Freizeit

Einhäuser Buchclub diskutierte Roman „Gestalten der Tiefe“

Von „durchgequält“ bis „zu Tränen gerührt“ reichten die Meinungen der neun Teilnehmerinnen zum 245-Seiten-Buch der 35-jährigen Londoner Autorin Julia Armfield.

Von 
Frederik Koch
Lesedauer: 
Bei der Diskussion über das teils unheimliche, teils berührende Buch kam das Lachen nicht zu kurz. © Ernst Lotz

Einhausen. Beim vergangenen Treffen des Einhausener Buchclubs in der Bücherei am Marktplatz stand das Buch „Gestalten der Tiefe“ (im Englischen „Our Wives Under the Sea“) im Mittelpunkt. Die Geschichte handelt von Leah, einer Meeresbiologin, und ihrer Frau Miri, die nach einem Tauchunfall verändert zurückkehrt. Das Buch verwebt Themen wie Liebe, Verlust, menschliche Abgründe und das Unbekannte des Meeres. Die Mitglieder des Clubs diskutierten sowohl inhaltliche als auch stilistische Aspekte und waren sich einig, dass das Buch starke emotionale Reaktionen hervorruft.

Das Treffen begann um 19 Uhr und dauerte bis 20.40 Uhr. Neun Frauen nahmen dieses Mal am Treffen teil. Die erste Frage des Abends lautete, wer das Buch weiterempfehlen würde. Die Meinungen waren gespalten: Einige Teilnehmerinnen fanden, dass das Buch „überhaupt nicht ansprechend“ sei. Andere sahen einen persönlichen Bezug, wie eine Teilnehmerin, die selbst Taucherin ist: „Ich konnte mich total in Leah hineinversetzen.“

Auf Deutsch oder Englisch, gedruckt oder als E-Book

Eine ältere Besucherin berichtete, dass sie beim Lesen nachschlug, wie „lesbische Liebe funktioniert“ oder „wie ein U-Boot überhaupt funktioniert“. Eine andere Teilnehmerin erzählte: „Ich habe erst alles von Leah, dann alles von Miri gelesen.“ Diese Lesart schien viele der anderen Teilnehmerinnen eindrucksvoll zu inspirieren. Humor kam ebenfalls nicht zu kurz: „Ich lese und verstehe oft das, was ich will“, erzählte eine Teilnehmerin, woraufhin alle lachten. Auch die Lesemethoden waren unterschiedlich: Einige lasen auf Deutsch, andere auf Englisch, manche als E-Book, andere als gedrucktes Buch.

Besonders diskutiert wurden Zitate zu Beginn des Buchs und ihre Rolle für das Verständnis der Geschichte. Themen wie das plötzliche Verschwinden von Menschen oder der medizinische Ausdruck für Ertrinken beim Weißen Hai führten zu intensiven Gesprächen. Mehrere Leserinnen berichteten: „Beim Lesen habe ich richtig geschluckt – das Buch wirkt so düster.“ Einige merkten an, dass sie „doch ein bisschen gelernt“ hätten, während andere kritisierten, dass zu viele Fragen unbeantwortet blieben: „Mir war das Ende zu offen.“ Andere betonten: „Genau deswegen lesen wir doch Bücher.“

Besonders das U-Boot und die Menschenverachtung von Center, der das U-Boot ausschaltet, um eine Kreatur herauszulocken, führten zu Spekulationen: „Ich habe mir Notizen gemacht und Hypothesen aufgestellt“, erzählt eine Leserin. Die wiederkehrende Erwähnung des Auges wurde ebenfalls diskutiert: „Das Auge taucht immer wieder auf – das hat bestimmt eine Bedeutung.“ Ein wiederkehrendes Gesprächsthema war zudem die Qualle im Buch, die oft mit Angst und dem Unbekannten assoziiert wurde, sowie die vielen Erwähnungen von Zähnen: „Die Zähne kamen schon sehr oft vor oder? – fandet ihr das nicht auch unheimlich“, fragte eine Teilnehmerin, was die anderen klar bejahten und als Gefahr deuteten.

Sekten-Vibes, Cosmic-Hororstory oder Fantasy

Auch die Rolle der Mutter von Miri in der Geschichte sorgte für unterschiedliche Meinungen: „Es nervt mich, dass die Mutter immer die Böse ist“, sagte eine Leserin. Eine andere widersprach: „Ich finde das totalen Quatsch, das ist absolut nicht immer so.“ Bezüglich der Aussage, dass Miri eine unzuverlässige Erzählerin sei, waren die Leserinnen sich jedoch wieder einig. Und auch die Nachbarin wurde übereinstimmend positiv aufgenommen. „Die Nachbarin fand ich super – erfrischend!“, sagte eine Teilnehmerin. Was das Genre anging, herrschte bei einigen Erklärungsbedarf: Während einige von „Sekten-Vibes“ sprachen, diskutierten andere, ob das Buch eher Cosmic-Horrorstory oder Fantasy sei.

Über das Ende des Buchs gingen die Meinungen auseinander. Es stellte sich hier die Frage, ob Miri nach ihrem Unfall wirklich noch dieselbe Person ist oder ob etwas Fremdes, Unheimliches aus der Tiefe in sie eingedrungen ist. Eine Teilnehmerin meinte: „Es war ein versöhnliches Ende“, eine andere empfand es als „sehr traurig und emotional“. Persönliche Wünsche und Verbindungen flossen ein: „Ich würde gerne mal in so einem U-Boot abtauchen“, erzählte eine Teilnehmerin. Eine andere berichtete von eigenen Nachttauch-Erfahrungen.

In der abschließenden Bewertungsrunde lag der Durchschnitt bei 3,5 Sternen. Einige gaben an, dass sie sich „durchquälen“ mussten, während andere betonten, dass sie emotional mitgerissen und zu Tränen gerührt gewesen seien: „Am Ende konnte ich gar nicht aufhören zu lesen.“ Auf die Frage, wer glaubt, dass die Ereignisse wirklich so stattgefunden haben, antworteten nur zwei von neun Teilnehmerinnen mit „ja“.

Nächstes Treffen in zwei Wochen zu Juli Zehs „Leere Herzen“

Schließlich stand wie bei jedem Treffen noch die Frage nach dem nächsten Buch im Raum. Die Teilnehmerinnen hatten die Möglichkeit, selbst Vorschläge einzubringen. Schließlich stand fest: Das nächste Buch des Clubs, das am 6. November besprochen wird, ist „Leere Herzen“ von Juli Zeh. Neue Gesichter sind immer willkommen. Wer dazukommen will, hat genau zwei Wochen Zeit, das Buch zu lesen. Am 4. Dezember folgt „Seemann vom Siebener“ von Arno Frank. Im Januar wird es kein Treffen geben. Das nächste reguläre Treffen im neuen Jahr ist für den 5. Februar, wie immer am Donnerstag, angesetzt.

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Nach dem offiziellen Ende des Treffens gegen 20.40 Uhr unterhielten sich die Teilnehmerinnen noch lange in der Bücherei und tauschten persönliche Erlebnisse aus, etwa von einem gemeinsamen Kinoabend, bei dem sie einen Film gesehen hatten, der auf dem Roman „22 Bahnen“ von Caroline Wahl basierte, das sie zuvor gelesen hatten. Es war spürbar, wie sehr die Teilnehmerinnen ihren Buchclub schätzen. „Ich freue mich jedes Mal riesig auf unsere Treffen“, sagte eine von ihnen, und alle anderen nickten zustimmend. Für die Teilnehmerinnen ist der Buchclub weit mehr als gemeinsames Lesen – er ist ein Ort, an dem Ideen ausgetauscht, Geschichten geteilt werden und Freundschaften neu entstehen können.

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