt und sauber sein, frisch waschen oder gar bügeln muss man sie allerdings vor dem Abgeben nicht, erklärt Jutta Heck, die seit 2016 das Gesicht der Einhäuser Kleiderkammer ist. Die Buchhalterin im Ruhestand engagiert sich zusätzlich seit 25 Jahren in der öffentlichen katholischen Bücherei. Ihr „Reich“ ist eine Garage auf dem Gelände der evangelischen Kirche in der Friedhofstraße.

Dort landen die Kleidersäcke, die bei ihr nach telefonischer Absprache abgegeben werden. Sie werden zunächst vorsortiert. Sehr altmodische Kleidung, wie etwa Anzüge und Jacketts aus den 1960er-Jahren, werden aussortiert. Auch sehr große Größen haben in Einhausen keine Verwendung, ebenso wie Bettlaken ohne Spanngummi. Diese Dinge nimmt Rudi Schepik aus Andernach vom Hilfswerk Samariterdienst mit, wenn er auch bei Jutta Glanzner etwa alle drei Monate Kleidersäcke abholt. Im November habe er zehn bis 15 Bananenkisten mit Geschirr und 20 Säcke mit Kleidung abtransportiert, berichtet Heck. Auch kleine Möbelstücke wie Stehlampen seien manchmal dabei. „Ich habe ein gutes Gefühl, wenn Dinge, die bei uns niemand mehr will, in der Ukraine gern genutzt werden“, sagt sie. Denn höchstens 30 Prozent der abgegebenen Sachen hätten in Einhausen Verwendung.

Was immer gebraucht werde, sei Kinderkleidung, Spielzeug und Zubehör wie Töpfchen und Kinderwagen. Dauerbrenner seien auch Bettwäsche und Handtücher. Gern genommen würden von Frauen und Männern auch Jacken, Mützen, Schals, Handschuhe, T-Shirts und Oberteile. Bei Männern und Kindern gingen Jogginghosen und Hosen gut weg, bei Frauen eher Leggings, über die sie oftmals ihre traditionelle Kleidung tragen, weiß Heck.

Etwa 50 Einhäuser Familien spenden regelmäßig, berichtet sie. Manche mehrmals im Jahr, jedes Jahr oder alle zwei Jahre. Eine Dame aus Bensheim komme fünf- bis sechsmal pro Jahr mit duftend frisch gewaschener Kleidung. Das sei aber gar nicht nötig, da die Kleidung im Holzhäuschen auf dem Gelände der evangelischen Kirche ja eine Weile lagere. Dorthin bringt Heck sie nach dem Vorsortieren in der Garage und sortiert sie nach Größen. Dort wird sie auch bei einem persönlichen Termin nach Bedarf kostenlos, meist an Geflüchtete, ausgegeben. Etwa 30 Kunden kämen regelmäßig etwa alle zwei Monate, berichtet Heck.

„Sie hilft uns, die passenden Empfänger zu finden“

Eine von ihnen war bis vor kurzem Mimi Tesfaye, die 2018 mit Mann und Sohn aus Äthiopien kam. Die Familie sei ein gutes Beispiel für eine gelungene Integration, sagt Heck. Beide Elternteile hätten von Anfang an in Einhausen gearbeitet, Mimi im Altersheim, ihr Mann bei einer Einhäuser Firma. Der Sohn besuche mittlerweile die dritte Klasse der Grundschule. Und nun ist Mimi Tesfaye auch noch Ehrenamtlerin: Jutta Heck und ihre Kleiderkammer-Kollegin Martina Schumacher-Kovacek haben sie als Dritte ins Team aufgenommen.

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Sie hatten dringend Hilfe für das Sortieren der Kleidung gesucht. „Sie ist ein positiver Mensch, gut mit anderen Geflüchteten vernetzt und hilft uns, die passenden Empfänger für die Kleidung zu finden“, freut sich Heck. Ein junger Mann aus Afghanistan etwa habe kürzlich durch Vermittlung der Flüchtlingshilfe Arbeit in der Küche eines Restaurants gefunden und daher „andere Kleidung“ als bisher zu Hause gebraucht. In der Kleiderkammer sei er mit Hosen, T-Shirts und Schuhen ausgestattet worden.

Als bisher schönster Moment in ihrem Ehrenamt ist Jutta Heck ein Termin mit einer Iranerin vor ein paar Jahren in Erinnerung, die kurz vor Weihnachten für sich und ihre junge Familie so viel fand, dass sie dreimal mit dem Fahrrad nach Hause fahren musste, um alles zu transportieren. Das sei für sie „wie Weihnachten“, habe sie geschwärmt. Auch wenn die Familie mittlerweile schon lange in Krefeld lebt, hat die Mutter Heck auch diese Weihnachten geschrieben – wie jedes Jahr.

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